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Mütter gegen den Krieg e.V., Haselnußweg 16, 99097 Erfurt

 

Offener Brief an den Bundesaußenminister, Herrn Fischer

 

Sehr geehrter Herr Fischer,

mit Interesse verfolgen wir Ihr sehr engagiertes Vorgehen bezüglich der Möglichkeit des sofortigen militärischen Eingreifens bei Menschenrechtsverletzungen, Vertreibungen und Völkermord in anderen Ländern, Ihren Vorstoß, deutsche Soldaten nach Osttimor zu schicken.

Sie schreiben Deutschland / der NATO damit die Rolle eines neutralen, dem Humanismus verpflichteten Richters zu, der aufgrund seiner moralischen Integrität berechtigt sei, sich in eskalierende Situationen mit Waffengewalt einzumischen. Deutsche Soldaten in anderen Ländern kämpfen zu lassen, soll Normalität werden.

Betrachten wir dazu die Situation in Osttimor.

Was gegenwärtig in Osttimor geschieht, ist unbeschreiblich grausam. Alle Medien zeigen erschütternde Bilder. Wieder ist ein Punkt erreicht, an dem vor allem fortgeschrittene und demokratische Länder den Einsatz von Waffengewalt fordern.

Aber wovon Sie nicht reden, worüber Ihre Regierung schweigt, worüber die meisten Medien in Deutschland schweigen, ist die Tatsache, daß die Menschenrechtsverletzungen und der Völkermord in Osttimor mit Waffen erfolgt, die vor allem auch Deutschland - mit Genehmigung der Bundesregierung ! - dorthin geliefert hat.

Gestatten Sie uns gemeinsam einen Rückblick:

Bevor sich die portugiesische Besatzungsmacht 1975 aus Osttimor zurückzog, ließ sie im Juli 1975 Gemeinderatswahlen durchführen mit dem Ergebnis:

FRETILIN ( Für die Unabhängigkeit Osttimors): 55%

UDT ( Föderation mit Portugal): 40%

APODETI ( Anschluß an Indonesien): 5%

10 Tage nach der Proklamation der "Demokratischen Republik Osttimor" überfielen indonesische Truppen am 07.Dezember 1975 das Land. Die Suharto-Diktatur erklärte Osttimor zur 27.Provinz Indonesiens.

"Die neuen Kolonialherren wüteten mit kaum vorstellbarer Grausamkeit: 80.000 Menschen wurden innerhalb von 18 Monaten erschossen oder zu Tode gefoltert, 200.000 Osttimoresen hielt die indonesische Regierung unter unmenschlichen Bedingungen in Lagern fest. Die indonesische Luftwaffe zerstörte systematisch die Felder und Ernten des Landes. Der gesamte Warenaustausch mit dem Ausland wurde unterbunden. Tausende von Menschen starben an Hunger und Seuchen." (Aus einer Dokumentation der "Gesellschaft für bedrohte Völker")

Einer der Höhepunkte dieses Schreckensregimes war das Massaker in der osttimoresischen Hauptstadt Dili im November 1991. Indonesische Soldaten feuerten ohne Warnung in eine friedliche Prozession von etwa 2000 Menschen. Dabei wurden 279 Menschen getötet.

Die UNO und das Europäische Parlament verlangten rückhaltlose Aufklärung von der indonesischen Regierung zum Massaker von Dili. Portugal erklärte diesen Tag zum Nationalen Gedenktag.

Ein Jahr später wurde der Führer des Widerstandes, Xanana Gusmao, verhaftet und in einem Schauprozeß zu 20 Jahren Gefängnis verurteilt. Neutrale Beobachter am Prozeß wurden von der Suharto-Diktatur nicht zugelassen.

Seit der Annexion Osttimors 1975 starben dort rund 200.000 Menschen, ein Viertel der Bevölkerung, durch Erschießungen, Folter, Hunger und Seuchen.

Die UNO-Menschenrechtskommission verurteilte Indonesien am 11.März 1993 wegen der Menschenrechtsverletzungen in Osttimor.

Trotz Völkermord und schweren Menschenrechtsverletzungen erteilte die Bundesregierung Deutschland 1993 Genehmigungen für den Export von Waffen nach Indonesien in Höhe von 228,2 Millionen DM, 1994 von knapp 60 Millionen DM.

Aus den Beständen der NVA wurden 39 z.T. noch mit Waffen ausgerüstete Kriegsschiffe geliefert. Über 50 Menschen wurden 1994 in Djakarta verhaftet, als sie gegen diesen deutschen Import demonstrierten.

Ca. 3 Jahre später wurde von der Bundesregierung die Lieferung von 7 Luftlandepanzern "Wiesel" der Kieler "MaK System Gesellschaft mbH" an Indonesien genehmigt. Die Bundesregierung behauptete, daß "mit hinreichender Sicherheit" davon ausgegangenwerden könne, daß diese Panzer nicht zur Verletzung von Menschenrechten und Grundfreiheiten eingesetzt würden.

Bei ihren Exportentscheidungen stützt sich die Bundesregierung Deutschland auf Zusicherungen von Indonesien, d.h. einer Diktatur, die seit Jahrzehnten permanent schwere Menschenrechtsverletzungen begeht.

Unter dem Hinweis auf die übliche Vertraulichkeit bei Rüstungslieferungen verweigerte die Bundesregierung jegliche Auskunft über die Ausrüstung der Kleinpanzer. Fakt ist jedoch, daß bei der gewaltsamen Niederschlagung friedlicher Demonstrationen immer wieder gepanzerte Fahrzeuge zum Einsatz kommen.

Indonesien ist der bedeutendste Abnehmer deutscher Rüstungsgüter in Südostasien. Schnellboote, Hubschrauber, U-Boote, Landungsschiffe, Militärlastwagen, Minenräumer, Torpedos und Munition gehören u.a. dazu.

Mit deutscher Hilfe wurde in Indonesien eine bedeutende Rüstungsindustrie aufgebaut, die zahlreiche deutsche Rüstungsgüter in Lizenz herstellt.

Somit ist die Bundesregierung Deutschland, die aus Menschenliebe und Gründen der Humanität Bomben auf Jugoslawien warf (wohin sie in den vorangegangenen Jahren ebenfalls Waffenlieferungen geleistet hat), auch Handlanger des indonesischen Völkermordes geworden.

Aber auch die USA, die seit 1945, nach Hiroshima und Nagasaki, ca. 18 Länder im Namen der Menschlichkeit z.T. wiederholt und jahrelang bombardiert haben, lieferten seit dem Beginn des Völkermordes 1975 Waffen im Wert von 1,1 Milliarden Dollar an Indonesien (nach einer Studie des New Yorker Wall Policy Institute).

Das Europaparlament verabschiedete zwischen 1986 und 1997 16 Resolutionen zur Lage in den von Indonesien besetzten Territorien. Die europäischen Staaten wurden darin aufgefordert, keine Rüstungsgüter nach Indonesien zu exportieren. "Der Appell verhallte ungehört, wie die prall gefüllten Orderbücher europäischer Rüstungsunternehmen belegen."

Was Sie verschweigen, Herr Minister:

Kriege, Menschenrechtsvergehen und Völkermord stehen am Ende einer meist langen Entwicklung. Sie wachsen, werden vielfältig genährt und gefördert - bis zur Eskalation. Sowohl nach Jugoslawien als auch nach Indonesien hat Deutschland im Vorfeld die Mittel zum Krieg und zum Völkermord geliefert!

Wofür Sie sich engagieren sollten, Herr Minister:

Verhinderung von Kriegen, bevor sie ausbrechen. Keine Waffenexporte mehr von deutschem Boden, von deutschen Firmen aus!

Sie sollten sich dabei bewußt sein, daß Deutschland aufgrund seiner "Zuarbeit" zu diesem Völkermord das moralische Recht verloren hat, das Wort "humanitäre Hilfe" überhaupt in den Mund zu nehmen.

Denn:

"Für Menschenrechtsverletzungen verantwortlich sind nicht allein diejenigen, die sie begehen, sondern auch diejenigen, die ihnen die Mittel dafür zur Verfügung stellen."("amnesty international")

 

Zu diesem Beitrag wurden verschiedene Dokumentationen verwendet, vor allem von der "Gesellschaft für bedrohte Völker" und "amnesty international".

Dr.Hellena Horst, Elfi Langheinrich, Dr.Rosemarie Lencer, Ilona Rothe, Margarethe Steinhäuser, Dr.Steffen Beyersdorfer

"Mütter gegen den Krieg" e.V.

Erfurt, Berlin den 24.09.1999, Mütter gegen den Krieg e.V., Erfurt

 

Aufruf zu einer Aktion:

Schluß mit dem Krieg in Tschetschenien

Wir wenden und mit diesem Aufruf an alle Mütter, Väter, junge Leute und alte Menschen. Wenn es Ihnen genauso ergeht wie uns, daß Sie es nicht mehr ertragen können, daß nun schon wieder Frauen und Kinder von Bomben getötet werden, wenn Sie - wie wir - diese fürchterlichen Bilder nicht mehr ertragen können, dann lassen Sie uns gemeinsam und sehr schnell etwas gegen diesen Krieg tun.

Man muß kein Historiker, Wirtschaftsexperte oder Politiker sein, um zu shene, daß das, was da in Tschetscheniengeschieht, Wahnsinn ist. Mit fadenscheinigen Begründungen werden Raketen auf Städte gerichtet. Wieder sehen wir massenhaft Verletzte in Krankenhäusern ohne Wasser, Strom und Medikamente. Gleichgültig, welcher Art die Interessen sind, aus denen heraus dieser Krieg geschürt wird, wir fordern, daß er unverzüglich beendet wird.

Aufgrund der schlechten, perspektivlosen Lage der Jugendlichen in Rußland und Tschetschenien ist es leicht, junge Menschen für Kriege zu gewinnen. Doch weder russische noch tschetschenische jungen Menschen sollen sterben.

Bitte, fordern Sie mit uns gemeinsam: Schluß mit dem Krieg! Sofort Verhandlungen. Senden Sie bitte Ihren persönlichen Brief oder Briefe mit mehreren Unterschriften so schnell wie möglich an die russische Botschaft, denn jeder Tag Krieg bedeutet Leid und die unwiederbringliche Vernichtung von Leben.

Botschaft der Russischen Föderation, Unter den Linden 63-65, 10117 Berlin, Tel.: 030/2291110

gez. Ilona Rothe, im Namen der Vereinigung "Mütter gegen den Krieg" e.V., Erfurt, den 23.10.1999

Anschrift: Haselnußweg 18, 99097 Erfurt

 

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Emanzipation Humanum, Version 3.10.99, Kritik, Anregungen zu Form und Inhalt, Dialog sowie unveränderter Nachdruck bei Quellenangabe und Belegexemplar erwünscht. Übersetzung in andere Sprachen erwünscht. Kürzungen und Änderungen nach Absprache möglich.

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