Eine
Revolution des Bewußtseins
ist eine Revolution des Handelns
du
und ich, wir alle!
(
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)
Sie
beginnt damit, dass wir uns unserer Situation gewahr werden.
Es ist überhaupt kein großes Geheimnis, was es da
zu entdecken gibt - überraschend ist nur, dass wir
normalerweise in irgendeinem Wahn befangen sind, der sich
wie ein Schleier zwischen uns und die konkrete materielle
Realität schiebt. Dieser Schleier ist geistig: Wir
halluzinieren eine Welt, in der Güter knapp sind und
die Welt voller Feinde, mit denen wir uns schlagen
müssen. Aus dieser Halluzination heraus handeln wir und
erschaffen dadurch die Welt, in der wir leben. Die Tatsache,
dass wir diese Welt existiert, dass wir in ihr leben, wird
wiederum zur Begründung dafür, sich in ihr passend
zu verhalten - und sie damit zu erhalten. Dabei ist es
üblich, ordentlich zu jammern.
Schau
dich einmal um, jetzt im Moment. Ist nicht unermesslicher
Reichtum um dich herum? Bist du nicht wie ein
verwöhntes Kind, dass mit seinen Spielsachen herumwirft
und nach mehr schreit?
Bei
der Anschuldigung "Verwöhntes Kind" zucken wir alle
zusammen. Das will niemand sein, um Gottes willen, das ist
ja fast schon das Schlimmste, was man jemandem vorwerfen
kann. Oh nein, die Dinge sind natürlich ganz anders,
wir sind von früh bis spät dem Leid ausgesetzt,
müssen hungern und darben, und opfern uns selbstlos
dabei auf. Dieses Selbstbild ist eine tragende Säule
des Wahns, der Hunger, Leid und Krieg auf der Erde
erhält. Dieses Selbstbild ist das Leiden selbst. Wann
werden wir es uns gönnen können, glücklich
"Ja" zu sagen, wenn uns jemand ein verwöhntes Kind
nennt?
Schau
dich um, du siehst eine zufällige Auswahl deiner
Sachen. Sind es nicht erheblich mehr als du brauchst? Der
Luxus einer beheizbaren Wohnung, ein heißer Tee: Alles
keine Selbstverständlichkeiten. Sonne, Wasser, Luft: In
überreichem Maße vorhanden. Das ist die
materielle Realität, vor der wir die Augen fest
verschließen.
Nun
kommt sicher der Einwand, dieser Luxus sei aber doch nicht
jedem Menschen zugänglich. Das stimmt. Aber zuerst
einmal: Auch die Leute, die ihn haben, meinen, es sei zu
wenig. Zweitens: Warum haben denn manche keinen Zugang dazu?
Transportieren wir nicht Apfelsinen und Bananen nach
Deutschland, weil sie hier nicht wachsen? Ist es nicht also
möglich, einen natürlichen Mangel durch Transport
auszugleichen? Selbstverständlich ist das möglich,
und wenn es nicht gemacht wird, wo echter Mangel herrscht,
ist das eine freie Entscheidung. Wir können uns
herausreden: Auf die Wirtschaftsstrukturen, auf die anderen
Leute, die auch nichts machen. Es ist unsere freie
Entscheidung, uns herauszureden oder es zu lassen. Noch
nicht einmal ein moralischer Zwang, diese Ausreden zu
lassen, scheint zu herrschen, denn wenn wir die materielle
Realität einmal ohne Größenwahn betrachten,
dann ist jeder einzelne von uns tatsächlich viel zu
klein und zu schwach, um irgendetwas zu verändern. Wir
sind nicht allmächtig, wir haben nur jede und jeder ein
paar Hände. Es steht uns frei, sie zu benutzen, wie wir
es für richtig halten.
Aber
wenn wir uns herausreden, müssen wir die Verantwortung
dafür übernehmen, freiwillig in einem Wahnsystem
zu verbleiben, in dem die Menschheit sich gegenseitig
abschlachtet, während mitten im Reichtum Menschen
verhungern. Viele Menschen erkennen diese Missstände
und wollen etwas ändern. Sie suchen nach Wegen zur
Veränderung, nach politischen Systemen, nach spiri-
tuellen Antworten. Sie sind wie jemand, der seine Brille
sucht und sie die ganze Zeit auf der Nase hat (und ich sage
das, weil ich auch lange genug auf diese Weise gesucht
habe). Die Fragen, die wir bei dieser Suche stellen, zielen
in die falsche Richtung. Wir suchen die Ursache für
Elend und Not und wollen sie beheben. Wir suchen einen
Grund. Die Wahrheit ist: Es gibt keinen Grund und es gibt
keinen Weg - wie Gandhi sagte: "Es gibt keinen Weg zum
Frieden, Frieden ist der Weg."
Es
ist eine Entscheidung unseres freien Willens. Es gibt in der
Welt keinen Grund, unseren Reichtum nicht gemeinsam zu
genießen und uns darüber zu freuen. Und es
bereichert uns keineswegs, Dinge mit uns herumzuschleppen,
die wir überhaupt nicht gebrauchen können, nur um
sie anderen vorzu- enthalten und vielleicht irgendwann
einmal zu irgendeinem Zweck zu verwenden. Das einzige, was
uns das einbringt, ist eine verstopfte Bude und
womöglich ein Rückenschaden, wenn wir´s beim
nächsten Umzug wieder schleppen müssen. Ein
Freisetzen sämtlicher überflüssiger
Güter aus sämtlichen Wohnungen würde den
Überfluss dieser Gesellschaft sichtbar machen. Im
Moment versuchen wir, ihn in unseren Kellern zu verstauen.
Das
soll kein Aufruf zur Askese sein, zum Verzicht oder ein
Schimpfen auf den Luxus. Im Gegenteil: Ich
begrüße den Luxus. Ich stelle nur fest, dass er
bereits da ist und wir aufhören können, ihm
hinterherzurennen. Wenn wir noch immer herumjammern und
meinen, es sei nicht genug, so liegt das ganz klar an
unserer Unfähigkeit, zu genießen - uns selbst und
anderen etwas Schönes zu gönnen. Immer ist das
schlechte Gewissen dabei, der Neid, die Angst - eine
geistige Welt voller Quälerei, die wir in unserem
Inneren mit uns rumschleppen und in die Außenwelt
projizieren, so dass sie uns wirklich zu bedrücken
scheint. Sie scheint es nicht nur, sie ist wirklich - aber
gemacht, entstanden aus unserer eigenen geistigen
Hölle, die wir in der Welt materialisieren durch unser
Handeln. Wie schön, dass das alles unnötig ist!
Diese
geistige Welt zu verlassen bedeutet nicht, sich von der
materiellen Realität abzuwenden. Im Gegenteil. Es
bedeutet, sich dieser materiellen Realität
überhaupt erst voll zuzuwenden, statt noch länger
in einem Traum befangen zu sein, der uns die Illusion einer
Horrorwelt vorspielt, in der wir gefangen sind wie
Schauspieler in einem Stück, dass uns überhaupt
nicht gefällt. Wir entdecken, dass wir die Freiheit
haben, mit diesem Schauspiel aufzuhören. Wir selbst
entscheiden, wer wir sind und wie wir handeln. Wir
können das nicht für andere entscheiden, und
insofern ist unser Einfluss auf das Stück, das gespielt
wird, gering. Wir können nur unsere eigene Rolle darin
verändern, wir können zu erklären versuchen
oder einfach das tun, was wir für richtig halten.
Die
Welt, die wir zu erreichen versuchen, existiert die ganze
Zeit um uns herum - und das ist das Verrückte, sie
existiert wirklich und materiell, Bäume, die Sonne,
Wasser und auch der heiße Tee - während die Welt,
in der die Ursachen für Kriege und Armut zu finden
sind, offensichtlich eine rein Geistige ist. Ein
individueller Ausweg aus dieser Welt bliebe ein Traum, wenn
wir ihn nicht zu materialisieren begännen durch unser
Handeln. Die Schwierigkeit liegt dabei im Grunde darin,
etwas erschaffen zu wollen, was längst existiert, und
ein Traumgebilde zu bekämpfen, das einem eben die
Notwendigkeit zum Kampf vorspiegelt. Menschen haben
verschiedene Wege versucht, um diese widersprüchlichen
Aufgaben zu lösen, und sie haben dabei bislang die
geistige Welt, in der die Mehrheit sich bewegt, kaum
ankratzen können. Ihre Worte wurden sogar immer wieder
herumgedreht in die Richtung, es ginge darum, die materielle
Realität zu verlassen und sich einer rein geistigen
Welt zuzuwenden! Wenn ich dies bezweifele, so mag das
natürlich daran liegen, dass ich es einfach nicht
verstanden habe. Aber es bleibt ein logisches Problem: Was
sollen wir denn in einer rein geistigen Welt anderes
veranstalten als in dieser, wenn die Probleme in dieser Welt
nicht materielle Ursachen haben, sondern geistige? Warum
sollten wir in einer anderen, rein geistigen Welt nett
zueinander sein und teilen können, wenn wir es in
dieser, in der wir durch nichts materiell daran gehindert
sind, nicht können? Warum sollten wir in einer rein
geistigen anderen Welt Licht und Wärme und
Schönheit genießen können, wenn wir in
dieser Welt unsere Wahrnehmung davor verschließen?
Die
einzige Erklärung, die mir dazu einfällt, ist,
dass in diese andere geistige Welt die Deppen nicht
hereingelassen werden, die nicht an sie glauben. Man braucht
gar nichts weiter zu tun, um sie draußen zu halten,
denn sie weigern sich ja von selbst, hereinzukommen. Das ist
also ganz einfach. Aus zwei Gründen bezweifele ich,
dass wir in ein solches rein geistiges Reich auswandern
können: Erstens, ich sehe es nicht - und falls es dir
genauso geht, dann versuch doch ruhig einmal, die Lage
ausgehend von dieser Wahrnehmung im Hier und Jetzt (bzw.
Nicht-Wahrnehmung) zu beurteilen. Zugegeben, unsere
Wahrnehmung ist immer beschränkt, aber wenn wir uns
nicht auf sie verlassen mögen, müssen wir
äußeren Autoritäten hinterherlaufen. In
unserer materiellen Welt gehört das Hinterherlaufen
hinter Autoritäten zu den Grundproblemen - man denke
nur einmal an das Milgram-Experiment. Menschen, die
aufgehört haben, sich auf ihre eigene
Urteilsfähigkeit zu verlassen, sind beliebig
manipulierbar und werden auch manipuliert. Der Trick, mit
dem einem die Illusion einer bedrohlichen Welt glaubhaft
gemacht wird, beruht auf Angst und Autorität.
Eine
rein geistige Welt ist eventuell tatsächlich rein
geistig, also eine vollkommen andere Ebene, in die wir nicht
mit unserem materiellen Körper verschwinden
können, sondern die bedeutet, unsere Sichtweise von der
Welt zu verändern. Zweitens, wie können wir in
eine Welt entkommen, in der die Menschen gern bereit sind,
miteinander zu teilen, wenn wir diese Welt nicht mit all den
Deppen teilen wollen, die dort nur stören würden?
Der materiellen Unmöglichkeit, einfach zu verschwinden
(die ich nunmal empfinde, ich kann das halt nicht),
entspricht also eine logische, geistige. Wir können
nicht teilen wollen und dabei eine Welt für uns allein
fordern. Wir können nicht tolerant sein wollen und
dabei alle Andersdenkenden ausschließen. Wer das
möchte, kann allenfalls erkannt haben, dass er mit dem
Rest der Welt nichts mehr zu schaffen hat, dass ihn nichts
mehr damit verbindet.
Wir
sind also nicht hier, um zu verschwinden, sondern um unsere
Vision in die Welt zu bringen. Das ist ein Vorgang, der von
der Richtung her einfach umgekehrt ist. Er erfordert
praktisches Handeln, Erkennen unserer menschlichen
Fähigkeiten und Möglichkeiten und unserer
unbedingten Freiheit.
Ich
beanspruche für diese Überlegungen keinerlei
"höhere Autorität". Es sind die Gedanken eines
gewöhnlichen Menschen, und jede und jeder ist klug
genug, herausfinden zu können, ob etwas Wahres dran ist
oder nicht. Wenn ich eine "spirituelle" Sprache verwende,
dann nicht, um mich dadurch hinter Autoritäten zu
verstecken, sondern um darauf hinzuweisen, dass diese
Überlieferungen jenseits von Glauben und Nachbeterei
sich mit sehr konkreten menschlichen Anliegen befassen, die
heute vielleicht aktueller sind denn je - wo wir es doch
mittlerweile mit Atombomben zu tun haben und mit einer
sozialen Ungleichheit, die Ausmaße angenommen hat, die
man sich früher noch gar nicht vorstellen konnte. Wenn
man ein "Wirtschaftssystem" vorschlagen möchte, das
einfach darauf beruht, sich keine Sorgen zu machen und das
Vorhandene miteinander zu teilen, Dinge zu produzieren, die
den Lebensstandard angenehm machen (wozu Bomben und Raketen
sicher nicht gehören, wohl aber eine ausreichende
Trinkwasserversorgung) und ganz einfach anzufangen, auf
diese Weise zu leben, statt darauf zu warten, dass dies in
Form einer kriegerischen Auseinandersetzung durchgesetzt
wird, dann darf einem ja ruhig dabei auffallen, dass diese
Vorschläge nicht so neu sind.
Emanzipation
Humanum,
Version 1. 2003, Kritik, Anregungen zu Form und Inhalt,
Dialog sowie unveränderter Nachdruck bei Quellenangabe
und Belegexemplar erwünscht. Übersetzung in andere
Sprachen erwünscht. Kürzungen und Änderungen
nach Absprache möglich.
http://emanzipationhumanum.de/deutsch/revol.html
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