Karsten
Hinrichsen
e-mail:
K.Hinrichsen@public.uni-hamburg.de
Atomkonsens
verteidigen oder bekämpfen?
Die
Atomkonsens-Vereinbarung (AtKo) wird von denjenigen
gekämpft, welche die darin enthaltenen, geringen
Restriktionen für die Atomstromproduktion
zusätzlich aufweichen wollen, um noch mehr
Rechtssicherheit für die verbleibenden Restlaufzeiten
zu erreichen ("Atomlobby"):
-
die Atomfraktion innerhalb der EVUs
-
die süddeutschen Bundesländer. Sie lehnen
atomare Zwischenlager nur deshalb ab, weil sie den
Atommüll nicht in ihrem Land behalten wollen (Sankt
Florian)
-
große Teile der CDU/CSU/FDP, die eine Beendigung
der Atomstromproduktion generell ablehnen
-
die großen Industrieverbände, die steigende
Strompreise befürchten
-
und zunehmend auch Mitglieder von Umweltverbänden,
denen die Klimaveränderung bedrohlicher erscheint
als ein SuperGAU.
Diejenigen,
denen die Atomkonsens-Vereinbarung nicht weit genug geht
("AKW-Gegner"), sehen sich genötigt, diese gegen die
Angriffe der Atomlobby zu verteidigen.
Sind
diese Bemühungen dem Atomausstieg
förderlich?
Zur
Beantwortung dieser Frage sind besonders die langfristigen
Folgen des AtKo zu betrachten; denn in 2 Jahren, nach der
nächsten Bundestagswahl, können der AtKo und die
daraus abgeleitete Atomgesetznovelle wieder geändert
werden. z. B. in den Teilen, die der Atomlobby weh tun.
Bewertung
der langfristigen Folgen der
Atomkonsens-Vereinbarung
1.
Die vor der BT-Wahl gesellschaftlich verankerte Mehrheit
für einen Atomausstieg nimmt durch den AtKo immer
weiter ab ("Wenn auch die Grünen nicht mehr für
den Sofortausstieg sind, warum dann ich?")
Atomkraftgegner werden in den Medien zunehmend als
Außenseiter dargestellt und deren Handeln als
illegal bewertet. (Die Hetze gegen die früheren
Einstellungen von Fischer und Trittin zur Autorität
des Staates könnte als Vorbereitung dazu dienen, die
Anti-AKW-Bewegung zu kriminalisieren. Und daß sich
die beiden nicht dazu bekennen, schwächt den
außerparlamentarischen Widerstand zusätzlich.)
Die mit der Wahl von Rot/Grün verbundene Hoffnung
auf die Förderung eines gesellschaftlichen
"Ausstiegsklima" ist in ihr Gegenteil verkehrt.
2.
Der Abbau/die Einschränkung des vom
Bundesverfassungsgerichts geforderten "dynamischen
Grundrechtsschutzes", welcher besagt, daß die AKWs
gegen alle erkannten Sicherheitsmängel
nachgerüstet werden müssen (unpräzise
"Sicherheitsabbau").
3.
Die Zusage der Bundesregierung, daß trotz des im
§ 9a Atomgesetz geforderten Entsorgungsnachweises,
der nicht erbracht werden kann, die AKWs weiterbetrieben
werden dürfen. Als "Entsorgungsvorsorgenachweis"
sollen Standortzwischenlager (Kartoffelscheunen)
anerkannt werden. Für diese bereits 1992 von RWE und
VEBA vorgeschlagene direkte Entsorgung machen sich
insbesondere die Grünen stark, weil sie die Proteste
gegen Castortransporte fürchten. Die dezentralen
Zwischenlager stellen das trojanisches Pferd des AtKo
dar.
4.
Die Bestandssicherung der wirtschaftlichen Privilegien
für Atomstrom (keine Uransteuer, steuerfreie
Rückstellungen, kein ausreichende Versicherung gegen
die finanziellen Auswirkungen eines SuperGAUs), welche
Investitionen in regenerative Energien,
KraftwärmeKopplung und Energieeinsparung auf lange
Zeit unwirtschaftlich machen.
Schon
diese vier Schwachpunkte des AtKo behindern den Atomausstieg
derart, daß der AtKo bekämpft werden sollte und
seine Absicherung in der geplanten Atomgesetznovelle
verhindert werden muß.
Dagegen
wird Trittin in der Öffentlichkeit nicht müde zu
betonen, daß "es nur diesen Konsens gäbe, bei
dessen Scheitern der Atomausstieg um Jahre
zurückgeworfen würde".
Es
gibt &endash; aus meiner Sicht &endash; zwei Alternativen,
mit denen der Atomausstieg schneller erreicht werden
könnte:
1.
Sofort abschalten (technisch in ca. zwei Jahren
möglich). Die evtl. durch das
Bundesverfassungsgericht anerkannte
Entschädigungspflicht (ca. 10 bis 40 Mrd. DM
verteilt auf z. B. zehn Jahre) sind aus der Portokasse
bezahlbar. Nein? Eichels Steuergesetzgebung kostet den
Staat jährlich ca. 50 Mrd. DM.
2.
Die bestehenden Gesetze und Regelwerke nutzen und
verschärfen, um die AKWs weniger profitabel zu
machen.
Wer
die folgende Auflistung von 10 Daumenschrauben
überspringen möchte, lese weiter bei
Fazit.
Ohne
Konsens kein Atomausstieg?
Welche
Handlungsfelder stehen einer ausstiegsgewillten
Bundesregierung zur Verfügung, um ohne Konsens die
Atomstromproduktion zu beenden?
1.
Ein Ausstiegsklima in der Gesellschaft erzeugen.
Dazu
steht einer Bundesregierung (BR) ihr Pressereferat und
Referat für Öffentlichkeitsarbeit sowie ein
finanziell gut ausgestatteter Etat für Werbung und
Anzeigen in Medien zur Verfügung. Ziel wäre
eine Aufklärungskampagne, welche die Risiken der
Atomenergienutzung anprangert (10 Argumente für die
"Notwendigkeit des Sofortausstiegs" wurden 1998 von Heiko
Ziggel und Karsten Hinrichsen formuliert. Sie sind als
rtf.datei angehängt.) Hier ist der Bundesregierung
seit ihrer Amtsübernahme ein schweres
Versäumnis vorzuwerfen. Nicht einmal, als es um die
Frage einer kurzfristigen, entschädigungsfreien
Befristung der Betriebsgenehmigungen ging, wurde die
Sicherheitsfrage problematisiert. Nicht einmal dem dummen
Argument, die deutschen AKWs seien die sichersten der
Welt, wurde widersprochen.
2.
Die Alternativen in den Vordergrund stellen
Immer
noch glauben viele Bundesbürger, daß ohne AKWs
die Lichter ausgingen, der Strom unerschwinglich teuer
würde und das Klima endgültig Schaden
nähme. Verlautbarungen, wie die Energiewirtschaft
der Zukunft aussieht, welche positiven Auswirkungen sie
auf die Arbeitsplatzsituation hat und in welchen
Zukunftstechnologien die in der Atomindustrie
Beschäftigten Arbeit finden könnten,
hätten den Druck auf die Betreiber erhöhen
können.
3.
Die Sicherheitsanforderungen erhöhen
Wenn
die Reaktorsicherheits- (RSK) und
Strahlenschutzkommission (SSK) ausstiegsorientiert
arbeiten würden (die von Trittin gewählte,
paritätische Besetzung läßt das nicht
zu), könnten die atomtechnischen Regelwerke und der
Strahlenschutz verbessert werden, was teure
Nachrüstungen und lange Stillstände für
die AKWs zur Folge haben würde.
4.
Nachträgliche Auflagen
Gemäß
§ 17 AtomGesetz ist es jederzeit zulässig und
regelmäßig auch geboten, die zur Abwehr von
Gefahren erforderlichen Auflagen zu erlassen. Das
Bundesverfassungsgericht hat mehrmals betont, daß
unter dem Gesichtspunkt des dynamischen
Grundrechtsschutzes neue Erkenntnisse in Wissenschaft und
Technik auch für nachträgliche Auflagen
maßgebend sind. Hier sind sowohl Bundesregierung
(beraten durch die RSK und SSK) als auch die
Atomaufsichtsbehörden der Länder aufgefordert,
die weltweite Entwicklung der Sicherheitstechnologie in
ihr Verwaltungshandeln einzubeziehen. Das versuchten, als
Frau Merkel BMU war, einige Länder über einen
sog. ausstiegsorientierten Vollzug des Atomgesetzes. Sie
hatten jedoch gegenüber der Richtlinienkompetenz des
Bundes (Weisungshammer von BMU Merkel) schlechte Karten.
Zu beachten ist, daß sogar die neueren AKWs der BRD
mit einer (veralteten) Technologie betrieben werden, wie
sie vor 20 Jahren üblich war.
5.
Staatliches Einschreiten schon bei
Gefahrenverdacht
Schon
bei einem Gefahrenverdacht oder Besorgnispotential kann
die Aufsichtsbehörde gemäß § 19 AtG
auf Abhilfe bestehen bzw., wenn dies nicht möglich
ist, die Betriebseinstellung anordnen. Dabei muß
die Behörde nicht einmal die Unsicherheit der Anlage
oder des Anlagenteils beweisen. Es genügt
nachzuweisen, daß hinreichende Gründe für
die Annahme eines Gefahrenverdachts bestehen. (Es wird an
die Leukämieerkrankungen in der Nähe des
Krümmel erinnert.) Der Atomaufsicht wird dabei
zugestanden, sich aus der Bandbreite der
wissenschaftlichen Meinungen die ihr genehme
herauszusuchen. Gerichte billigen der Behörde
insoweit eine Entscheidungsprärogative zu, was
bedeutet, daß bei der Behörde der
größere Sachverstand vermutet wird. Gerichte
verzichten nämlich schon seit vielen Jahren darauf,
selbst atomtechnische Sachverhalte aufzuklären.
6.
Die Bundesregierung kann das hinnehmbare Restrisiko neu
definieren
Atomkraftwerke
müssen entsprechend dem deutschen Regelwerk nur
gegen solche Störfälle ausgelegt sein, die
keine größeren Auswirkungen auf die Umgebung
haben als der Größte anzunehmende Unfall
(GAU). Der beherrschbare Abriß einer
Primärkühlmittel führenden Leitung stellt
den GAU dar. Alle einen Unfall auslösenden
Ereignisse und Unfallabläufe, die größere
Auswirkungen haben können, (Flugzeugabsturz,
Sabotage, Explosionsdruckwellen, Kernschmelzen unter
hohem Druck, Wasserstoffexplosion (das war die Gefahr im
AKW Harrisburg), Wasserdampfexplosion, direct heating
usw.) gehören per Definition durch die RSK zum
Restrisiko: Behörden haben kaum Aussicht, dagegen
Vorkehrungen durchzusetzen, und Anwohner können sie
nicht zur Klagebegründung heranziehen.
Hierzu
hatte das BVerfG 1985 im Wyhl-Urteil wegen der
möglichen immensen Unfallfolgen geurteilt, daß
nur gegen unbekannte Gefahren keine Vorsorge getroffen zu
werden braucht. Derartige Gefahren seien unentrinnbar und
daher von der Allgemeinheit sozial adäquat
hinzunehmen. Dieses Urteil eröffnet große
Möglichkeiten für die Aufsichtsbehörden;
denn durch Risikostudien und Unfälle ist seit 1985
eine Fülle von Gefahren bekannt geworden, die von
der gegenwärtigen Sicherheitstechnologie der AKWs
nicht beherrscht werden.
Stillegungen
oder wenigstens Nachrüstungen aufgrund dieser sog.
Änderung der Sicherheitsphilosophie wurden bislang
nicht ernsthaft versucht, weil Merkel (und Trittin?) mit
Weisung drohte und die Betreiber mit
Schadensersatz.
7.
Das untergesetzliche Regelwerk kann verschärft
werden
Auf
der Verordnungsebene sind die
Ermächtigungsgrundlagen in § 12 AtG längst
nicht ausgeschöpft, um die Position der
Atomaufsichtsbehörden zu stärken. Erlaß
von Verwaltungsvorschriften, die rechtliche Absicherung
von Sachverständigen und
Sachverständigengremien, die Festlegung von deren
Aufgaben, die Erarbeitung von Richtlinien für die
Sicherheitsüberprüfung usw. sind im Sinne einer
Erhöhung der Sicherheit (und damit kostentreibend)
auszubauen.
8.
Die fehlende Entsorgung
Sie
bietet einen ganzen Strauß von Handlungsoptionen:
-
Der Entsorgungsparagraph 9a des AtG könnte
buchstabengetreu durchgesetzt werden.
-
Der Entsorgungsvorsorgenachweis von 1979 könnte
verschärft oder als nicht dem § 9a AtG
genügend bewertet werden.
-
Die Transportbehälter könnten durch
realistischere Tests (größere Fallhöhe
und Wassertiefe, heißeres Feuer als bisher
angenommen) auf Herz und Nieren getestet
werden.
-
Die Wiederaufarbeitung könnte sofort untersagt
werden, weil sie im Sinne des Atomgesetzes nicht schadlos
erfolgt.
9.
Die Privilegien für Atomstrom können
abgeschafft werden.
Für
AKWs gibt es eine Reihe wettbewerbsverzerrender
Privilegien, die der Konkurrenz, insbesondere den
regenerativen Energien und der KraftWärmeKopplung in
dieser Höhe nicht zukommen:
-
steuerfreier Uraneinkauf
-
steuerfreie Entsorgungsrückstellungen (LaFontaine
hat von den 80 Mrd. DM immerhin 20 Mrd. nachversteuern
lassen, nicht Trittin.)
-
zu vollem Versicherungsschutz verpflichten (Banken geben
für Windkraftanlagen nur Kredite, wenn eine
Vollhaftpflicht abgeschlossen wurde.)
10.
Auflistung weiterer Handlungsfelder
-
Keine Zwischenlager genehmigen und Polizisten über
ihre Gefährdung bei der Sicherung von
Castortransporten besser aufklären
-
Mehr atomkritisches Personal im BMU und nachgeordneten
Behörden (z. B. im Bundesamt für
Strahlenschutz) einstellen
-
Keine der Atomenergiebefürworter als
Verfassungsrichter berufen
-
KlägerInnen bei deren Prozessen gegen Atomanlagen
unterstützen
Fazit:
Diese Aufstellung ist bestimmt nicht vollständig. Sie
zeigt aber, daß es viele empfindliche Maßnahmen
gibt, durch welche sich die Sicherheit der Bevölkerung
erhöhen ließe und den Betreibern der Profit
geschmälert werden könnte. Viele dieser
Daumenschrauben sind wegen der im Konsens vereinbarten
Friedenspflicht unmöglich geworden. Unter diesem Aspekt
liegt die Bewertung nahe: kein Konsens wäre der
wirkungsvollere Weg zum Ausstieg. Konsens ist
Nonsens.
Resümee:
Ich
bitte diejenigen (realpolitisch ausgerichtetn)
AKW-GegnerInnen, die derzeit den Atomkonsens gegen die
Angriffe der Atomlobby verteidigen, zu überprüfen,
ob diese Position dem Ausstieg dient. Ein Handeln
gemäß dem Sprichwort: "Lieber den Spatz in der
Hand als die Taube auf dem Dach" sollte überdacht
werden, wenn (s. unter "langfristige Folgen des AtKo") sich
der Spatz als trojanisches Pferd herausstellt.
Traute Kirsch
Liebe
FreundInnen,
so
sieht also der Wahlkampf für Bündnisgrüne
aus:
Wir
müssen das kleinere Übel
wählen.
Doch
das ist ein tragischer Irrtum. Es gibt kein kleineres
Übel!
Rot-Grün
hat in dieser Regierungsperiode CDU/CSU rechts
überholt.
Das
können die Schwarzen natürlich nicht zugeben, denn
dann gebe es keinen Grund mehr Schwarz zu wählen.
Deshalb muß Stoiber z. B. in Sachen Atomgesetz so tun,
als ob es da furchtbar viel zu revidieren gebe. Das ist
Augenwischerei. Da das neue Atomgesetz kein Ausstiegsgesetz
ist, braucht Herr Stoiber den Ausstieg auch nicht zu
revidieren. Schließlich ist die Atomindustrie - wie
immer zu vernehmen war - hoch zufrieden mit dieser
rot-grünen Gesetzesänderung.
Der
einzige Schönheitsfehler besteht in der Bestimmung,
dass keine neuen ATomkraftwerke mehr errichtet werden
dürfen. Doch sie steht in einem derartigen Widerspruch
zu den durch Gesetzesänderung geschaffenen sonstigen
uneingeschränkten Ansprüchen der Atomfirmen auf
Bestandsschutz und Gewinnmaximierung, dass sie einen
Fremkörper darstellt, der jederzeit auf Wunsch der
Atomindustrie beseitigt werden muß. Ankündigungen
dieser ARt aus den Reihen der ATommanager gibt es
übrigens schon.
Wahlkampf
für Rot-Grün als kleinerem Übel machen,
heißt für AtomkraftgegnerInnen,
-
dass sie darauf verzichten, die Bevölkerung
aufzuklären darüber, dass ihr Rot-Grün die
Möglichkeit eines Super-Gaus als
selbstverständlich zumutet.
-
dass sie darauf verzichten, gegen diese ungeheuerliche
Zumutung zu mobilisieren,
-
dass sie darauf verzichten, klarzustellen, dass dieses
Ausstiegsgesetz nicht das Bestmögliche für den
Ausstieg darstellt, sondern das Ziel hat, die Renaissance
der Atomkraftnutzung zu bewirken.
Ohne
dass die Anti-AKW-Bewegung sich dagegen wehr, dass
Rot-Grün der Bevölkerung katblütig und
zynisch die Möglichkeit einer Atomkatastrophe (den
Super-Gau) zumutet, ist der Kampf um den Ausstieg aus der
Atomkraft verloren.
Mit
solidarischen Grüßen
traute
Kirsch
und
17.
01. 2001
Die
entmachtete Atomaufsicht am Beispiel
Phillipsburg
Im
Atomkraftwerk Phillipsburg hat es im August mehrere
Verstößen gegen bisher geltende Vorschriften
für den Betrieb der Anlage gegeben, wie z.B.
folgende:
Die
Notkühlsystem-Behälter wurden nicht korrekt
befüllt.
Bei
der Borsäure hat es eine falsche Konzentration
gegeben.
Die
Behälter wurde unzulässiger Weise bei laufendem
Reaktor nachgefüllt.
EnBW
hat darüber hinaus bestätigt, dass in Philippsburg
17 Jahre lang gegen die Vorschriften verstoßen
wurde.
In
der Berichterstattung zu diesen Vorkommnissen ist von
Atompannen und Versäumnissen der Aufsichtsbehörde
die Rede. Daher wurde in der Öffentlichkeit erwartet,
dass die Landes-regierung, vertreten durch Umweltminister
Müller sowohl im Hinblick auf den Betrieb des AKWs als
auch auf die ihm unterstellte Atomaufsichtsbehörde,
ernsthafte Konsequenzen ziehen würde. Doch wie in
vorangegangenen ähnlichen Fällen wurden solche
Konsequenzen abgelehnt.
Der
SPD-Fraktionsvorsitzende Drexler beklagte zwar, dass
Umweltminister Müller in perso-neller Hinsicht keine
Konsequenzen gezogen und einen Bericht vorgelegt habe, in
dem von 30 Seiten gerade eine halbe Seite der Tätigkeit
seines Ministeriums gewidmet worden sei.
Doch
der CDU-Fraktionsvorsitzende Günther Oettinger
rechtfertigte das Handeln des Umweltministers und der ihm
unterstellten Behörde damit, dass es in der
Atomaffäre nichts aufzuklären" gebe.
Damit
sagt er aus, dass die Atomaufsichtsbehörde,
gegenüber dem Atomkraftwerk keine Eingriffsbefugnis
mehr besitzt.
Auch
die EnBW hat großen Wert auf die Feststellung gelegt,
dass die Behörde zu Eingriffen nicht befugt sei.
Deshalb hat sie nachdrücklich betont, dass man die
vorübergehende Stillle-gung des AKWs freiwillig
&endash; also nicht auf Grund bestehender Rechtsvorschriften
- vorgenommen habe.
Von
solchen den Betrieb störenden Rechtsvorschriften sehen
sich die Atomfirmen durch die Konsenszusage auf
störungsfreie Produktion der zugesicherten Strommengen,
die mit dem vermeintlichen Ausstiegsgesetzt gesetzlich
festgeschrieben wurde, befreit.
Das
Einschreiten von Bundesumweltminister Trittin hatte
lediglich den Zweck, die durch Rot-Grün erfolgte
Entmachtung der Atomaufsichtsbehörden und damit den
Sinn des vermeintlichen Ausstiegsgesetzes zu verschleiern
und Bundesumweltminister Trittin nicht gänzlich
bloßzustellen.
Fazit:
Mit der Nadelstichpolitik der Anti-AKW-Bewegung ist es
endgültig vorbei. Anlagenspezifische
sicherheitstechnische Mängel spielen rechtlich
überhaupt keine Rolle mehr. Bleibt nur noch der Angriff
auf die Grundlage der rot-grünen Atompolitik, die in
der skrupellose und zynische Auffassung besteht, dass die
atomaren Risiken eine sozialadäquate Last seien, die im
Interesse des Allgemeinwohls der Bevölkerung
aufzuerlegen seien.
Kein
AKW ist sicher - auch Temelin nicht
-
Flugblattentwurf aus Dresden zum Nachahmen
-
Recht
auf Leben und Gesundheit statt Recht auf
Betrieb
Heute
vor 16 Jahren ereignete sich die Reaktorkatastrophe in
Tschernobyl. Damit kam es zu dem angeblich
"unwahrscheinlichen Restrisiko-Ereignis" eines
Kernschmelzunfalls mit großen Freisetzungen an
Radioaktivität, dem sogenannten Super-GAU.
In
jedem Atomkraftwerk der Welt kann es in jedem Augenblick zu
einer solchen Katastrophe kommen. Das gilt für die
angeblich sicheren deutschen Reaktoren ebenso wie für
alle anderen Reaktoren in der Welt.
Auch
im sogenannten Normalbetrieb setzt jedes AKW
Radioaktivität frei, was u.a. zu erhöhten
Krebsraten in der Umgebung führt. Die radioaktive
Verstrahlung durch den bis jetzt angefallenen Atommüll
z. B. durch Wiederaufbereitung und bei sonstigen
Freisetzungen wie dem Abbau und der Anreicherung von Uran
verursacht schon heute irreparable Schäden für
Menschen und Umwelt.
Die
Gefährdung der Menschheit durch die Nutzung der
Atomkraft ist daher grundsätzlich nicht akzeptabel. Die
Politiker sind nicht befugt, eine solche Gefährdung
damit zu rechtfertigen, sie sei gesellschaftlich angemessen.
Aus diesen Gründen richtet sich unser scharfer Protest
gegen jede Atomanlage in der Welt und daher auch gegen
Temelin (1).
Es
wurden der Begeisterung für diese Technologie mehr als
genug Leben geopfert. Das von Atomkraftbefürwortern
vorgebrachte Argument, dass die Atomenergienutzung ein
Beitrag zum Klimaschutz liefert, soll nur die Nutzung der
Atomkraft begründen helfen und ist falsch: im Vergleich
der Kohlendioxidbilanzen über den gesamten Prozess
schneidet die Atomenergie weit schlechter ab, als die
Nutzung von Erdgas in modernen Kraftwerken mit
Kraft-Wärme-Kopplung (2). Demzufolge wäre es dem
Klimaschutz weit zuträglicher, wenn anstelle von
Atomkraftwerken kraftwärmegekoppelte Erdgaskraftwerke
den Strom erzeugen.
Wir
BürgerInnen haben einen grundgesetzlich verbürgten
Anspruch auf Schutz vor den Schadensfolgen und Risiken aus
der Nutzung der Atomkraft und fordern deshalb den sofortigen
Ausstieg aus dieser Technologie. In Deutschland, in
Tschechien und weltweit !
Fußnoten:
1.)Temelin
ist von Dresden genau so weit entfernt wie Berlin und damit
das nächstgelegene Atomkraftwerk. Baubeginn 1983.
2.) Nach einer Untersuchung des Ökoinstituts Freiburg
wird beim Uranabbau, der Urananreicherung, beim
Brennelementetransport, beim Bau des AKW, bei der
Wiederaufarbeitung usw. so viel fossile Energie (Öl,
Kohle, Gas) verbraucht, daß ein modernes Gaskraftwerk
insgesamt weniger CO2 produziert als ein AKW
CHRISTLICHE
DEMOKRATEN GEGEN ATOMKRAFT (CDAK)
CDAK-Mainz@gmx.de
- CDU/CSU - Mitglieder für die Überwindung der
Kernenergie
CDAK-Grundsatzpapier
Aus
christlicher Verantwortung: Die
nukleare Geisterfahrt beenden!
Die
fortgesetzten Sicherheitsskandale um die Atomenergie
läuten das absehbare Ende der Atomwirtschaft in
Deutschland ein. Die körperliche Unversehrtheit von
Menschen (Artikel 2 Grundgesetz) darf nie wieder auf dem
Altar der Profitinteressen einer verschwindend kleinen
Minderheit von Betreibern nuklearer Anlagen geopfert werden.
Bei der Berechnung von Atomstrom fehlt ein entscheidender
Kostenblock. Dies ergibt sich aus einer Studie der
renommierten Baseler PROGNOS AG für das
Bundeswirtschaftsministerium (BMWi), aus der hervorgeht,
daß bei Berücksichtigung aller Folgekosten die
errechneten Versicherungskosten pro Kilowattstunde Atomstrom
reell bis zu 2 EURO betragen. Die auf Kosten der
Steuerzahler erstellte Grundsatzstudie hat den Titel
"Identifizierung und Internalisierung der externen Kosten
der Energieversorgung". Damit ist die Kilowattstunde
Atomstrom um 2000% teurer als Windenergie und die Mehrzahl
aller deutschen Atombetriebe extrem unterversichert. Die
bisherigen Deckungssummen für die
Haftpflichtversicherung von atomaren Anlagen sind durch die
vom Gesetzgeber verfügte Obergrenze völlig
unzureichend und liegen noch weit unter den erforderlichen
Versicherungsprämien. Nur für die umfassende
jährliche Risikoversicherung wären mehr als 250
Milliarden EURO auf die Stromrechnung draufzuzahlen. Damit
erledigt sich das Thema Atomstrom durch das tägliche
Risiko des Totalschadens der deutschen Volkswirtschaft
eigentlich von selbst. Zwischen Gefährdungspotential
und tatsächlichem Versicherungsschutz bestehen
himmelschreiende Mißverhältnisse. Derzeit deckt
der Versicherungsumfang nur 0,01% der möglichen
Schadenssumme von über 5 Billionen EURO ab. So kommt
es, daß an nuklearen Standorten die Autos der
Belegschaft draußen auf dem Parkplatz besser
versichert sind, als die gesamte atomare Anlage! Gerade im
vereinten Deutschland heißt die wichtigste
Energiequelle Energiesparen. Das funktioniert auch ohne
Komfortverlust und bringt bei weniger
Schadstoffausstoß sogar mehr Lebensqualität, das
heißt echten Gewinn! Die Christlichen Demokraten gegen
Atomkraft (CDAK) wurden nach der Reaktorkatastrophe von
Tschernobyl gegründet. Sitz der Organisation ist Mainz.
Zu ihnen gehören Abgeordnete und ehemalige Minister,
Lehrer und Journalisten sowie hauptamtliche Mitarbeiter aus
dem Bereich von Gewerkschaft, Politik und Kirche. Ebenso
sind Naturwissenschaftler und Landwirte, Rechtsanwälte
und Richter, ja sogar Kriminal- und Polizeibeamte vertreten.
Sie haben sich unter dem Motto "Unsere Kinder sollen lachen
und nicht strahlen" zusammengefunden und sind allesamt in
CDU, CSU und deren Vereinigungen organisiert. Der
CDAK-Vorstand unterhält ausgesprochen freundschaftliche
Kontakte zu den in aktiver Gegnerschaft zur Atomenergie
erfolgreichen christdemokratischen Volksparteien als
Schwesterparteien der Union im deutschsprachigen
Ausland.
Angesichts
ihres Gefährdungspotentials und der aus naturgesetzlich
zwingenden Gründen unlösbaren Entsorgung ist die
weitere Nutzung von Atomenergie nicht mehr vertretbar. Wir
sind überzeugte Anhänger und Vertreter der bei
Gründung von CDU und CSU geltenden Grundsätze.
Deshalb rufen wir die Menschen auf, ihre sich jetzt bietende
Chance zu nutzen und durch Engagement auf die Politik der
Union einzuwirken. Die unter SPD-Kanzler Helmut Schmidt
betriebene Politik des nuklearen Größenwahns
durch Unionspolitiker weiter fortzusetzen wäre eine
schwerwiegende Fehlentscheidung. Alle Aufsichtsratsmandate
und Nebentätigkeiten von Politikern in der
Nuklearindustrie sind deshalb offenzulegen.
Wer
jetzt trotzdem noch Atomkraftwerke haben will, soll dies
bitte offen und ehrlich mit den ökonomischen Interessen
der Atomindustrie begründen, aber nicht mit moralischen
Ansprüchen. Atomenergie ist eindeutig
a)
nicht sozialverträglich
b) auch nicht umweltverträglich und
c) schon gar nicht nachweltverträglich.
Die
Union wird ihrem Anspruch, Politik auf der Grundlage des
christlichen Menschenbildes zu machen, nur dann gerecht,
wenn sie umgehend den Ausstieg aus der atomaren Sackgasse
ermöglicht. Deshalb befürworten wir den raschen
Ausbau der Nutzung regenerativer Energieträger
(Biomasse) und eine dezentrale Energieversorgung in
kommunaler Verantwortung. Hierfür bieten sich
insbesondere Blockheizkraftwerke an, da diese mittlerweile
einen Wirkungsgrad von bis zu 95% erreichen. Weiterhin
müssen die Potentiale der Energieeinsparung genutzt
werden. Mittelständischen Unternehmen, die sich auf
Energiespartechnologien spezialisieren, bieten sich dabei
enorme Chancen. Auch die neuen Bundesländer sind wegen
ihrer geographischen Lage idealer Standort für eine
moderne und zukunftsträchtige
Energiepolitik.
Sie
können eine wichtige Pilotfunktion bei der Umgestaltung
des desolaten Energiemarktes in Osteuropa übernehmen,
weil dort die erzielbaren Einspargewinne am
größten sind. Bei dieser Konzeption ergeben sich
mindestens zweihundertmal soviel Arbeitsplätze als die
marode Atomwirtschaft je bieten kann. Schon jetzt brachte
die Installation von Windenergie nur an der deutschen
Nordseeküste soviel Arbeitsplätze wie bei allen am
Netz befindlichen deutschen Atomkraftwerken zusammen
Personen fest angestellt sind. Diese Arbeitsplätze
dürfen, auch im Interesse eines raschen Aufschwungs den
Menschen nicht länger vorenthalten werden.
CHRISTLICHE
DEMOKRATEN GEGEN ATOMKRAFT (CDAK) - BUNDESVERBAND - CDU/CSU
- Mitglieder für die Überwindung der Kernenergie,
Bundesgeschäftsstelle, Postanschrift: Postfach 42 17 13
D - 55072 Mainz, E-Mail Adresse:
CDAK-Mainz@gmx.de
Emanzipation
Humanum,
Version 3. 04, Kritik, Anregungen zu Form und Inhalt, Dialog
sowie unveränderter Nachdruck bei Quellenangabe und
Belegexemplar erwünscht. Übersetzung in andere
Sprachen erwünscht. Kürzungen und Änderungen
nach Absprache möglich.
http://emanzipationhumanum.de/deutsch/atom8.html
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