Karsten
Hinrichsen, Heiko Ziggel
Korrekturen
und Ergänzungen bitte an: K.Hinrichsen, Dorfstr. 15,
25576 Brokdorf, Tel+Fax: 04829/7080,
e-mail:
K.Hinrichsen@public.uni-hamburg.de
Zur
Notwendigkeit des Sofortausstiegs
Wir
wollen die inhaltliche Diskussion um den Atomausstieg in der
Öffentlichkeit forcieren und argumentativ wieder in die
Vorhand kommen.
Das
ist nötig; denn in der derzeitigen Debatte um den
Ausstieg aus der Atomenergienutzung geht es allein um die
Profitinteressen der global operierenden Energiekonzerne:
nicht die vielen mit der Atomenergienutzung verbundenen
Gefahren stehen im Vordergrund sondern Restlaufzeiten und
Entschädigungen.
Atomenergienutzung
ist untrennbar verbunden mit radioaktiver Verseuchung, mit
der Verbreitung von Nuklearwaffen, mit der Ausbeutung
industriell wenig entwickelter Länder, mit dem
Verhindern einer zukunftsfähigen Energieversorgung
sowie mit gesellschaftlichen Veränderungen, die mit dem
Begriff "Atomstaat" umschrieben werden.
I.
Einleitung: Ziel muß der Sofortausstieg
sein
II.
Kriterien zur Bewertung unterschiedlicher Optionen der
Energieversorgung
III.
Gründe für die Beendigung der
Atomstromproduktion
III.1.
Historie: Warum werden AKWs zur Stromproduktion
eingesetzt?
III.2.
Gefahren durch SuperGAU, Niedrigstrahlung und fehlende
Entsorgung
III.3.
Blockade zukunftsfähiger Energiepolitik durch Atomstrom
III.4.
Bedrohung gesellschaftlicher Errungenschaften durch die
Atomenergienutzung
IV.
Ergebnis: Der Sofortausstieg ist überfällig
I.
Einleitung: Ziel muß der Sofortausstieg
sein
Alle
Fortschritte auf anderen Politikfeldern können durch
einen Super-Gau oder den Einsatz von Atomwaffen zunichte
gemacht werden, weil die Folgen unermeßlich sind:
menschliches Leid und wirtschaftliche Auswirkungen. Letztere
werden eine sozial verträgliche Familien-, Renten-,
Bildungs-, Sozial- und Wirtschaftspolitik unmöglich
machen.
Eine
Technologie, die wegen ihres Gefahrenpotentials niemals
versagen darf, ist unmenschlich.
Der
Weiterbetrieb der AKWs behindert die Energiewende:
dezentrale Versorgung, Ressourcenschonung, gerechtere
Handelsbeziehungen, neue Arbeitsplätze usw.
Wir
wollen, daß bei der Debatte um den Atomausstieg eine
dem Gemeinwohl verpflichtete Politik wieder Vorrang hat vor
der Befriedigung der Profitinteressen der Energiekonzerne.
Dazu
ist es unerläßlich, daß sich die
Ausstiegswilligen öffentlich positionieren und Druck
auf Energieversorger und Bundesregierung ausüben:
gerade Regierungen gehen gern den Weg des vermeintlich
geringsten Widerstands.
Die
Atomenergie wäre nicht der erste Wirtschaftszweig, der
durch politischen Beschluß (und ohne
Entschädigungszahlungen) beendet würde: Asbest,
FCKW, DDT, usw. Und selbst wenn der Sofortausstieg bezahlt
werden müßte: Laut Atomgesetz ist nur der
Zeitwert zu vergüten. Der dürfte nur noch ca. 10
Mrd. DM betragen. Gemessen an den Kosten durch einem
SuperGau oder durch einen mit Nuklearwaffen ausgetragenen
Konflikt sind ca. 10 Mrd. DM preiswert. Sie entsprechen
einer einmaligen "Versicherungsprämie" von 125 DM
für je Bundesbürger, um das AKW-Risiko
loszuwerden.
Da
auch Kommunen an AKWs beteiligt sind, wären diese
"pleite", wenn es in einem ihrer AKWs zu einem massiven
Unfall käme.
Der
Druck muß sich vor Verabschiedung evtler
Konsensbeschlüsse formieren, um als politisches Gewicht
in die Waagschale geworfen werden zu können:
Anti-AKW-Initiativen, Hersteller von Solartechnologie,
Erzeuger erneuerbarer Energie, Gewerkschaften (insbesondere
die ÖTV, weil die Energiewende Arbeitsplätze
bringt).
Unser
Papier soll zur Mobilisierung beitragen.
II.
Kriterien zur Bewertung unterschiedlicher Optionen der
Energieversorgung
Energie
wird für alle Lebensaktivitäten benötigt. Sie
durchdringt praktisch alle (welt)-politischen und
gesellschaftlichen
Bereiche.
Wir
formulieren drei Grundsätze:
1.
Der maximale Energieverbrauch ist zu begrenzen und muß
darüber hinaus minimiert
werden.
Der
Energieverbrauch hat sich an der technisch zu realisierenden
Bereitstellung erneuerbarer Energie zu orientieren. Er kann
sich bei Technologiesprüngen (z. B. bei der
Sonnenenergienutzung, der Optimierung von
Wärmedämmung) durchaus
ändern.
Darüber
hinaus muß ein Minimierungsgebot gelten; denn jede
Energieerzeugung und -umwandlung ist mit Ressourcenverbrauch
und Abfallproblemen verbunden (auch
Solarstrom).
Wegen
des für den Bau von Atomanlagen großen
Kapitaleinsatzes stellt die Atomenergie eine
angebotsorientierte Energiebereitstellung dar. Die von
Banken und Betreibern zur Profitmaximierung angestrebte
Steigerung des Energieverbrauchs läuft dem
Minimierungsgebot zuwider.
2.
Die Erzeugung der (Rest-)Energie muß
umweltverträglich und nicht gesundheitsgefährdend
sein.
Die
Bereitstellung von Energie soll umweltverträglich
erfolgen und eine möglichst geringe genetische
Belastung sowie geringe Gefährdung von Gesundheit und
Leben verursachen. Die zur Energieerzeugung benötigten
Rohstoffe sollten umweltverträglich gewonnen und die
verwendeten Materialien umweltschonend hergestellt und
entsorgt werden können.
3.
Die (Rest-)energieerzeugung muß ethischen und sozialen
Zielen verpflichtet sein sowie Handelskonflikte und Kriege
vermeiden.
Eine
zentrale Energieversorgungsstruktur in der Hand weniger
großer Monopolgesellschaften kann dem Kantschen
kategorischen Imperativ ("Tue niemandem etwas an, was er/sie
dir auch nicht antun soll") und dem ökologischen
Imperativ nach Immler ("Nutze die Natur so, daß sie
sich so schnell regenerieren kann, daß auch kommenden
Generationen die Ressourcen der Natur [saubere Luft,
Wasser, Rohstoffe usw.] zur Verfügung stehen")
nicht genügen.
Wer
Verfügungsgewalt über Energie hat, hat Macht
über Menschen und übt Gewalt aus gegenüber
der Natur.
Energiewirtschaft
muß sich daran messen lassen, ob sie sozial und
wirtschaftlich gerecht (im Sinne einer globalen
Gerechtigkeit) ist, ob sie anti-kapitalistisch und
anti-monopolistisch organisiert ist und ob sie durch ihre
ökonomische Machtfülle keine Gefährdung
für demokratische Staaten darstellt.
III.
Gründe für die Beendigung der
Atomstromproduktion
III.1
Historie: Warum werden AKWs zur Stromproduktion
eingesetzt?
Die
ersten Atomreaktoren wurden während des 2. Weltkriegs
und des anschließenden Kalten Kriegs
ausschließlich zum Bau von Atombomben benötigt.
Die klassischen Atomwaffenstaaten (China, England,
Frankreich, Russland, USA) haben dazu eine allein für
militärische Zwecke genutzte Industrie aufgebaut, um
sich bombenfähiges Spaltmaterial zu verschaffen:
Reaktoren zur Erzeugung von Plutonium,
Wiederaufarbeitungsanlagen, Urananreicherungsanlagen,
Atommülldeponien. Die USA nutzen sogar ein "ziviles"
AKW zur Produktion von Tritium, das zur Verstärkung der
Sprengkraft von Kernspaltwaffen benötigt
wird.
Im
Zuge der Wiederaufrüstung der Bundesrepublik in den
50er Jahren wurden bei Industrie, Politikern und
Militärs Begehrlichkeiten geweckt, ebenfalls über
Atomwaffen verfügen zu können (Atomminister
Strauß). Da dies von den Siegermächten
ausdrücklich untersagt war, wurde der (Um-)weg
über die sog. "friedliche" Nutzung der Atomenergie
beschritten: die meisten Anlagen des Brennstoffkreislaufs
zum Betrieb von AKWs lassen sich nämlich auch für
die Gewinnung von Bombenmaterial einsetzen, so daß
sich die Absicht, Atombomben zu bauen, verschleiern
läßt.
Die
westdeutschen Energieversorgungsunternehmen (EVUs) waren von
dieser Idee alles andere als begeistert. Ihr Widerstand
mußte von Politik und Industrie (Siemens, AEG) mit der
Zusicherung weitreichender Garantien (auch des Staates)
gebrochen werden: Beteiligung an den Kosten für die
geplanten AKWs (Die beiden ersten kommerziell genutzten AKWs
Obrigheim und Stade haben die EVUs praktisch nichts
gekostet.) und an der erforderlichen Infrastruktur
(Sicherheitsforschung, Erkundung und Erforschung von
Endlagern, Befreiung von den Folgekosten im Falle von
Katastrophen). Noch heute führt diese
Protegierung/Protektion zu einem Wettbewerbsvorteil für
Atomstrom, so daß andere Energieträger, z. B.
Sonne und Wind, zunächst nicht konkurrenzfähig
sind, s. Kap. III.3.
Die
Entscheidung für die Atomtechnologie wurde nicht als
demokratischer Prozeß getroffen, an dem die
Gesellschaft als Gesamtheit beteiligt war, sondern von einer
kleinen Gruppe des
großindustriellen/industrie-militärischen
Komplexes (unterstützt von Politikern), der es um
Profit- und militärpolitische Interessen ging und noch
geht.
Da
die Energieverbrauchsprognosen auf lange Sicht steil nach
oben wiesen und aufgeschreckt durch die Ölkrisen,
investierten die EVUs bald selbst in AKWs. Die
monopolistische Organisation der
Elektrizitätswirtschaft sowie die staatliche
Absicherung (auch durch Berufung von (Kommunal-)Politikern
in die Aufsichtsräte der EVUs) und die von Konkurrenz
freigehaltenen Konzessionsgebiete verhießen hohe
Profite, ohne eine verstärkte Abhängigkeit von
Erdölimporten eingehen zu müssen, deren
signifikante Verteuerung zu Beginn der 70er Jahre eingesetzt
hatte.
Auch
in anderen Staaten wollten sich die Mächtigen die
Option für Nuklearwaffen durch die sog. friedliche
Nutzung der Atomenergie eröffnen. Verwirklicht haben
dies die Länder Indien, Israel, Pakistan,
Südafrika. Bei einer Reihe von Staaten ist davon
auszugehen, daß parallel zur friedlichen Nutzung ein
militärisches Nuklearprogramm begonnen wurde
(Nordvietnam, Argentinien, Brasilien, Irak, Iran). Die
zivile Atomenergienutzung ist seit Anbeginn untrennbar mit
der militärischen verbunden.
III.2
Gefahren durch SuperGAU, Niedrigstrahlung und fehlende
Entsorgung
Unfälle:
Die
Unfälle im amerikanischen Atomkraftwerk Harrisburg
(1978) und im russischen Tschernobyl (1986) haben die
Ergebnisse der entsprechenden Risikostudien bestätigt,
daß es in den bestehenden Atomkraftwerken, gleich
welcher Konstruktion, zu Kernschmelzunfällen kommen
kann. Dies war trotz der massiven Propaganda von Industrie,
Politikern und der Atomindustrie nahestehender
Wissenschaftler zu erwarten, weil es den "inhärent"
sicheren Reaktor nicht gibt, weil der Mensch beim Bedienen
der (Atom-)Technik Fehler macht und weil das Erfordernis der
Wirtschaftlichkeit der Forderung nach absoluter Sicherheit
zuwider läuft. Die sicherheitstechnische Auslegung der
deutschen Atomkraftwerke erfüllt noch nicht einmal den
vom Bundesverfassungsgericht in seiner Kalkar-Entscheidung
aus dem Jahr 1989 formulierten Anspruch, daß nur
"Ungewißheiten jenseits dieser Schwelle praktischer
Vernunft" von allen Bürgern zu tragen sind. Der
SuperGAU ist aber Realität.
Auch
an der hierzulande vertretenen Behauptung, die deutschen
AKWs seien die sichersten der Welt, ist nichts dran:
Schweden und Franzosen behaupten von ihren Reaktoren
gleichfalls, daß sie die weltweit sichersten sind, wie
anders wäre eine Akzeptanz zu erreichen.
Trotz
Tschernobyl und Risikostudien: noch heute halten
Verwaltungsgerichte den Betrieb von AKWs für mit dem
Grundgesetz vereinbar, weil schwere AKW-Unfälle
"praktisch ausgeschlossen" seien. Die Richter lassen das
Argument, auslegungsüberschreitende Unfälle
hätten Folgen, die einer nationalen Katastrophe gleich
kämen, gar nicht erst zu.
Risikostudien:
Im
Gegensatz dazu kam die hoch offizielle Deutsche Risikostudie
Kernkraftwerke &endash; Phase B" im Jahr 1989 zu dem
Ergebnis, daß es in den 19 Reaktoren der BRD innerhalb
von 50 Jahren mit der Sicherheit von 1 % zu einem SuperGAU
kommen wird. (Die Chance, im Lotto sechs Richtige zu tippen,
ist dagegen zehnmal geringer, wenn jemand 50 Jahre lang jede
Woche sechs Tippreihen ausfüllt.)
Neben
dem sog. Niederdruckversagen, das nach ca. 4 Tagen zu einem
Bersten des Sicherheitsbehälters führt und damit
zu einer massiven Freisetzung von Radionukliden, halten die
Risikoforscher zunehmend Unfallabläufe für
möglich, die bereits in wenigen Stunden nach
Unfallbeginn zu einer Zerstörung des
Sicherheitsbehälters führen: Dampfexplosion,
Wasserstoffexplosion, Hochdruckkernschmelzen. Eine
rechtzeitige Evakuierung in einem so dicht besiedelten Land
wie der Bundesrepublik ist damit unmöglich.
Die
(wahrlich nicht atomkritische) Gutachterfirma Prognos
veröffentlichte 1992 eine vom Bundesministerium
für Wirtschaft in Auftrag gegebene Zusammenstellung von
zu erwartenden Schäden durch einen Kernschmelzunfall in
einem deutschen AKW: Bis 15.000 Soforttote, zwischen 140.000
und 4.8 Mio. Krebstote, bis zu 10 Billionen DM
Gesamtschäden (Das Bruttoinlandsprodukt Deutschlands
liegt bei 4 Billionen DM), 100.000 Quadratkilometer
langfristig radioaktiv verseuchte Flächen
(Niedersachsen und Schleswig-Holstein zusammen), so
daß dort über Generationen keine Menschen leben
können. (Frage: Wären deutsche Produkte auf dem
Weltmarkt absetzbar, wenn sie radioaktiv sind?)
Zu
der Exaktheit von Risikostudien gibt es eine Menge
Literatur. Hier soll nur auf drei Punkte hingewiesen werden,
die noch größere Schäden und häufigere
Unfälle befürchten lassen als in den Studien
ausgewiesen:
-
Seit 1990 schätzt die Internationale
Strahlenschutzkommissione (ICRP) das Risiko, an radioaktiver
Strahlung zu sterben, viermal höher ein als zuvor.
(Schon mehrfach in der Vergangenheit hat die ICRP das Risiko
höher bewerten müssen.)
-
In die Unfallfolgenberechnung gehen physikalische und
biologische Größen ein, deren Werte von
"ExpertInnen" geschätzt wurden, i. d. Regel so,
daß die Auswirkungen unterschätzt
werden.
-
Die Alterung der Atomanlagen und der Risikofaktor Mensch
(Bedienungsfehler, Sabotage, kriegerische Einwirkungen,
zunehmender Mangel an qualifizierten Atomtechnikern) wurden
bei der Ermittlung der Eintrittswahrscheinlichkeit von
Unfällen nicht berücksichtigt.
Auch
bei Atommülltransporten sind Unfälle mit
großräumiger radioaktiver Verseuchung nicht
auszuschließen.
Niedrigstrahlung
und Normalbetrieb:
Jedes
Jahr sterben in Deutschland ca. 10.000 Menschen durch
natürliche Radioaktivität. Es ist derzeit
unstrittig, daß es eine Schwellendosis nicht gibt, d.
h. selbst kleinste Strahlendosen führen zu
Gesundheitsschäden: Leukämie- und
Krebserkrankungen, Fehl- und Mißbildungen, genetische
Defekte. Möglicherweise hat Niedrigstrahlung das
weltweit auffälligste Leukämiecluster südlich
des AKW Krümmel verursacht.
Die
hohen Schornsteine der AKWs sollen die auch im Normalbetrieb
abgegebene Radioaktivität möglichst
weiträumig verteilen, damit es nicht zu einer regional
nachweisbaren Kontamination kommt. Radioaktive Abwässer
werden in Fließgewässer eingeleitet. Wer sich aus
dem eigenen Garten oder von Produkten ernährt, die in
der näheren Region um die Atomanlage herum angebaut
werden, trägt ein zusätzliches
Strahlenrisiko.
Die
Strahlenempfindlichkeit von Einzelpersonen ist
unterschiedlich: erblich bedingt, während einer
Krankheit, altersabhängig, im Mutterleib und als
Kleinkind. Dennoch wurde bei der Festlegung der Grenzwerte
in der Strahlenschutzverordnung ein gesunder, 20 bis
40-jähriger Mann, der sich "normal" ernährt, als
"Referenzperson" ausgewählt.
Entsorgung:
Die
ungelöste Entsorgung ist offensichtlich. Es gibt
weltweit kein Endlager. Die Wiederaufarbeitung und
Zwischenlagerung sowie Atommülltransporte zwischen den
Atomanlagen sollen den Weiterbetrieb für Jahrzehnte
absichern, ohne daß die EVUs am Atommüll
ersticken. Die derzeit betriebene Änderung der
EURATOM-Gesetzgebung hat zum Ziel, die Mengen an
radioaktivem Abfall dadurch zu verringern, daß die
Grenzwerte angehoben werden, so daß höher
radioaktiv verseuchtes Material als bisher aus der
atomrechtlichen Überwachung entlassen werden kann, d.
h. dem Wirtschaftskreislauf ("Pfannen und Löffel")
zugeführt wird.
Welche
Kosten die Entsorgung letztlich verursacht ist kaum
abschätzbar.
Das
Bundesumweltministerium erklärte im August 1999 das
bisherige Entsorgungskonzept für inhaltlich
gescheitert; es habe keine sachliche Grundlage mehr. Welche
Würstchenbude dürfte ohne
Abfallentsorgungsnachweis weiter betrieben
werden?
Umweltschäden:
Um
"sauberen" Atomstrom produzieren zu können, fallen
entlang des Brennstoffkreislaufs Unmengen radioaktiver
Abfälle an: bei der Uranförderung, der yello-cake
Produktion, der Anreicherung, bei der Brennelementfertigung,
im AKW als wärme- und nicht wärme- entwickelnde
feste, flüssige und gasförmige Abfälle, bei
der Wiederaufarbeitung, in den Zwischenlagern, bei
Transporten, bei der Fertigung von
Plutonium-Mischoxid-Brennelementen.
Auch
Atomstrom ist nicht ganz CO - frei (ca. 50 Gramm/kWh
gegenüber knapp 600 Gramm/kWh beim Einsatz von
Gas).
III.3
Blockade zukunftsfähiger Energiepolitik durch
Atomstrom
Als
Argumente für die Atomstromproduktion werden
genannt:
1.
AKWs verhindern die Klimakatastrophe.
Daß
Atomstrom das Klima rettet, ist ein vordergründiges
Argument. Alle Klima-Studien belegen, daß ein
Festhalten an der Atomenergienutzung verbunden ist mit einem
wachsenden Energieverbrauch: die angebotsorientierte
Atomstromproduktion behindert die rationelle
Energieverwendung. Zwar würde bei einem Sofortausstieg
der CO - Ausstoß kurzfristig ansteigen, er würde
aber schnell durch die einsetzende Innovation (intelligente
Energienutzung, Kraft-Wärmekopplung, Innovation in
Energiespartechnologie, passive und aktive
Solarenergienutzung usw.) wieder sinken.
Die
Behauptung, AKWs würden die Klimakatastrophe
verhindern, wurde übrigens nach dem SuperGAU im AKW
Tschernobyl von der Deutschen Physikalischen Gesellschaft
erfunden, in der die Konzernchefs von Siemens, AEG usw.
vertreten waren.
Diese
Behauptung ist objektiv falsch:
Wir
benötigen Energie als Elektrizität, jedoch in
erheblich größerem Maße als Wärme und
zur Mobilität. Da bei Produktion von Strom in
Kraftwärmekopplung die anfallende Abwärme genutzt
werden kann, ist der Ausstoß an klimaschädigenden
Gasen in Heizkraftwerken geringer als z. B. bei einem Mix
aus Atomstrom plus Ölheizung. Die Klimabilanz wird
für Atomstrom noch ungünstiger, wenn Reststoffe
und Energiepflanzen sowie regenerative Energien genutzt
werden.
2.
AKWs liefern billigen Strom und verschaffen der deutschen
Wirtschaft dadurch Wettbewerbsvorteile gegenüber der
ausländischen Konkurrenz.
AKWs
deckten in 1998 knapp 6% des weltweiten Energieverbrauchs.
Holz lag mit 12 % erheblich darüber. Derzeit ist
Atomenergie als Wärmelieferant wegen fehlender
Akzeptanz und Wirtschaftlichkeit kaum durchsetzbar. Atomar
erzeugte Wäre wurde früher zur
Fernwärmeversorgung der Stadt Greifswald ausgekoppelt.
Die Salzförderung der Dow Chemical in Stade erfolgt
noch heute mit atomar erhitztem Wasserdampf. Der Name des
Tafelsalzes ist Salzina.
Der
Bau und Betrieb von AKWs in Krisenregionen verbietet sich
eigentlich von selbst.
Darüber
hinaus ist der Export von Atomkraftwerken in die 3. Welt im
Vergleich zu dezentralen Energietechnologien oft
unmöglich, weil leistungsfähige Überlandnetze
nicht verfügbar sind.
Atomkraftwerke
erfordern wegen ihrer großen Blockgröße
auch große Reservekraftwerkskapazitäten, was ihre
Wirtschaftlichkeit verschlechtert.
AKWs
liefern nur deshalb preiswerten Strom, weil sie von Anfang
an mit wettbewerbsverzerrenden Privilegien ausgestattet
sind:
-
Die Forschung und Anlagenentwicklung wurde weitgehend von
der öffentlichen Hand bezahlt.
-
Die steuerfreien Entsorgungsrückstellungen wurden sehr
großzügig bemessen, sie belaufen sich derzeit auf
72 Mrd. DM und werden von den EVUs zur Innenfinanzierung (
u. a. zur Investition in Telekommunikation,
Abfallentsorgungsanlagen, Ab/Wasserversorgung) eingesetzt.
Immer mehr Wirtschaftsexperten vermuten, daß allein
die Gewinne bzw. Zinsen aus den (überhöhten)
Rückstellungen den Atomstrom noch konkurrenzfähig
halten. Bisher hat sich niemand getraut, die von den
Stromkunden zu viel gezahlten ca. 20 Mrd. DM von den EVUs
zurückzuverlangen.
-
Die laut Atomgesetz nachzuweisende Deckungsvorsorge ist
lächerlich gering im Vergleich zur tatsächlichen
Schadenshöhe.
-
Der Uranbrennstoff kann steuerfrei eingekauft
werden.
3.
AKWs schaffen Arbeitsplätze.
Von
der Atomwirtschaft gehen nur geringe
Beschäftigungsimpulse aus. In der deutschen
Atomenergiewirtschaft einschließlich Zulieferer sind
nur ca. 50.000 Menschen beschäftigt. Durch die noch
junge Windenergieindustrie wurden schon mehr als 15.000
Arbeitsplätze in der BRD geschaffen. Allein aufgrund
der nicht marktgerechten Versicherungsprämien ist ein
Arbeitsplatz in der Atomindustrie höher subventioniert
als in der Windkraftbranche. Die Subventionierung im
Steinkohlebergbau ist noch höher. Die weitere Nutzung
der Atomkraft (Überangebot an Elektrizität und
Kapitalbindung) blockiert den Einstieg in eine
zukunftsfähige Energieversorgung mit großem
Beschäftigungspotential (nach Studien renommierter
Gutachter ist von ca. 200.000 zusätzlichen
Arbeitsplätzen auszugehen). Die Wertschöpfung
durch AKWs ist geringer als z.B. durch die deutsche
Möbelindustrie.
Fazit:
Alle drei Argumente sind nicht belegbar. Von einer
Energiewende gehen wesentlich positivere Auswirkungen aus
bzgl. Klimaschutz, Exportmöglichkeiten, Schaffung von
Arbeitplätzen.
III.4
Bedrohung gesellschaftlicher Errungenschaften durch die
Atomenergienutzung
Die
Atomtechnologie greift wie ein Krake in fast alle Bereiche
des menschlichen Zusammenlebens ein. Sie hat bereits in der
Vergangenheit zu weitreichenden politischen,
gesellschaftlichen und kulturellen Veränderungen in den
Staaten geführt, die AKWs
betreiben:Technologiegläubigkeit (nie wieder
Stromzähler), Wachstumsfetischismus, zwanghafte
Konsumption; die ausdrückliche Weigerung der
verfassungsrechtlichen Staatsorgane (Regierung, Parlament
und Gerichtsbarkeit), sich mit den naturwissenschaftlichen
Sachverhalten der Atomtechnik auseinanderzusetzen, und statt
dessen die Verantwortung auf sogenannte (Atom-)ExpertInnen
abzuschieben, die nur zu oft eher als Projektlobbyisten zu
bezeichnen sind denn als kritisch hinterfragende
Wissenschaftler.
Ein
Ende der Deformation der Gesellschaft durch die
Atomtechnologie ist nicht absehbar. Daher die folgenden
Ausführungen:
1.
Bedrohung durch Welthandelskonflikte und kriegerische
Auseinandersetzungen
Die
horizontale und vertikale Proliferation lassen sich trotz
internationaler Abmachungen und Kontrollen letztlich nicht
unterbinden. Hinzu kommt, daß sich die meisten
nukleartechnischen Industrieanlagen für zivile und
militärische Zwecke nutzen lassen. Besonders die
Wiederaufarbeitung bestrahlter Brennelemente liefert
Plutonium, das ebenso für die Fertigung von Atombomben
verwendet werden kann wie das ausdrücklich für
militärische Zwecke erbrütete Pu. Darum stellt die
Internationale Atomenergiebehörde eine Menge von 8 kg
Reaktorplutonium unter die gleichen Sicherheitsanforderungen
wie spezielles Waffen-Pu.
Atomkraftwerke
liefern Spaltmaterial, das für militärische und
erpresserische Zwecke abgezweigt werden kann (staatlich
gewollt oder von kriminellen Banden). Die
Kernmaterialüberwachung in einer WAA kann den
schleichenden Verlust von bis zu 40 kg pro Jahr nicht
entdecken. Damit kann die Ernsthaftigkeit evtler
terroristischer Drohungen, über Plutonium zu
verfügen, nicht ausgeschlossen werden.
Atomanlagen
sind besonders gefährdete Ziele in kriegerischen
Auseinandersetzungen (Beschuß des im Bau befindlichen
irakischen AKW Osirag durch die Israelis im Jahr 1981) und
Objekte terroristischer Angriffe. Die Zerstörung eines
AKW steht in ihren Umweltauswirkungen einer
Atombombenexplosion in nichts nach. Die Folgen eines
Atomkriegs werden prägnant mit "Nuklearem Winter"
beschrieben.
Abgereichertes
Uran wird zur Stabilisierung in Flugzeugen und
völkerrechtswidrig in panzerbrechender Munition
verwendet (Golfkrieg, Kosovo). Durch die Erhitzung beim
Aufprall verteilt es sich fein über die Landschaft und
kann in das Lungengewebe eindringen.
Atomtechnologie
unterliegt der Verfügungsgewalt monopolistischer
Unternehmen, da sie kapitalintensiv und zentralistisch ist.
Wesen der global agierenden Konzerne ist ihr
Konkurrenzkampf; der schwächere muß weichen. Die
Konzentration wirtschaftlicher Macht bei wenigen global
playern stellt eine Gefahr für die
Welthandelsbeziehungen dar.
Dies
gilt insbesondere für die auf Regionalität und
noch weitgehend auf ein Wirtschaften in Kreisläufen
ausgerichtete Wirtschaftsstruktur industriell wenig
entwickelter Staaten und Völker. Nicht nur, daß
deren Ressourcen geplündert werden. Die Vergütung
wird von den Konzernen diktiert und ist entsprechend
ungerecht. Die Schere zwischen armen und reichen
Ländern öffnet sich bei diesen
Machtverhältnissen immer weiter; denn mit der Aneignung
der Rohstoffe steigt der Wohlstand in den "entwickelten"
Staaten. Mit dem realisierten Profit wird die technologische
Entwicklung weiter vorangetrieben, um für die Zeit
gerüstet zu sein, in der die Ressourcen aufgebraucht
sein werden.
Die
kapitalistische Wirtschaftsweise führt darüber
hinaus dazu, daß den Menschen der 3. Welt der
"westliche way of life" übergestülpt
wird.
2.
Gefahren für die innere Sicherheit
Das
Betreiben von Atomanlagen führt wegen ihres
großen Gefahrenpotentials zu einer Destabilisierung
und Erpreßbarkeit von Staaten durch terroristische
Angriffe, Sabotageakte und Anschläge durch das
Betriebspersonal (Innentäter). Als Reaktion darauf hat
der Staat seinen Repressionsapparat aufgerüstet und die
Überwachung der Beschäftigten und Anwohner
intensiviert. Um mit dem Widerstand in der Bevölkerung
gegen Atomanlagen fertig zu werden (z. B. Demos), hat er
Bundesgrenzschutz und Bereitschaftspolizei aufgestockt und
aufgerüstet (z. B. mit CS- und CN-Gas, die als
Kriegswaffen geächtet sind).
Auf
Betreiben der Atomlobby sind eine Reihe von Gesetzen
(Atomgesetz, Strahlenschutzvorsorgegesetz) und Verordnungen
(RöntgenVO, StrahlenschutzVO,
VerwaltungsgerichtsverfahrensVO, Bestimmungen zur
Klagebefugnis) erst verabschiedet bzw. geändert worden,
um die Nutzung der Atomenergie zu ermöglichen bzw. zu
erleichtern.
Dadurch
hat sich die Ausgestaltung der Demokratie unterhalb des
Grundgesetzes drastisch verändert. Von Robert Jungk
wurde dafür der Begriff "Atomstaat" geprägt. Das
Nutzen einer derart die Gesellschaft beherrschenden Energie
wie sie die Atomenergie darstellt, ist mit der Demokratie
kaum verträglich, deren Mitglieder möglichst
gleichberechtigt Einfluß nehmen können sollten.
Die Atommaffia (besonders offensichtlich in Frankreich) hat
mittlerweile derart viel Einfluß gewonnen, daß
sie sich zu einem Staat im Staate entwickelt hat.
Ein
weiteres Argument: Die innere Sicherheit kann durch den
Schmuggel und Handel mit radioaktiven Materialien
beeinträchtigt werden.
3.
Abbau von BürgerInnen- und Menschenrechten
Das
Grundgesetz und die von den meisten Staaten formulierten
Grund- und Menschenrechte, wie Freizügigkeit ,
Selbstbestimmung, Selbstverwirklichung in Freiheit usw.,
mußten in den Staaten, die Atomenergie nutzen,
erheblich eingeschränkt werden. Dadurch sollte die
Atomtechnologie beherrschbar und vor Störungen von
außen abgesichert sowie der Atomstrom überhaupt
verkaufbar werden.
Folge
war ein Abbau demokratischer Grundrechte u. a. durch
Überwachung von AnwohnerInnen und DemonstrantInnen, bis
hin zur Erstellung von Bewegungsprofilen. Aktive aus der
Anti-AKW-Bewegung berichten von monatelanger Bespitzelung,
Telefonüberwachung, nächtlicher Ausleuchtung von
Haus und Grund usw. Die Einschränkung des
Demonstrationsrechts und die (i. w. aus anderen Gründen
verabschiedeten) Notstandsgesetze schränkten
individuelle Rechte ein, um die Entscheidung für die
Atomenergienutzung gegen große Teile der
Bevölkerung zu verteidigen.
Die
mittlerweile fast vollständige Abhängigkeit von
leitungsgebundener Energie fördert die
Unselbständigkeit breiter Bevölkerungsschichten
und damit auch ein Gefühl der Ohnmacht, so daß
auch Engagement und Partizipation am gesellschaftlichen
Diskurs innerhalb der Demokratie als zunehmend aussichtslos
eingeschätzt und folglich unterlassen werden. Diese
Enthaltsamkeit, sich in die Politik einzumischen, stellt
eine schwere Belastung für die Demokratie
dar.
Die
Auseinandersetzungen um die Atomenergie haben bei
großen Teilen zweier Generationen in der BRD zu einem
großen Mißtrauen gegenüber dem Staat
geführt. Der Polizei kommt dabei die Aufgabe zu, die
nicht mehr konsensfähige Entscheidung für AKWs auf
der Straße durchsetzen. Bei Unfällen ist
vorgesehen, auch die Bundeswehr gegen die Bevölkerung
einzusetzen.
Die
mangelnde Kennzeichnungspflicht für radioaktives
Material führt dazu, daß die Bevölkerung
meist ohne ihr Wissen mit radioaktiven Materialien
(Metallwaren wie Bratpfannen usw.) und Nahrungsmitteln bis
zu den "Vorsorgegrenzwerten" in Berührung kommt. Durch
die fehlende Kennzeichnung wird das Recht auf
Selbstbestimmung unterlaufen.
4.
Solidarisches und soziales Verhalten werden
erschwert
Als
kapitalintensive und zentralistische Großtechnologie
kann die Atomtechnologie wenig Rücksicht auf
individuelle Befindlichkeiten nehmen. Sie begünstigt
Konkurrenzverhalten, und ihre Nutznießer verschaffen
sich Vorteile zu Lasten anderer.
Das
Atomgesetz und die ihm nachgeordneten Richtlinien
unterscheiden nicht zwischen strahlenempfindlichen und
weniger strahlenempfindlichen Erwachsenen (schwangere
Frauen, Kranke und Alte sind besonders gefährdet). Wer
sich aus dem eigenen Garten oder von Produkten, die in der
näheren Region um die Atomanlage herum angebaut werden,
ernährt, trägt ein zusätzliches
Strahlenrisiko.
Wer
die Atomenergie als "sauber" preist, läßt neben
der Strahlenbelastung vor Ort außer acht, daß
das Uran meist dort gefördert wird, wo Ureinwohner
leben, die am schwersten von der radioaktiven Verseuchung
betroffen sind, weil sie mit und von der Natur leben.
Atomanlagen
werden bevorzugt in dünn besiedelten Regionen
errichtet, weil die schon im Normalbetrieb zu erwartende
Strahlenbelastung möglichst wenige Personen treffen
sollte. So haben Dörfer die Hauptstrahlenlast zu
tragen, obwohl der Strom hauptsächlich in den
Ballungsgebieten verbraucht wird.
Die
Ansiedlung von Atomanlagen hat zu Zwietracht zwischen der
Gemeinden, innerhalb der Dorfgemeinschaften und so manches
Mal auch innerhalb von Familien geführt. Diejenigen,
die sich arrangierten, hatten Vorteile gegenüber
denjenigen, die auf ihrer ablehnenden Haltung beharrten. Das
ging von der Gewerbesteuer, über Aufträge an
Firmen, Beschäftigung in der Anlage bis hin zur
Unterstützung beim Häuslebau.
Die
Wiederaufarbeitung zur Gewinnung des in den BE enthaltenen
Plutoniums erfolgt in Anlagen, die mit dem
Arbeitsplatzargument in strukturschwachen Regionen errichtet
werden konnten.
Der
anfallende Atommüll (abgebrannte BE, verbrauchte Filter
usw.) wird bisher zum großen Teil ins Ausland
verschoben, wo wiederum diejenigen betroffen sind, die
bereits in der Vergangenheit durch die Industrialisierung
der Länder des Nordens nachteilig betroffen waren und
sich am wenigsten gegen die Ausbeutung ihres Landes wehren
können.
Weiter
machen die Statistiken der Atomindustrie deutlich, daß
nicht dem (gut bezahlten, qualifizierten) Stammpersonal in
den AKWs die hauptsächliche Strahlenbelastung
aufgebürdet wird, sondern den sozial schwachen und
wenig verdienenden Arbeitnehmern in den Putzkolonnen und
Firmen, die die Revisionen durchführen. (In La Hague
mußten französische Kadetten Dienst tun. In
Tschernobyl waren es ebenfalls Armeeangehörige, die zu
den Aufräumarbeiten abkommandiert wurden.)
Die
heutige Generation verschafft sich (billigen?) Atomstrom auf
Kosten kommender Generationen, denn die Halbwertszeiten der
für die Gesundheit besonders kritischen Nuklide sind
lang (schon für das vergleichsweise kurzlebige
Plutonium 239 beträgt sie ca. 700 Generationen).
Ob
Endlager überhaupt in der Lage sein werden, die
radioaktiven Stoffe über Jahrmillionen von der
Biosphäre fernzuhalten, kann wohl kaum mit Sicherheit
vorhergesagt werden.
Der
Generationenvertrag wird also offensichtlich verletzt. Die
Kindeskinder müssen sich mit dem Atommüll ihrer
Vorfahren herumplagen. So betrachtet ist Atomtechnik
irreversibel.
Die
Atomtechnologie schränkt sogar das Streikrecht ein;
denn Atomanlagen können nicht einfach abgeschaltet
werden.
Forschungsgelder
werden bis auf den heutigen Tag in erheblichem Umfang
für Probleme ausgegeben, die durch die Nutzung der
Atomtechnologie erst geschaffen wurden. Sie standen und
stehen somit nicht für die Entwicklung
naturgemäßer Energiegewinnungstechnologien zur
Verfügung.
Auf
weitere Privilegien für die Atomtechnologie zu Lasten
der Mitbewerber haben wir im Abschnitt III.3.2 schon
hingewiesen.
IV.
Ergebnis: Der Sofortausstieg ist
überfällig
Wir
haben Gründe genannt, die den Sofortausstieg als einzig
folgerichtige Konsequenz zur Beendigung der
Atomstromproduktion erscheinen lassen.
Die
dringend erforderliche Energiewende ist bei einem
Sofortausstieg am ehesten zu schaffen. Allein durch den
Sofortausstieg wird
-
die Gefahr von Kernschmelzunfällen beseitigt,
-
die weitere Produktion von Atommüll beendigt,
-
die schleichende radioaktive Verseuchung durch den
Normalbetrieb unterbunden,
-
die Uranförderung bei indigenen Völkern gestoppt
und
-
die Möglichkeiten der Proliferation verringert.
Eine
zukunftsfähige Energieversorgung kann nur auf der
Anwendung natur-, umwelt- und ressourcenschondender
Verfahren beruhen. Sie wird ausschließlich
regenerative Energien nutzen. Die Energiewirtschaft darf
nicht an den Profitinteressen global agierender Konzerne
ausgerichtet werden. Sie muß vielmehr einen Beitrag
leisten zu einer nachhaltigen (sozial, gleichberechtigt, ...
) Entwicklung unter Beachtung der Bedürfnisse und
Möglichkeiten aller Länder bzw. Völker auf
der Erde. Und sie darf kommende Generationen nicht die Zeche
für unsere unverantwortliche Energiepolitik zahlen
lassen.
Emanzipation
Humanum,
Version 3.10.99, Kritik, Anregungen zu Form und Inhalt,
Dialog sowie unveränderter Nachdruck bei Quellenangabe
und Belegexemplar erwünscht. Übersetzung in andere
Sprachen erwünscht. Kürzungen und Änderungen
nach Absprache möglich.
http://emanzipationhumanum.de/deutsch/atom2.html
|