Suche auf den GAIA - Seiten

  powered by FreeFind
Suchbegriff hier eingeben

Site Map    Was ist neu?    Suche

Dr. Klaus - Jürgen S e e l i g

FA.Chirurgie u. Allgemein-Medizin
LRCP-MRCS u. LMSSA (London)
D.T.M.& H.(Liverpool)

D 54636 Biersdorf am Eifel-Stausee
Kornmarkt 1

E-mail: KlausSeelig@TeleMED.de
Telefon: 00 49-6569-400 / Fax:-406

 

 Mein Diskussions-Beitrag zum Thema AUS für ATOM-KRAFTWERKE

 

Die derzeitige Diskussion um garantierte Rest-Laufzeiten im Austausch gegen vor- oder frühzeitige Abschaltungen von 4 AKW geht m.E. an einigen ganz wesentlichen Punkten vorbei:

Betriebs&endash;bedingte Komponenten&endash;Alterung der Primär-Kühlwasser- und Brennelemente umschließenden Druckbehälter

Bekanntlich sind von der Nuklear-Betreiberseite immer bestimmte Laufzeiten einkalkuliert worden. Weltweit sind 30 Jahre eine zumeist akzeptierte Laufzeit, die aber keinesfalls von irgendeiner Seite her mit Sicherheit garantiert werden können.

Bekanntlich wurden zahlreiche der zuvor auch als sicher geltenden (und keineswegs nur zur Probe oder Kurz-Laufzeiten gebauten) KKW bereits bald wegen.Betriebsstörungen mit quasi "Instant-aging-Effect" nach einem Störfall d a u e r h a f t s t i l l g e l e g t (Aichbach,Flims, Ohu-I, Gundremmingen, Lingen, aber noch deutlicher Harrisburg-TMI und Chernobyl u.a.m.).

Nach einhelliger Meinung handelte es sich zumeist um "Durchgehen" oder um "kurzfristig überkritisch gewordenes Brenn-Werk", bei dem eben die Betriebs-Steuerungs-Mechanismen versagten. Ursache der Hitze-Entwicklung im Kernkraftwerk sind die zumeist kontrolliert freiwerdenden Neutronen, die im Kühlwasser abgebremst werden sollen. Ein Teil davon verschwindet aber laufend unvermeidbar im Struktur-Material des Druck-Gefäßes und der Primär-Kühlwasser-Leitungs-Rohre.

Ein Bruch eines dieser "Komponenten-Materialien" führt zum GAU, d.h.zum Stillegungs-Katastrophen-Fall, den es aus verschiedenen Gründen unbedingt zu vermeiden gilt.

Material&endash;Alterung, oder der kurze Weg vom Stillegungs-Fall bis zum GAU

Die im Struktur-Material eingefangenen Neutronen stören die Stahl-Gitter-Strukturen und lockern die Festigkeit führen zu Rißbildungen (Mühlheim-Kärlich, Fessenheim,Brunsbüttel, Cattenom etc.), zur Material-Versprödung (durch Umwandlung von Nickel- und Chrom-Bestandteilen in Kupfer) und vor allem zur auch heute noch unbeherrschbaren Wasserstoff-Versprödung.

Diese Versprödungs-bedingte Früh-Alterung gilt es zu erkennen, um die "betriebsbedingten Alterungs-Vorgänge" mit unzweifelhaft ständig real&endash;existierender katastrophaler Bedrohung allen Lebens nicht nur virtuell sondern real zu verhindern (100,ooo %).

Der Stahl einer Atombombe hält der Einwirkung von 1020 Neutronen pro Sekunde und cm2 nicht stand. Ebensowenig ein Deckel (wie in Chernobyl) oder eine Bodenplatte (wie in Harrisburg-TMI).

Der Neutronenfluß im KKW schwankt beim Betrieb pro cm2 Stahl zwischen 108 und 1012 Neutronen pro cm2 und Sekunde während der gesamten Betriebsdauer.

KKW-Laufzeit: Wie Lebensversicherung mit Wandeltarif

Wie bei einer Lebensversicherung mit Wandeltarif, deren späteres Fälligkeitsdatum durch Überzahlungen vorgezogen werden kann, so läßt sich aus dem erfolgtem Neutronen-Fluß und der Dauer errechnen, wann die Betriebs- und Stand-Sicherheit von 1019 Sekunden bei dem zunächst noch unbestrahlten Druck-Stahl (d.h. von der 1. Betriebs-Sekunde an) bis zum infolge Neutronen-Bestrahlung gealterten Stahl (109x1010) - weil versprödeten und damit unsicher gewordenen Primär-Kreislauf - endgültig abgelaufen ist:

Das AUS kommt mit der magischen Zahl 1019

Die Berechnung verläuft so: Betriebszeit 30 Jahre (~ 109 sec) bei Neutronen-Fluß v.1010 pro cm2 d.h.nach 30a x 365d x 24h x 60m x 60s x 10.000.000.000 Neutronen ist die Zeit dieser magischen Zahl erreicht.

Nun kann es bereits durch Unaufmerksamkeit vom Betriebspersonal (Brunsbüttel,Fußball-TV und Störfall 1982) oder durch übersehene reflektierte Neutronen (wie beim in den Berg hinein gebauten KKW in der Schweiz) oder durch durchgeführte Experimente (Chernobyl) oder durch sonst einen Hitzestau bei zerbrochenen Brennelementen zu einem Ansteigen des Neutronen-Flusses kommen, der dann schnell einmal den 1000 bis 1.000 000-fachen Wert erreichen kann.

Von Betriebs-Angehörigen wird das dann leichtzüngig als "Excursion" bagatellisierend beschrieben und den Zeitungen als geglückte Schnell-Abschaltung verkauft, aber in Wirklichkeit war es heute noch einmal gutgegangen, was ein "Gerade-noch-einmal-am-GAU-Vorbei-Schliddern" gewesen ist.

Das bedeutet, daß bei 106-fach höherem Neutronen-Fluß inzwischen statt der bei Normal-Betrieb erst innerhalb von 1.000.000 Sekunden d.h. im Verlauf von 11,6 Tagen (1.000.000s: 24h : 60m : 60s = 11.57 d) zu erwartenden Anzahl freigesetzter Neutronen, diese Zahl jetzt aber bereits ggf. in einer einzigen Sekunde freigesetzt wurde ! !

Bereits diese erhöhte Brennkraft für die Dauer von 32 Sekunden brächte eine Alterung von mehr als einem Jahr mit sich, innerhalb von 900 Sekunden (= 15 min) wären sichere Laufzeiten von 28 Jahren abgelaufen.

Entsprechend der Material-Alterung ist durch den Bestrahlungs-Effekt von den 10.413 Normal-Betriebstagen das AUS anzusetzen für diese eine "Excursion" von nur 15 Minuten Dauer !! So riskant ist das Atom-Spiel.

 

Konsequenz für Verhandlungs-Politik um KKW-Abschaltung

Alle Betriebszustand-beschreibenden Bücher aller KKW müssen von UnabhängigenSachverständigen geprüft und ausgewertet werden.

Für jedes Kraftwerk müssen die Restlauifzeiten als Maximal-Zeiten festgelegt werden, die nach jedem Störfall undnach jeder neuen Schnellabschaltung erneut revidiert werden müssen.

Beim Erreichen der entsprechenden Problem-Zone(1014) muß eine Auswertung aller Parameter erlaubt sein.

Die Kosten für einen weiteren GAU in Europa wären ein Vielfaches aller Baukosten und sind durch keinerlei Rücklagen gedeckt.

Die vorhandenen Rücklagen dürfen nicht in Risiko-Geschäften rückversichernd investiert werden.

Alle Energie-Aktionäre haften mit ihrem Gesamt-Vermögen im Falle von Deckungs-Lücken bei Schäden.

Neu-Bewertungen gesundheitlicher Risiken können drastisch die Laufzeiten a l l e r Kraftwerke in Frage stellen und Betreiber für Schäden haftbar machen. Nachweis einzelner Schadens-Fälle kann zu Auflagen für alleKraftwerke führen.

Die Strahlenschutz-Bestimmungen können jederzeit auf andere und ggf.neu erkannte Belastungs-Pfade angewendet werden i.S.der Gesamt-Haftung für Gesamt-Belastung.

 

In diesem Sinne sind gesundheits-orientierte Gesetze mit echten Null-Abgabe-Raten zu fordern, die der Nuklear-Industrie engere Grenzen setzen.

Es dürfen nicht Embryonen,Säuglinge,Geschwächte u. Alte als Risiko-Gruppen und die ohnehin vermehrt belasteten zukünftigen Generationen zu den ohnehin in einer (aus unserer Sicht) nicht mehr erlebenswerten Umwelt Dahin-Vegetierenden degradiert werden.

Eine ökologisch-ganzheitliche Medizin fühlt sich für die Existenz-Sicherung auch der zukünftigen Welt-Bürger verantwortlich.

In diesem Sinne muß die Ökologische Bewegung sich der großenVerantwortung bewußt sein, die sie auf sich nimmt, wenn sie die Interessen der Weltbürger vernachlässigt, die bereits hinter dem Horizont unserer kurzen Lebens-Spanne auf ein würdevolles Leben hoffen.

In diesem Sinne sollte m.E. die weitere Atom-Diskussion geführt werden.Dann würden wir Grünen wohl bald wieder Glaubwürdigkeit gewinnen. Und die Atom-Befürworter würden ihr Gesicht wahren können, ehrlicherweise auf die Laufzeit den Neutronenfluß anrechnen zu lassen, denn dieser entspricht der tatsächlichen Leistung, nicht die hypothetisch errechneten Tera-Watt-Stunden eventuell verkaufbarer Dampf-Produktion, deren Risiko mit C-14 allein allen zukünftigen Generationen aufgebürdet wird.

Biersdorf am 06.12.99

Dr.med.Klaus-J.Seelig

 

Links
Literatur
Inhalt / Titel
Kontakt
oben
home
deutsch
english
español
Gästebuch

 

Ausstieg in den nächsten Jahren

Die öffentliche Diskussion über den Ausstieg aus der Atomenergie wird bestimmt von den Argumenten der Atomwirtschaft und bezieht sich überwiegend auf rechtliche, wirtschaftliche und ideologische Fragen.

Die Bundesregierung lässt sich auf dieses Spiel ein, indem sie darüber verhandelt welche Laufzeiten für die Betreiber wirtschaftlich noch akzeptabel sind. Wir kritisieren, dass in der Diskussion um Ausstieg und Laufzeiten der Sicherheitsaspekt anscheinend keine Rolle mehr spielt. Als hätte es nie den Supergau von Tschernobyl, ein Harrisburg, einen Transportskandal gegeben &endash; als würde nicht der Entsorgungsnotstand ein sofortiges Abschalten legitimieren.

Die großen Gefahren, die von den Atomkraftwerken ausgehen, werden nur noch unzureichend berücksichtigt. Ein schwerer Unfall in einem deutschen Atomkraftwerk kann Millionen Opfer fordern, die Landkarte Mitteleuropas verändern und einen wirtschaftlichen Schaden in Billionenhöhe verursachen. Einen Vorgeschmack dieses Szenarios haben wir durch Tschernobyl erfahren. Dass das Risiko eines solchen Unfalls gegeben ist; darüber besteht allgemeiner Konsens. Denn es handelt sich nicht bloß um ein praktisch vernachlässigbares, hypothetisches "Rest-Risiko". Das zeigen unter anderen die real existierenden Mängel und Probleme in deutschen Anlagen, von denen in der BUND-Studie von Dr. Helmut Hirsch: "Atomstrom 2000: Sauber, sicher, alles im Griff?" einige Fallbeispiele dargestellt werden. Real ist ebenso die schwer nachweisbare, schleichende Bedrohung durch unkontrollierte Emissionen im unfallfreien Betrieb.

Wir erwarten schnellstmöglichst ein Gesamtkonzept zum Atomausstieg mit der Festlegung im Atomgesetz, dass die Nutzung der Atomenergie geordnet und sicher zu beenden ist.

Wir wollen, dass

die ersten Atomkraftwerke in dieser Legislaturperiode vom Netz gehen
die Haftpflichterhöhung für jedes AKW auf mindestens 5 Milliarden DM angehoben wird
Kernbrennstoffe einer Primärenergiebesteuerung unterliegen
die Sicherheitsstandards dem jeweiligen aktuellen Stand der Technik angepasst werden
die Fragen der Rückstellung der Finanzierung der Entsorgungskosten abschließend geregelt werden
die Wiederaufarbeitung verboten wird
Atomtransporte auf das zwingend notwendige Maß unter Wahrung der geltenden Sicherheitsbestimmungen reduziert werden

Wir fordern unsere Verhandlungsführer auf, sich nachdrücklich sowohl für eine Zeitschiene von maximal 25 Jahren Gesamtlaufzeit, als auch für eine Übergangsfrist von 2 Jahren stark zu machen. Wir sind der Überzeugung, dass wir mit dieser Ausstiegsfrist rechtlich auf der sicheren Seite sind.

ErstunterzeichnerInnen
Angelika Albrecht (Frauenpolitische Sprecherin des Bundesvorstandes)
Marianne Tritz (Sprecherin des Kreisverbandes Lüchow-Dannenberg)
Gabriele Behrens (Präsidium Bundesfrauenrat)
Sylvia Meyer (Sprecherin der BAG-Frauenpolitik)
Dr. Volker Müller (Kreisverband Duisburg)
Dr. Sibyll Klotz (MdA Berlin)
Katja Husen (Bundesvorstandssprecherin der GAJB)
Andreas Gebhard (Bundesvorstandssprecher GAJB)
Ramona Pop (Bundesvorstand GAJB)
Juliane Müller (Bundesvorstand GAJB)
Kathrin Mückel (Bundesvorstand GAJB)
Daniel Holstein (Bundesvorstand GAJB)
Georg Wurth (Bundesvorstand GAJB)
Christian Meyer (Landesvorstand Niedersachsen)
Heidi Tischmann (Landesvorstandssprecherin Niedersachsen)
Wolfgang Dieck (Sprecher Kreisverband Cuxhaven)

Für weitere Unterschriften steht Euch die e-mailadresse gruene-KV-cuxhaven@t-online oder die Fax Nr. 04771-5328/Tel.NR. 047713108 zur Verfügung.

Links
Literatur
Inhaltsübersicht
Kontakt
oben
home
deutsch
english
español
Gästebuch

Globalisierung der Energiemärkte

Marktgiganten und Machenschaften

Rolf Bertram

(pdf.format)

Es gibt wohl kaum einen anderen Bereich, in dem die negativen Folgen einer weitgehend globalisierten Struktur so deutlich zu Tage treten wie in der atomar/fossilen Energiewirtschaft. Nicht globale Energieversorgung findet statt, sondern globale Ausbeutung der Primärenergieträger.

Blickt man auf die ökologischen Zerstörungen, auf den Verlust von Gesundheit und Lebensqualität durch Beschaffung (Braunkohle-Tagebau, Uranabbau), Transporte von Energieträgern (Pipelines, Ölunfälle) und durch Umwandlungsprozesse so gilt hier besonders: „Gewinne werden privatisiert, die Verluste trägt die Allgemeinheit". Die weltweit ausgelösten sozialen Spannungen durch „Rohstoffsicherung" sind ohne Beispiel.

Wirtschaftswachstum um jeden Preis - auch um den Preis der Selbstausrottung!

Als Folge des immensen Energie"verbrauchs" in der industrialisierten Welt kommt es durch Ausbeutung zur Versklavung und Verelendung der Menschen in der Dritten Welt. Zugunsten der Rohstoffinteressen werden Menschen aus ihren Lebensräumen vertrieben oder nachhaltig gesundheitlich geschädigt, wird mit korrupten Feudalregierungen gedealt, werden friedensgefährdende Konflikte heraufbeschworen, ja sogar Kriege geführt.

Energie als Ware besonderer Art.

Wie beim Handel mit anderen Waren geht es auch hier nicht um die tatsächliche Bedarfsdeckung sondern um die Steigerung des Umsatzes &endash; selbst wenn dieser lebensbedrohlich wird. Energie kann weder erzeugt noch verbraucht werden. Die Nichtbeachtung dieses Sachverhalts hat katastrophale Folgen. Die energetischen Bedingungen auf diesem Planeten Erde sind deshalb (bis jetzt noch) lebensfreundlich, weil sich zwischen der Energiezufuhr von der Sonne und der Energierückstrahlung in den Weltraum im Laufe von Jahrmillionen ein ausgepegeltes Gleichgewicht eingestellt hat.

Dieses sensible System wird durch Freisetzung von gebundener Energie, die bei der Verbrennung fossiler Rohstoffe (von Erdöl,Erdgas und Kohle) sowie bei Umwandlung von Materie zu Energie in Atomkraftwerken stattfindet, instabiler. Bei der Umwandlung und Nutzung atomar/fossiler Energie werden unvermeidbar große Mengen an chemotoxischen und radiotoxischen Stoffen emittiert.

Ungeachtet dieses Tatbestandes wird mit der Ware Energie umgegangen als sei unsere Lebenswelt beliebig belastbar und die Ressourcen unerschöpflich.

Trotz der prinzipiellen Andersartigkeit gelten absurderweise für Energie dieselben Marktgesetze und Handelsabläufe wie für gewöhnliche Waren. Die Ware Energie wird wie jede andere Ware nach dem Postulat gehandelt: viel bringt viel. Die besten Geschäfte werden auch hier nach der Devise gemacht: billig beschaffen und massenhaft verkaufen! Die Beschaffung ist billig, wenn Umweltzerstörung nicht ausgeglichen werden muß, wenn die Vernichtung von Lebensräumen für den Beschaffer nicht mit Kosten verbunden ist. Massenhafter Verkauf wird durch hemmungslose Bedarfsweckung gewährleistet. Energieverschwendung wird systemprägend, ja sogar zu einem Symbol für Wohlstand und Fortschritt. Strategisch ausgeklügelt wird das Bedürfnis nach Mobilität, Komfort und Bequemlichkeit zur Gewinnmaximierung instrumentalisiert. Massenhafter und quasi konkurrenzloser Handel mit Energie ist besonders ergiebig in monopolistischen, zentralisierten Strukturen. Beschränkte sich in den fünfziger Jahren die Zentralisierung noch auf Ortschaften, auf Regionen, später auf Nationalstaaten, so findet jetzt die Steuerung von Energieströmen multinational ja global statt.

Massive Einflußnahme der Energiekonzerne hat zu Gesetzen und Verordnungen geführt, durch die diese Vorgänge weitgehend der staatlichen Kontrolle entzogen werden. Dieses im neoliberalen Sinne optimierte Energiewirtschaftssystem mißachtet soziale und ökologische Belange. Die 30% „Reiche" Staaten verbrauchen rund 90% der eingesetzten Primärenergie.

Der neoliberalistische Anspruch auf ungezügelte „Marktfreiheit" gilt allerdings nur für die Monopolisten der Energiewirtschaft. Alle anderen finden sich in einer Zwangswirtschaft ohnegleichen wieder. Die Thesen: „der freie Markt wird es schon richten" und „keine staatliche Einmischung" ist in der Energiewirtschaft offenbar ausgespart. Ohne staatliche (und stattliche) Subventionen gäbe es z.B. in Deutschland keine Atomindustrie. Mit der Vorstellung von marktwirtschaftlicher Ordnung hat das nichts mehr zu tun. Auch bei leitungsgebundener Energie (Strom und Gas) hört die freie Marktwirtschaft auf. Obwohl von der Allgemeinheit finanziert, sind Trassen in der Hand global verschränkter Versorgungsunternehmen für Dritte garnicht oder nur gegen Aufgeld zugänglich.

In der Atomwirtschaft war der Sprung von der nationalen auf die globale Ebene durch den sog. BRENNSTOFFKREISLAUF vorgezeichnet, also durch die aufeinanderfolgenden Verfahren von der Uranschürfung bis zur Aufarbeitung und zur Endlagerung. Obwohl ein (von Staat und Betreiber) häufig benutztes Argument zur Einführung der Atomindustrie die energiewirtschaftliche Unabhängigkeit war, zeigte sich bald, daß auf allen Stufen des Brennstoffkreislaufs neue multinationale Abhängigkeiten entstanden (WAA, Endlager, Proliferation...). Durch die technisch unvermeidbare Verzahnung - zunächst nur auf der europäischen Ebene - eröffnete sich ein von den beteiligten Staaten kaum noch kontrollierbares Operationsfeld für transnationale Konzerne. So sind die wesentlichen Entscheidungen denn auch abseits von Parlament und Öffentlichkeit gefallen. Alle bekannten Marktmechanismen der Beschaffungs- und Absatz-Optimierung finden sich ins Maßlose gesteigert wieder: Ausbeutung in übelster Kolonialmanier, Marktbeherrschung durch Okkupation und Dumping. Die schädlichen Folgen dieses Verhaltens gehen weit über Regierungsbereiche und Regierungszeiten hinaus (Halbwertszeit von Radionukliden, Klima).

Daß eine wachsende Energieproduktion unausweichlich zu Lasten der Natur und unersetzlicher Ressourcen geht, bleibt politisch weitgehend unbeachtet. Der „Fortschritt" in den Industrieländern geht überall mit einer hemmungslosen Ausbeutung der begrenzten, nichterneuerbaren Energierohstoffe einher. Mit ihrer Umwandlung in Wärme, Strom und Treibstoffe sind Entsorgungsprobleme gekoppelt, die mit zunehmender Erkenntnis über die Komplexität der Ökosysteme immer unlösbarer werden. Die derzeit bekannten irreversiblen Schädigungen werfen die Frage auf, ob die ferne Zukunft überhaupt noch eine Lebensgrundlage für differenzierte Organismen bietet.

Die technikgeschichtliche Entwicklung im Zuge der Industriealisierung ist ganz im Sinne des Neoliberalismus verlaufen: Vorrangig wurden immer wieder jene Technologien gewählt, mit denen am schnellsten und billigsten Energie „produziert" werden konnte, und die sich vom Ansatz her zur Zentralisierung und Monopolisierung besonders eigneten. So entstanden mächtige Energieimperien, die die „effektivsten" Formen der Energiebereitstellungen forcierten und gleichzeitig andere Optionen unterdrückten. Für die Protagonisten dieser dominierenden Richtung ist nur das technisch interessant, was mit „hoher Energiedichte, hoher Konzentration, hoher Spannung und nicht zuletzt mit hoher Sprengkraft" (H. SCHEER) einhergeht. Haltlose Ideen und Vorschläge werden weiterverfolgt und staatlich massiv gefördert, auch wenn bereits im Ansatz die ökologische und soziale Unvereinbarkeit erkennbar ist. Die Kreationen dieser Branche scheinen unerschöpflich: „inhärent sichere Atomreaktoren", „Fusionsreaktor", „CO2 in den Ozean", ....abenteuerliche "Atommüllkonzepte" usw. Die Ausweitung des „harten" Weges mit Großtechnik, Zentralisierung, Großforschung, Großkraftwerken, überregionalen Versorgungsunternehmen und unvermeidbaren Kapitalkonzentrationen ist - ökologisch gesehen - ein SELBSTMORDPROGRAMMM.

Da der übliche „demokratische Prozess" weltweit (und auch bei uns) nicht auf Nachhaltigkeit angelegt ist, wird die Forderung umso dringlicher, die Ökologie zum Leitprinzip politischen Handelns zu erheben.

An der Energiewirtschaft mit ihrer grenzüberschreitenden Umweltbeeinträchtigung wird besonders deutlich, daß Ökologische Politik nicht staatlich begrenzt ablaufen darf - hier wäre Globalisierung wirklich angebracht. Die Forderung nach fehlerfreundlicher Technik, nach Technikfolgenabschätzung wird trotz Tschernobyl, trotz verheerenden Ölkatastrophen in der real ablaufenden Politik nur in Sonntagsreden erhoben. Hier spielen eine bewußte und strategisch gesteuerte Verhinderung durch interessierte Kreise (die Angst um ihre abgesteckten Claims haben) und schwerwiegende Defizite an vernetzter Denkweise zusammen.

Die von der Gesellschaft und deren politischen Eliten überwiegend akzeptierten (aber völlig antiquierten) energiewirtschaftlichen Regeln sind nach wie vor auf Steigerung des Energieverbrauchs ausgerichtet, auch wenn absehbar ist, daß dieses System dabei nicht nur ökologisch sondern auch sozial und ökonomisch kollabieren muß. Begriffe wie Sozial- und Umwelt-Verträglichkeit passen nicht in das etablierte Energiewirtschaftssystem. Bis zur Stunde erfolgt die Substitution von Energieträgern ausschließlich nach Kostengesichtspunkten. Eine angemessene Berücksichtigung ökologischer und sozialer Rahmenbedingungen findet nicht statt.

„Die von uns heute favorisierte, wachstumsorientierte, kapitalistische f r e i e Marktwirtschaft hat offensichtlich Rahmenbedingungen und Spielregeln geschaffen, nach denen mit zunehmendem Tempo die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer werden. Es (das System) erfordert dringend eine Generalüberholung des mangelhaften wirtschaftlichen Regelwerkes.

Das unerbittliche Wettrennen (der Länder und Ländergruppen) um Marktvorteile...gleicht immer mehr einem Wettsägen an dem Ast, auf dem wir alle sitzen." (H.P.DÜRR, "Für eine zivile Gesellschaft")

Warum schlagen sich die seit einem halben Jahrhundert erkannten nachhaltigen und irreparablen Schadwirkungen durch fossil/atomare Energietechniken im Handeln der politischen Akteure so wenig nieder? Diese verhalten sich immer noch so, als gäbe es keine Alternativen. Dabei sind das riesige Potenzial regenerierbarer Energien und die Technik zur Nutzbarmachung länger bekannt als die atomar/fossilen Technologien. Selbst die neu scheinende Photovoltaik oder die exotisch eingestufte Brennstoffzelle sind seit über 100 Jahren bekannt.

Gestützt auf sog. „neutrale" Aussagen internationaler Energieagenturen und Strahlenschutzkommissionen wird seit Jahrzehnten toleriert, was einer wissenschaftlich seriösen Nachprüfung nicht standhält. Es wird vergessen, daß diese Institutionen (z.B. EURATOM,IAEA,ICRP) in erster Linie dazu geschaffen sind, die Sicherheits- und Strahlenbelastungs- Kriterien und die daraus abgeleiteten Indikatoren den Interessen der Atomindustrie anzupassen. Diese von Staaten bzw. Staatengemeinschaften unterhaltenen Institutionen mit Tausenden von hochbezahlten Mitarbeitern unterliegen keiner parlamentarischen Kontrolle.

Wie konnte es dazu kommen?

Die großen Energieprobleme tauchen erst nach dem 1.Weltkrieg auf.

Der eigentliche Strukturwandel auf dem Energiemarkt erfolgte in erster Linie durch die Umwandlung der Primärenergieträger in die Sekundärenergien Heizöl, Benzin und Strom. Durch die erforderliche technische Zentralisierung und der damit verbundenen Kapitalbindung bei Beschaffung (Pipelines), Erzeugung (Kraftwerk) und Verteilung (z.B. Stromnetz) entstand ein neues energiewirtschaftliches Konzept. Hier bot sich eine einmalige Gelegenheit zur Etablierung monopolistischer und oligopolistischer Strukturen.

Das Bestreben der öffentlichen Hand, die einzelnen Energiebereiche im Interesse der Allgemeinheit zu gestalten oder zumindest zu kontrollieren (Preisbindung, Tarifbildung) wurde zunehmend und gezielt unterlaufen. Durch die Einbeziehung regionaler oder kommunaler Körperschaften wird eine scheinbare Einflußnahme vorgegaukelt.

Die Energiepolitik folgte jahrzehntelang dem Dogma: Wohlstand nur durch höheren Energieverbrauch! So wurde - und wird immer noch - von scheinbar unabhängigen Experten verbreitet, die Alternative zu der gegenwärtigen Energiewirtschaft sei der Verzicht, sei die Rückkehr in die Barbarei.

„Wir brauchen mehr Energie um den Wohlstand zu sichern!"

Was zunächst plausibel scheint, entpuppt sich bei der Analyse als großer Irrtum - oder vorsätzlicher Bluff. Mit unseriösen, haltlosen Prognosen und irreführenden Kosten-Nutzen-Rechnungen wurden politische Entscheidungen geradezu erzwungen. Insbesondere die Atomenergiewirtschaft ist von Anfang an durch illusorische Erwartungen geprägt. Wirtschaftliche Fehlkalkulationen und unerfüllbare Wirtschaftlichkeitsaussichten prägen diesen Wirtschaftszweig bis zur Stunde. Es wird auch vergessen, daß das ursprüngliche Hauptmotiv für die Einführung der Kernenergietechnologie nicht die Energieversorgung sondern die Plutoniumerzeugung war. Die „Energielücke" wurde erst sehr viel später erfunden: „Ohne Kernenergie gehen die Lichter aus" usw. Mit unseriöser Werbung und irreführenden Argumenten wird immer wieder versucht, den Bedarf anzuheizen und damit die Grenze der Marktsättigung nach oben zu verschieben.

Der Profit ist die Handlungsgrundlage der Ölmultis und der großen Verstromer (Atomenergie-Betreiber). Dieses Grundmuster wird von den Regierungen nicht nur toleriert, sondern sogar gefördert. Eine starke Lobby erreicht, daß diese (mörderische) Zielsetzung durch Gesetze und Verordnungen Bestandsschutz genießt. Noch immer steht in unserem EnWG (novelliert am 29.3.2000) die Preisgünstigkeit an vorderster Stelle der Forderungen. Zur Durchsetzung von Maßnahmen zur Kapitalbildung und zum Machterhalt ist offene und verdeckte Korruption eine besonders bewährte Methode. Dadurch, daß unverhohlen um „politisch zuverlässige" Abgeordnete geworben wird, werden die energiewirtschaftlichen Profitinteressen auch in parlamentarischen Prozessen immer wirksamer. Die Autonomie demokratischer Instanzen geht immer mehr verloren.

Konfliktbereitschaft ist nicht mehr zu erkennen: Man hütet sich, wirklich grundlegende Maßnahmen zu ergreifen wie z.B. angemessene Besteuerung von Flugbenzin und Atomstrom, Verbot energieverschwendender Kfz und anderer Geräte "mit eingebauten Verfallszeiten". Die Förderung der regenerativen Energien erfolgt in der Regel über zeitlich beschränkte und viel zu kurz greifende Programme. Eine großzügige Förderung der Solarenergie-Forschung und Entwicklung ist nicht erkennbar.

Da die multinationalen Handlungsoptionen dem nationalstaatlichen Zugriff weitgehend entzogen sind, wird die Rechtsstaatlichkeit zum stumpfen Schwert.

Maffiose Praktiken multinationaler Konzerne wie z.B. BP, EON, SHELL, VATTENFALL scheuen sich nicht, auf der Jagd nach Energierohstoffen, die Zerstörung von Lebensräumen und Kulturen in Kauf zu nehmen. Das Jahresbudget dieser machtvollen und kaum noch durchschaubaren Mammutgebilde übersteigt den Haushalt vieler Staaten. Mit milliardenschweren Transaktionen ist es diesen Imperien sogar möglich, Staatshaushalte zu ruinieren.

Ist die Situation hoffnungslos verfahren? Läßt sich noch etwas wenden?

Den Entscheidungsträgern ist immer wieder die Frage zu stellen, warum ökologisch orientierte Zielvorstellungen - die ja den eben erwähnten diametral entgegengesetzt sind - nicht oder nicht im gewünschten Umfang in die Politik einfließen. Nicht nur die Handlungen der Betreiber auch die Unterlassungen der sie stützenden Politiker gilt es anzuprangern. Stärker als bisher sollte auch versucht werden, die dahinter steckenden Strategien zu erkennen. Nur wenn die wahren Machtstrukturen und deren Steuerungsmechanismen bloßgelegt werden, lassen sich wirkungsvolle Gegenstrategien entwickeln.

Diktiert durch Bilanzen, Devisen- und Akienkurse sowie durch z.T. unerfüllbare Gewinnerwartungen der Kapitaleigner sind die Betreiber oft gleichzeitig die Getriebenen. Nur noch selten ist eine namentlich bekannte Personengruppe für die volkswirtschaftlich desaströsen Verhältnisse verantwortlich zu machen. Die „global players" sind entpersönlichte staatsübergreifende Kartelle, denen Moralbegriffe fremd sind. Die einmalige Komplexität der Natur und ihre Erhaltenswürdigkeit kommen im Wörterbuch der global players nicht vor. Folgen und Wechselwirkungen werden nur vor dem Hintergrund der Profite bewertet.

Die Kritik an dem weltweiten atomar/fossilen Energiesystem darf sich nicht nur auf ökologische Belange richten. Sie muß einbeziehen, daß die gegenwärtige zentralisierte Energiestruktur volkswirtschaftlich und sozial zu Verwerfungen und damit zur Einschränkung der Freiheitsrechte führt (Atomstaat). Sie muß einbeziehen, daß global die Ungleichheit zwischen industrialisierten und Entwicklungsländern nicht aufgehoben sondern vertieft wird.

Mit zunehmender Globalisierungskritik kommt eine neue soziale Bewegung auf, die versucht, diese Thematik stärker aufzugreifen und politisch wirksamer zu bündeln. Der optimale Verfahrensweg dieses Prozesses ist sicherlich noch nicht gefunden. Erprobtes und Neues harrt hier noch der Synthese.

Pierre BOURDIEU (in seinem letzten Interview): „Es geht um die Rückkehr zu einer Politik, die noch vollkommen im Aufbau ist.....Es geht darum ein politisches Projekt zu entwickeln, eine Alternative zum herrschenden Kurs , und parallel dazu die Organisationsstrukturen zu schaffen, die den Erfolg dieses Projekts begünstigen.........Es genügt nicht mehr, den Gegner einfach zu beleidigen oder ähnlich simpel gestrickte Verhaltensmuster anzuwenden, sondern man muß wirkliche Alternativen anbieten.........Unser Handlungsspielraum besteht darin, öffentliche Räume des Austauschs, sogar des internationalen Austauschs, zu eröffnen, um den Leuten, die sich für Alternativen interessieren, ein zu bieten."

Prof. Dr. Rolf Bertram (bertramrolf@aol.com)

Links
Literatur
Inhaltsübersicht
Kontakt
oben
home
deutsch
english
español
Gästebuch


Emanzipation Humanum, Version 3.02, Kritik, Anregungen zu Form und Inhalt, Dialog sowie unveränderter Nachdruck bei Quellenangabe und Belegexemplar erwünscht. Übersetzung in andere Sprachen erwünscht. Kürzungen und Änderungen nach Absprache möglich.

http://emanzipationhumanum.de/deutsch/atom3.html
GOWEBCounter by INLINE