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Während die US-Doktrin der "Nationalen Sicherheit" seit Jahrzehnten die Welt verunsichert, schickt sich deren Nachfolgedoktrin vom "Krieg gegen den Terror" jetzt an, jeglichen jemals errungenen sozialen Fortschritt zu zerstören. Der US Neototalitarismus bedroht die Freiheit und den Frieden.

US-Justizminister John Ashcroft ließ kurz nach Amtsantritt der Statue der Justitia in seinem Ministerium einen Brokatumhang verpassen, da er sich von deren nackten Brüsten irritiert fühlte.

Am 5.2. 03 wurde anläßlich der Pressekonferenz von Chef-Waffeninspektor Hans Blix und US-Außenminister Colin Powell im Vorraum zum Sitzungssaal des UN-Sicherheitsrats der Weltöffentlichkeit der Blick auf Picassos bildhaften Aufschrei gegen Krieg verhängt. Offensichtlich ist das schlechte Gewissen der Akteure auf der Bühne der Kriegsvorbereitungen präsent genug, um ihnen ihre eigene Widersprüchlichkeit und Verlogenheit deutlich werden zu lassen.

Die Symbolik beider Verhüllungen spricht für sich. Wie lange noch können wir es uns erlauben, die Welt von Psychopathen regieren zu lassen?

Leicht gekürzte Fassung eines offenen Briefes, der in der (28.2.) Freitags-Ausgabe der „New York Times" erschien - aus der SZ vom 1.3. - Übersetzung von Jörg Häntzschel. Die zur Schau getragene Scham deutscher Politiker, speziell auch die der CDU Vorsitzenden, bekommt hier ihre spezielle 'Würze'!

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Wir verraten das amerikanische Volk

Offener Brief des US-Diplomaten John Kiesling an Colin Powell

Sehr geehrter Herr Außenminister, hiermit erkläre ich meinen Rücktritt vom diplomatischen Dienst der Vereinigten Staaten und von meinem Amt als politischer Berater in der amerikanischen Botschaft in Athen. Es ist ein Schritt, der mir sehr schwer fällt.

Bis zur Amtsübernahme der gegenwärtigen Regierung glaubte ich daran, dass ich mit der Politik des Präsidenten auch die Interessen des amerikanischen Volks vertrat. Daran glaube ich nicht mehr.

Unsere Politik ist nicht nur unvereinbar mit amerikanischen Werten, sondern auch mit amerikanischen Interessen. Mit unserem unermüdlichen Drängen auf einen Krieg gegen den Irak verspielen wir die internationale Reputation, die seit Woodrow Wilson Amerikas wirksamste Waffe war. Wir sind dabei, das weitreichendste und effektivste Netzwerk internationaler Beziehungen zu zerstören, das es je gab. Unser Kurs wird zu mehr Instabilität und Gefahr führen, nicht zu mehr Sicherheit.

Die Opferung globaler zugunsten innenpolitischer Interessen ist nicht neu und sicherlich kein spezifisch amerikanisches Problem. Dennoch: Seit dem Vietnamkrieg gab es keine so systematische Verzerrung nachrichtendienstlicher Erkenntnisse, keine so systematische Manipulation der öffentlichen Meinung mehr.

Die Tragödie vom 11. September hat uns stärker denn je gemacht. Eine riesige internationale Allianz stand uns zur Seite, um mit uns gegen den Terrorismus vorzugehen. Doch statt darauf zu bauen, machte die Regierung den Terrorismus zum Werkzeug der Innenpolitik. Wir haben Verunsicherung und übertriebene Furcht in das kollektive Bewusstsein gepflanzt, indem wir Terrorismus und Irak, zwei Probleme, die nichts miteinander zu tun haben, verknüpften. Das Ergebnis, vielleicht auch das Ziel dieser Politik ist eine Umschichtung des schrumpfenden Staatsvermögens zugunsten des Militärhaushalts und die Erosion jener Der 11. September hat das Gewebe der amerikanischen Gesellschaft weniger stark beschädigt als wir selbst in dessen Folge. Sollen wir uns wirklich das Russland der Romanows zum Vorbild nehmen, ein egoistisches, abergläubisches Regime, das im Namen eines gefährdeten Status Quo der Selbstzerstörung entgegen jagte?

Wir sollten uns fragen, warum es uns nicht gelungen ist, die Welt davon zu überzeugen, dass ein Krieg gegen den Irak notwendig ist. Nach welchem Vorbild wollen wir den Mittleren Osten wiederaufbauen? Sind wir wirklich taub geworden, so wie Russland in Tschetschenien und Israel in den besetzten Gebieten - taub für unseren eigenen Rat, dass überwältigende militärische Macht nicht die Antwort auf Terrorismus sein kann?

Wir haben noch immer viele Freunde. Ihre Loyalität ist beeindruckend, sie ist ein Tribut an das moralische Kapital, das Amerika ein Jahrhundert lang gesammelt hat. Doch Loyalität beruht auf Gegenseitigkeit. Warum duldet unser Präsident die Verächtlichkeit, die einige der höchstrangigen Mitglieder dieser Regierung unseren Freunden gegenüber an den Tag legen? Ist „oderint dum metuant" unser Motto geworden?

Ich appelliere an Sie, Amerikas Freunden zuzuhören. Wenn unsere Freunde mehr Angst vor uns als um uns haben, sollten wir beginnen, uns Sorgen zu machen. Wer wird sie davon überzeugen, dass die Vereinigten Staaten auch weiterhin ein Verfechter von Freiheit, Sicherheit und Gerechtigkeit sind?

Herr Minister, ich habe größten Respekt für Ihren Charakter und Ihre Fähigkeiten. Sie haben uns mehr internationale Glaubwürdigkeit gesichert, als unsere Politik verdient. Aber Ihre Treue zum Präsidenten geht zu weit. Ich trete zurück, weil ich es mit meinem Gewissen nicht länger vereinbaren kann, diese Regierung zu vertreten. Ich bin aber zuversichtlich, dass der demokratische Prozess Fehler selbst korrigiert,und hoffe, in Zukunft von außen zu einer Politik beitragen zu können, die der Sicherheit und dem Wohlstand des amerikanischen Volkes und der Welt eher dient.


Reden von Conrad Schuhler auf Kundgebungen "Aufstehen für den Frieden - Nein zum Krieg gegen den Irak" am 7. und 15.3. 2003, organisiert von München-gegen-Krieg http://muenchen-gegen-krieg.de

Die US-Aggression gegen den Irak

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Wir alle wissen, wir stehen am Vorabend der Aggression der USA gegen den Irak. 300.000 Mann mit modernstem Kriegsgerät, einschließlich atomarer Waffen, stehen an diesem Wochenende rund um die Grenzen des Iraks, viele schon mitten im Land. Bisher sterben, seit 12 Jahren, jeden Tag rund 200 Kinder im Irak an den Folgen des Embargos. Wenn der Feuerüberfall kommt - innerhalb von 48 Stunden sollen die Zentren des Landes völlig lahm gelegt und Staudämme, Energiewerke, Transportsysteme, Verwaltungszentralen zerstört sein - dann wird der von den USA geforderte Blutzoll nach oben schießen. Die Schätzungen schwanken zwischen 35.000 und 500.000 Opfern. Die UN richten bereits Zeltplätze für 600.000 Flüchtlinge ein. Das Zweistromland wird zum Sarg für Hunderttausende eines Volkes, dessen Mehrheit jünger ist als 18 Jahre.

Die USA werden diesen Krieg auf jeden Fall führen, hat Präsident Bush gestern Abend wieder bekräftigt. Wenn die UN mitmachen, dann mit den UN; wenn nicht, dann ohne sie. Die USA führen diesen Krieg gegen der Mehrheit in den Völkern, gegen die Mehrheit der Regierungen. Sie kümmern sich einen Dreck um Völkerrecht und Verträge, für sie gilt nur das Recht des Stärkeren, das Diktat der Supermacht.

Aber, und damit haben die Kriegstreiber im Weißen Haus nicht gerechnet, es ist in den letzten Monaten eine zweite Supermacht entstanden, und das ist die Meinung der Weltöffentlichkeit, das ist die Kraft der internationalen Friedensbewegung. Am 15. Februar haben 11 Millionen Menschen rund um den Globus demonstriert. Diese Bewegung hat den Zeitplan zum Krieg durcheinander gebracht. Sie hat den politischen Preis für die Aggressoren in Washington und London immer weiter in die Höhe getrieben. Ohne die Aktionen der Friedensbewegung läge Bagdad schon in Schutt und Asche - gäbe es nicht diesen politischen Widerstand europäischer Regierungen - wären unsere Medien noch auf dem Kriegstrip, den sie seit dem Afghanistan-Krieg verfolgt hatten. Und diese Friedensbewegung, zu der wir uns zählen, wird nicht aufhören, sich dem Kriegstreiben der US-Regierung entgegenzustellen. Wir akzeptieren keine Automatik, man könne nicht mehr zurück, sonst verlöre man das Gesicht. Wir sagen: Lieber verlieren die Kriegspolitiker in den USA ihr Gesicht als Hunderttausende im Irak ihre Leben!

Mit all ihren Behauptungen, warum ein Präventivkrieg gegen den Irak notwendig sei, hat die US-Regierung Schiffbruch erlitten. Zunächst ging es um die angebliche Verbindung des Irak zu Terrororganisationen. Alles, was die US-Geheimdienste vorlegten, erwies sich als Fälschung. Erinnern wir uns an den Höhepunkt dieser Kampagne, ein Tonband, auf dem angeblich Bin Laden Saddam Hussein seiner Solidarität versichert. Außenminister Powell präsentierte das Band der Weltöffentlichkeit als erster, Stunden bevor der arabische Fernsehsender Al Dschassira, die angebliche Quelle, das Band zugespielt bekam. Der groß angekündigte Terror-Nachweis ist seitdem in der Versenkung verschwunden.

Die nächste Kriegslüge war, der Irak bedrohe mit Massenvernichtungsmitteln seine Nachbarn. Der Chef der Atomwaffeninspekteure hat dem Irak bescheinigt, dass keine Nuklearwaffen im Land existieren. Auch biochemische Waffen wurden keine gefunden, und Hans Blix, der Leiter der 250 Inspektoren, hat heute wieder bestätigt, dass der Irak kooperiert und tatsächliche Abrüstungsschritte unternimmt. Man muss sich vor Augen halten, vor welchem Hintergrund der Irak dies leistet: Die USA erklären, wir greifen den Irak so oder so an, wir vernichten Euch mit einem Blitzschlag, und derweil erkunden die Inspektoren alle sensiblen Orte des Landes, vernichten Mittelstreckenraketen, ja machen den Irak wehrlos gegenüber der angedrohten Aggression. Wenn ein Land dazu bereit ist, dann will es die Waffen strecken, dann lässt es seine Entwaffnung auf friedlichem Wege zu, dann steht der US-Aggressor dar als das, was er ist: ein gemeingefährlicher Barbar.

In dieser Lage haben sich die USA ein neues Motto für den Krieg einfallen lassen: Saddam, das Regime muss weg, damit wir aus dem Irak eine Musterdemokratie machen können, die Modell ist für die ganze Region. Da fragen wir: Wenn es den USA um Demokratie geht, warum haben sie dann nicht längst damit begonnen in den Ländern der Region, die sie seit Jahrzehnten kontrollieren. Wie Saudi-Arabien, wie Kuweit, wie die Emirate, wie Bahrain, wie Ägypten? Warum fangen sie übrigens nicht im eigenen land damit an, denn George W. Bush sitzt illegalerweise im Weißen Haus. Nur weil sein Bruder Jeb Bush, der Gouverneur von Florida, die Wahlen in seinem Bundesstaat gefälscht hat, kam Bush auf die Mehrheit der Wahlmänner. Jeder in den USA weiß das - ein illegaler Präsident, der seine Art von Demokratie auch noch exportieren will.

Nein - die Wahrheit ist, die USA wollen diesen Krieg, weil sie die Ressource Öl als Fundament ihrer Weltherrschaft sichern wollen. Die USA leben heute schon zu einem guten Teil vom Rest der Welt. Das Leistungsbilanzdefizit beträgt 550 Milliarden Dollar - die Welt bezahlt mit Kapitalimporten Jahr für Jahr über 5% des Lebensstandards der USA. In 10 Jahren haben die USA kein eigenes Öl mehr, aber auf sie entfällt mehr als ein Viertel des Weltölverbrauchs. Müssten sie in Zukunft ihren Ölanteil in einer fremden Währung importieren, dann kämen jährlich Hunderte Milliarden $ an Defizit dazu. Die USA wären in der wichtigsten aller Ressourcen vom Ausland abhängig und sie wären in absehbarer Zeit zahlungsunfähig.

Der „Jahrhundertkrieg gegen den Terror" dreht sich um die Sicherung der globalen Ressourcen - der Rohstoffe, der Menschen, der Märkte, der Transportwege. Und wir stehen jetzt an der Wendemarke, ob die USA mit einem gelungenen Irak-Krieg das Tor aufstoßen zu dieser Welt: mit Präventivkriegen, wenn nötig, unter Einsatz von Atomwaffen, die Welt untertan zu machen. Dazu sind die USA entschlossen - sie haben dies im September letzten Jahres in ihrer „Nationalen Sicherheitsstrategie" vor aller Welt verkündet: sie wollen den Moment ihrer Überlegenheit nutzen, „ die Hoffnung von Demokratie, Entwicklung, freiem Markt und freiem Handel in jeden Winkel der Erde zu bringen".

Kommen Sie damit im Irak durch, haben wir das Modell für die nächsten Aggressionen. Syrien und Iran, Schurkenstaaten auch sie, grenzen an den Irak. Venezuela, ein Ölland, verhält sich nicht botmäßig. In Saudi-Arabien und auf den Philippinen wächst der Widerstand gegen die von den USA ausgehaltenen politischen Eliten. Viel Handlungsbedarf für den Hegemon, für seine Eingreiftruppen und seine Atomwaffen. Wobei sich gerade die Spirale der Nuklearbewaffnung nach oben drehen wird. Jedes Land, das sich von den USA bedroht fühlt, wird mit aller Kraft nach Atomwaffen streben, scheinen sie doch die einzige Gewähr, nicht sofort per Blitzkrieg erledigt zu werden. Neben die Intensivierung des weltweiten Terrorismus tritt die akute Gefahr verheerender Atomkriege.

Wer diese Zukunft nicht will, muss sich aufbäumen gegen die Irak-Aggression. Wenn die USA trotz allem internationalen Widerstand ihren Militärschlag doch ausführen, dann müssen wir alles daran setzen, dass alle Kriegsaktionen sofort eingestellt werden, dass die US-Armee aus dem Land verschwindet, dass die politischen und militärischen Institutionen der USA auf der ganzen Welt zum Paria der Weltgemeinschaft werden, sie haben sich dann selbst ausgeschlossen aus dem Raum, wo Völkerrecht und zivile Regeln des Zusammenlebens gelten. Der Irak muss dann zum Vietnam unserer Zeit werden: zu einem Beispiel, dass die Supermacht der Waffen von der Supermacht eines globalen Friedenswillen in die Schranken gewiesen werden kann.

Weil so viel, so Entscheidendes auf dem Spiel steht, begrüßen und unterstützen wir die Haltung der deutschen Regierung, sich im Sicherheitsrat der UN gegen jede den Krieg legitimierende Resolution zu wenden. Wir wissen sehr wohl, welche Verantwortung die Berliner Regierung für die jetzige Entwicklung trägt. Es war Bundeskanzler Schröder, der von der notwendigen „Enttabuisierung des Militärischen" sprach, es war die Rot-Grüne Regierung, die den Angriffskrieg auf Jugoslawien gegen die Verfassung, gegen das Völkerrecht und ohne UN-Ermächtigung durchsetzte. Wenn sie jetzt einsieht, dass die „uneingeschränkte Solidarität" mit den USA, wie noch zu Zeiten des Kriegs gegen Afghanistan beschworen, ins Desaster führt, dann halten wir dies für einen gewaltigen Fortschritt. Wir fordern dann aber Konsequenz: Wenn der Krieg der USA falsch ist, wieso unterstützt ihn dann die Bundesregierung in der Sache? Wieso wurden dann Patriot-Raketen an Israel und die Türkei geliefert? Wieso markieren dann deutsche Soldaten in den Awacs-Flugzeugen Angriffsziele im Irak? Wieso stehen dann deutsche Panzer in Kuweit bereit, um den US-Truppen zu Hilfe zu kommen? Wieso fährt dann die deutsche Marine am Horn von Afrika Geleitschutz für die Truppenverbände der USA? Wieso können die USA unser Land nutzen als wichtigste Drehscheibe ihrer Logistik beim Aufmarsch gegen den Irak?

Die deutsche Politik - von der 5. Kolonne der Bush-Regierung in unserem Land, der CDU/CSU, nicht zu reden - ist halbherzig und widersprüchlich. In der Hauptsache jedoch, der Isolierung der Kriegsposition der USA, verstärkt sie das Gewicht der Friedensbewegung. Wie sich Berlin, Paris oder auch Washington in den nächsten Tagen und Wochen verhalten wird, wird aber nicht vom Klima in den Hinterzimmern der Diplomatie abhängen, auch nicht vom Getöse der Waffen auf dem Schlachtfeld, sondern vor allem von einem Faktor: von der Friedensbewegung. Wir waren 11 Millionen am 15. Februar, wir können viele Millionen mehr sein am 15. März. Wenn die USA die Welt in die Katastrophe stürzen wollen, dann kann diese Welt nicht tatenlos zusehen dabei. Wir müssen die Welt anhalten - mit Kundgebungen und zivilem Ungehorsam, mit Streiks und Boykotts aller Kriegstreiber, solcher aus dem Ausland und aus dem eigenen Land. Bush hat nicht nur dem Irak, er hat uns allen den Krieg erklärt. Setzen wir uns zur Wehr.

Irak-Krieg, Rede vom 15.3. 2003

Man sagt bisweilen, Bush und seine Leute seien die Cowboys der Weltpolitik, das sind sie aber keineswegs. Sie sind nichts anderes als internationale Outlaws, eine Gang, der Recht gar nichts und Feuerkraft alles gilt. Die nun nach Gangstermanier sich im Irak den Weg frei schießt und damit die Fundamente der internationalen Ordnung zertrümmert.

Denn die Charta der Vereinten Nationen verlangt für ein militärisches Eingreifen, dass erstens eine Bedrohung oder ein Bruch des Friedens oder eine Angriffshandlung vorliegt, für dessen Abwehr zweitens friedliche Sanktionsmaßnahmen nicht ausreichen. Beide Voraussetzungen liegen im Fall des Irak nicht vor. Ein Angriff auf den Irak wäre auch dann völkerrechtswidrig, wenn sich die USA endlich eine Mehrheit in den UN zusammengekauft hätten. Der Irak stellt, sagen die UN-Inspektoren bekanntlich, keine Bedrohung für den Weltfrieden dar.

Nein, die Bedrohung für den Frieden in der Region und der Welt geht nicht vom Irak aus &endash; vielmehr rührt sie von der US-Regierung. Die USA haben einen jährlichen Rüstungsetat, der über 300 mal höher ist als der des Iraks. Sie wollen in den ersten 48 Stunden 3000 Cruise Missiles auf Bagdad abfeuern, die bei ihrer Explosion Hitzewellen bis zu 3000 Grad Celsius entwickeln. Was die USA hier planen, nämlich mit einem gigantischen Feuerüberfall einen totalen Blackout des Landes herbeizuführen, ist ein Kriegsverbrechen der höchsten Größenordnung. Kein Energienetz, kein Krankenhaus, kein Wassersystem, keine Kommunikationslinien werden mehr funktionieren. In Bagdad leben 6 Millionen Menschen. Die Hälfte davon ist jünger als 15 Jahre. In ihrem letzten Irak-Krieg haben die US-Streitkräfte 205.000 Iraker getötet, darunter 150.000 Zivilisten, allein 5000 Kinder, die jünger waren als fünf Monate. Dieses Mal werden sie die alten Marken weit übertreffen. Die UN rechnen mit bis zu 5 Millionen Obdachlosen und Flüchtlingen, die internationalen Ärzte gegen den Atomkrieg erwarten bei einem konventionellen Krieg 500.000 Tote, beim angedrohten Einsatz von Atomwaffen 3,9 Millionen Opfer.

Warum dieser so ruchlos betriebene Massenmord? Zunächst mal ist klar: Wenn das mächtigste Land der Erde, das mehr als ein Viertel des jährlichen Weltölverbrauchs an sich reißt, ein kleines Land überfällt, das die zweitgrößten Ölreserven der Welt besitzt, womit darf dann der Überfall auf keinen Fall etwas zu tun haben? Mit Öl natürlich. Sondern, so die jüngste Version aus dem Weißen Haus, mit der Ausbreitung von Demokratie. Um welche Art von Demokratie es sich handelt, hat der Staatssekretär im Außenministerium, Mark Grosman, bei einer Anhörung vor dem US-Senat erläutert. Die USA, so führte er aus, beabsichtigen, nach dem Krieg einen US-Militärgouverneur einzusetzen, der beraten wird von einer von Washington eingesetzten irakischen Beratergruppe. Und dann wörtlich: „ Wir werden den Irakern zuhören, was sie uns zu sagen haben. Natürlich aber wird die US-Regierung ihre Entscheidungen darauf gründen, was das nationale Interesse der US ist."

Natürlich geht es also um Öl. Die USA haben ein jährliches Handelsbilanzdefizit von 550 Milliarden Dollar, fast drei Viertel davon entfallen auf die Einfuhr von Öl. Sie können sich dieses Defizit nur leisten, weil der Rest der Welt ihnen jährlich im selben Umfang Kredite gibt, Kapital in die USA exportiert. Die Schuldenlast der USA beträgt sagenhafte 31 Billionen Dollar, das Dreifache des BIP. In zehn Jahren, wenn die USA über keine eigenen Ölvorkommen mehr verfügen, würden sich die jährlichen Defizite allein wegen der steigenden Ölimporte mehr als verdoppeln. Müssten die USA dies in einer fremden Währung bezahlen, wären sie sofort pleite. Deshalb ist es das Überlebensinteresse Nr. 1 des US-Imperialismus, die Ölvorkommen der Welt zu kontrollieren. Deshalb stehen US-Streitkräfte überall in der öl- und gasreichsten Region der Erde zwischen Kaspischem Meer und Persischem Golf, deshalb soll nun das Ölland Irak besetzt werden, deshalb ist das folgende Ziel, der Ölstaat Iran, schon festgelegt.

Jedermann muss also wissen, dass es beim Aufmarsch rund um den Irak nicht um eine „Drohkulisse" geht, sondern um die definitive und effektive Vorbereitung eines völkerrechtswidrigen Krieges. Wenn dies aber die Wahrheit ist, wie kann dann die deutsche Regierung die Vorbereitung dieses angekündigten Kriegsverbrechens nach Kräften unterstützen? Wieso gewährt sie nicht nur Überflugrechte, sondern lässt unser Land zur wichtigsten logistischen Drehscheibe der US-Aggressoren werden? Wieso fährt die deutsche Marine am Horn von Afrika Geleitschutz für die US-Verbände auf ihrem Weg zum Kriegseinsatz? Wieso markieren deutsche Soldaten in Awacs-Fliegern Ziele für die US-Luftwaffe im Irak? Wieso liefert Berlin Patriot-Raketen nach Israel und in die Türkei?

Wir begrüßen die Haltung der deutschen Regierung, sich im Sicherheitsrat der UN gegen eine Legitimation des US-Krieges zu stellen. Aber wir stellen auch fest: Wenn die Argumente in New York wirklich ernst gemeint sind, dass ein Krieg nicht nur falsch, sondern eine Katastrophe wäre, dann ist das Verhalten Deutschlands als zuverlässiger Komplize der Kriegsvorbereitung ein unerträglicher Widerspruch, ein politischer Skandal.

Die rot-grüne Regierung trägt ohnehin eine große Verantwortung für das Verhalten der USA. Im Kosovo und in Afghanistan hat Berlin an völkerrechtswidrigen, von keiner UN-Resolution gedeckten Angriffskriegen aktiv teilgenommen. Kanzler Schröder hat den widerstrebenden USA im Fall Afghanistan deutsche Truppen geradezu aufgedrängt. Voller Genugtuung sprach Schröder damals von der „Enttabuisierung des Militärischen". Wir haben, sagte er, „ die deutsche Außen- und Sicherheitspolitik in drei Jahren fundamental verändert." Von der Landesverteidigung über Militäreinsätze in Europa zur „Intervention auch außerhalb Europas. Man muss nur auf die Ergebnisse schauen und sich fragen, ob eine andere politische Konstellation in so kurzer Zeit so fundamentale Veränderungen durchgesetzt hätte." Sicher nicht, Rot-Grün war notwendig, um Angriffskriege überall auf der Welt in Deutschland hoffähig zu machen. Nun hat die Bundesregierung festgestellt, dass die Neuordnung der Welt mit Militärgewalt sie zu einem bedeutungslosen Vasallen des Militärhegemons USA machen würde. Deshalb entwickelt sie mit den anderen unwilligen Vasallen Frankreich, Russland u.a. ein Konzept der globalen Kontrolle durch Mittel der Politik und Diplomatie. Aber sie will beim Hegemon eine Rückversicherung haben, es sich nicht vollends verscherzen mit der Supermacht, deshalb ihr Mitwirken bei der Vorbereitung der Aggression. Sie trägt auf beiden Schultern.

Meine Damen und Herren, wenn wir uns als Friedensbewegung ernst nehmen wollen, dann müssen wir diese schändliche Kooperation heute schon anprangern, nicht warten, bis die 3000 Cruise Missiles den Irak, wie Bush sagte, blind, taub und stumm gemacht haben. Wahr ist: Die US-Regierung entpuppt sich als Feind der Menschheit. Wahr ist aber auch: Sie wird von politischen und wirtschaftlichen Kräften in unserem Land dabei unterstützt. Es ist die Verantwortung der deutschen Friedensbewegung, dies nicht länger zuzulassen.


Ostermarsch 19.4. 2003, München

Frieden und Gerechtigkeit für alle Völker - Nein zum Krieg

Der Krieg gegen den Irak empört uns. Vergessen wir aber nicht die anderen Kriege und Krisenherde weltweit. Vergessen wir auch nicht unsere Vision von einer besseren Welt!

Eine Stimme, die niemals stirbt

Ein unbequemer, provozierender Bürger Palästinas erhebt seine Stimme und prangert Habgier, Rücksichtslosigkeit und Brutalität an. Das herrschende Establishment bringt ihn rücksichtslos und brutal zum Schweigen. Man legt seine Leiche in eine Höhle und schiebt einen schweren Stein davor. Doch der unbequeme Provokateur tritt wieder ins Freie, und wir vernehmen seine Stimme bis auf den heutigen Tag.

Eine Interpretation der 2000-jährigen Ostergeschichte besagt, dass die Stimme, die nach einer besseren Welt verlangt, niemals sterben wird, auch wenn man sie Tag für Tag zu ersticken versucht. Die bessere Welt ist für uns eine, in der die Menschen verstehen, dass es ihnen nur dann gut geht, wenn es auch ihren Mitmenschen gut geht; sie ist eine Welt der Solidarität, des Miteinander und der Achtung vor der Natur und Umwelt. Sie ist eine Welt, die aus liebevoller Einsicht ihre Möglichkeiten für zukünftige Generationen bewahrt. Sie ist unser Gegenmodell zu jener „neoliberalen" Ideologie, die Glück verspricht, doch Opfer fordert. Denn wachsender Reichtum einer schrumpfenden Zahl geschieht auf Kosten der Verarmung immer breiterer Bevölkerungskreise, von der Naturzerstörung ganz zu schweigen.

Gemeinsam statt gegeneinander

Es wird keine friedliche Welt entstehen, wenn den Menschen immer wieder eingebläut wird, dass nur „Wettbewerb" ihr Zusammenleben regeln kann. Es wird keine friedliche Welt auf dem Boden eines militärischen „Wettrüstens" Europas mit den USA wachsen. Es wird keine friedliche Welt geben, wenn das Recht auf Verteidigung zum Unrecht des prä-emptiven Kriegs umdefiniert wird. Hier geht es nur noch um das Sichern der Vorherrschaft durch Krieg. Eines eindeutigen Erstschlag-Krieges von einer bewußt geplanten, nicht mehr zu überbietenden Destruktivität, die militärische und wirtschaftliche Kontrolle der USA über diese Länder sichern soll.

Die sich hier entlarvende aggressive Strategie der Erhaltung einer "globalen Wertschöpfungskette" zeugt von einer neuartigen Perversion, die uns dazu herausfordert, sich ihr entschieden entgegenzustellen.

Es wird solange keine friedliche Welt geben, solange alle Versuche, das Ausleben patriarchaler und tatsächlich wahnsinnig gewordener Gewaltphantasien zu überwinden, als realitätsferne Utopie verspottet und von der Staatsmacht und ihren Helfershelfern in der Presse und anderswo vereitelt werden.

Die Lüge entlarven

Gerade jetzt zeigt sich, wie realitätsfern jene „Utopie" ist, die davon ausgeht, man könne auf dem Balkan, in Afghanistan, im Nahen Osten und sonstwo auf der Welt durch Krieg Konflikte lösen. Nach dem Krieg sind diese Gebiete erst recht gekennzeichnet durch Armut, Ungerechtigkeit und kriegsbedingte Verseuchung, - nur sind diese elenden und trostlosen Zustände jetzt keine Schlagzeilen mehr wert.

Im Gegenteil: Die Schlagzeilen berichten bereits vom nächsten Krisenherd. Er wird zur Befriedigung der unersättlichen Gier des militärisch-industriellen-Politkomplexes über geheimdienstliche Intrigen zum Dauer-Krieg eines grenzenlos gewordenen Kapitalismus gegen die Menschlichkeit inszeniert wird. Diese Globalisierung denkt ausschließlich in den Kategorien des Marktes: Ware und Profit. Die oberste Maxime "Rentabilität" kann nur dadurch funktionieren, dass die Menschen durch die Medien manipuliert, verwirrt und mit Sinnlosigkeit beschäftigt weden. Sie sollen den permanenten Betrug an der Unversehrtheit ihrer körperlichen und geistigen Gesundheit nicht mehr wahrnehmen. In der Peripherie sieht es noch brutaler aus.

Hier herrscht die nackte Gewalt. Die Opfer werden einerseits als Flüchtlinge kriminalisiert und andererseits nicht mehr wahrgenommen. Wer weiß z.B. um die 3 Millonen Toten der jüngsten Kriege auf dem afrikanischen Kontinent?

Wahre Menschlichkeit überwindet den Wahnsinn!

Verweigern wir uns diesem längst überholten Gesellschaftskonzept, das nur auf menschlicher Erniedrigung, auf Tod und Zerstörung der Umwelt wachsen kann. Widerstehen wir der zynischen Machtpolitik derer, die auf Kosten anderer leben.

Setzen wir der Normalität des Wahnsinns eine Menschlichkeit entgegen, die bestehende Konflikte von ihren ursächlichen Bedingungen her zu lösen sucht. Eine Menschlichkeit, die Ängste und Befürchtungen der Gegenseite ernst nimmt. Und die im Bewußtsein unserer Verantwortung für allseitiges Wohlergehen auf der Basis sozialer wie ökologischer Gerechtigkeit Frieden sät und daher eine gute Gegenwart und Zukunft erntet.

In diesem Sinne - angesichts des Krieges, haben wir Mut zur Wahrheit und Mut zur Veränderung, auch von uns selbst!

Münchner Friedensbündnis und Friedensbüro e.V.


Naiv sind eher die Kritiker des 15.2.

Von Victor Grossman, New York und Berlin

Es ist von einigen Leuten, darunter sehr geschätzten wie Lea Rosh und Ralf Giordano, Kritik an der Demonstration vom 15. Februar geübt worden. Sie meinen, dass die Friedensbewegung naive oder böswillige Elemente des Antiamerikanismus und Antisemitismus enthalte. Nun, ich bin Amerikaner und ich bin auch Jude. Ob ich mit meinen 75 Jahren noch naiv bin, mögen andere beurteilen. Doch nachdem ich an der Demonstration vom 15. Februar teilnahm, finde ich, dass Naivität - Böswilligkeit möchte ich nicht unterstellen - eher bei den Kritikern zu finden ist als bei den Demonstranten.

Es wäre an der Zeit, dass solche Kritiker begreifen, dass es niemals ein Land gegeben hat, das nur Gerechtes oder Richtiges tat. Diese Erkenntnis kann schmerzlich sein, so, wenn Katholiken feststellen, dass ihre Kirche und deren Päpste in der früheren und auch neueren Geschichte Verbrechen begangen haben, oder wenn Kommunisten schmerzlich erkannten, dass ihr Vorbildland unter Stalins Führung ebenfalls monströse Verbrechen beging. Auch die Völker und Bewunderer von England, Frankreich und vor allen anderen Deutschland mussten von Mordtaten ihrer Regierungen erfahren und sie dafür tadeln, womöglich ihre Regierungen sogar bekämpfen. Das gilt auch heute, nicht nur für die blutige Regierung von Saddam Hussein, sondern auch für die Regierung der USA und und die Israels.

Eher als Mensch denn als Jude betrauere auch ich den Tod von unschuldigen israelischen Jugendlichen in Discos oder Pizzerien und von Bürgern aller Altersgruppen in Bussen und auf Marktplätzen. Doch auch solche Taten der Selbstmörder lassen mich nicht vergessen, dass Ariel Sharon einst für das brutale Töten von Flüchtlingen in Libanon verantwortlich war, dass israelische Soldaten auf die Köpfe von palästinensischen Kindern zielten, die Steine warfen, dass israelische Panzer und Hubschrauber allnächtlich Schrecken, Vernichtung und Tod in Gebieten verbreiten, die gemäß unzähligen UNO-Beschlüssen nicht zu Israel gehören. Ich kann auch nicht die Worte der früheren Außenministerin der USA, Albright, vergessen, die das Sterben von 500000 irakischen Kindern als »der Sache wert« rechtfertigte.

Ich kann mich nicht einfach damit abfinden, was den Frauen, Kindern und Männern von Irak nun wohl bevorsteht, weil ihnen eine schlechte Regierung aufgedrängt wurde (die lange Jahre mit den USA engstens verbündet war). Ist mein Gedächtnis oder sind meine kritischen Sinne naiv? Gerade als Amerikaner kann ich nicht vergessen, dass ein Gouverneur George Bush in Texas mehr als 150 Todesurteile mit schneller Handbewegung unterschrieb. Und der so arrogant wie gefährlich sagt: »Wer nicht für uns ist, ist gegen uns!« und »Meine Geduld ist zu Ende. Das Spiel ist aus!« Das soll kein Schießwütiger sein?

Was »gewaltsame Regime-Changes« betrifft, bin ich alt genug, um etliche solche erlebt zu haben. Sehr oft waren Männer der CIA dabei - wenn nicht gar Männer in Uniform, wie etwa in Grenada, Panama, Vietnam, Laos und Kambodscha. Fast immer war das Resultat Folter, Tod und Leiden, oft für viele sehr blutrünstige Jahrzehnte. Kennen die Kritiker die Geschichte nicht? Schließen sie ihre Augen? Wo ist hier Naivität?

Antisemitismus und Antiamerikanismus habe ich am 15. Februar nicht gesehen. Mein eigenes Transparent - »Americans Say No!« - erhielt von allen Seiten nur Begrüßung und lächelnde Zuneigung. Ich sah nicht die so harsch kritisierte »einheitliche Meinung«, sondern recht verschiedene (zum Beispiel für und gegen Schröder). Gewiss sah ich einige Banner gegen Ariel Sharon. Soll man ihn loben? Weitaus die meisten waren gegen Bush und Rumsfeld. Sind diese beiden etwa Friedensengel? Sind denn die jüdischen Menschen in Israel antisemitisch, die gegen den Krieg gegen Palästinenser opponieren, die enthüllen, dass Sharons Regierung Pläne diskutiert, einen Irak-Krieg zu gebrauchen, um die letzten Palästinenser aus ihrer Heimat zu vertreiben? Sind die »Refuseniks« Antisemiten? Sind solche jüdische Soldaten, die schon in früheren Kriegen dienten, aber jetzt nicht mitmachen, Antisemiten? Waren die Witwe und die Enkelin von Rabin antisemitisch, als sie sich gegen die Politik der Likud-Regierung aussprachen? Ist Dustin Hoffman antiamerikanisch oder antisemitisch, wenn er die Politik der Bush-Regierung ablehnt? Wie ist es mit den 500000 Menschen - eine große Zahl davon auch jüdisch -, die in New York am 15. Februar demonstrierten? Und die in San Francisco? In Birmingham? In Los Angeles? Oder Lawrence (Kansas) und Menominee (Wisconsin)? Und die Stadträte von Chicago und 70 anderen Städte, die sich gegen den Krieg entschieden, zum ersten Mal in der Geschichte so deutlich? Sind sie alle antisemitisch oder antiamerikanisch? Oder alle einfach naiv - anders als die klugen Kritiker des 15. Februar?

Als Amerikaner und Jude fand ich die Demonstrationen in Berlin und die Welt am 15. Februar keinesfalls antiamerikanisch und keinesfalls antisemitisch. Für mich waren sie ein erstaunliches, begeisterndes Willensbekenntnis von 10 bis 20 Millionen Menschen in den meisten Ländern dieser Erde von Thailand bis Tel Aviv, von Sydney bis San Francisco, von Berlin bis Brasilia, eins der größten Ereignisse, das ich in meinem Leben je erlebt habe. Ich wünschte nur, die Friedensbewegung wäre noch mächtiger, denn sie ist in Wirklichkeit auf der Seite fast aller Amerikaner, fast aller Juden, fast aller Menschen auf dieser sich nach Frieden sehnenden Welt.


AUFRUF ZUM WIDERSTAND GEGEN
DIE ALLEINHERRSCHAFTSPLÄNE DER US-REGIERUNG

(pdf.format)

Mit dem Verzicht auf eine diplomatische Lösung im UN-Sicherheitsrat und der de-facto-Kriegserklärung an Saddam Hussein hat die derzeitige US-Regierung endgültig bewiesen, was sie vom Rest der Welt hält - nämlich nichts. Die Arbeit der Waffeneinspektoren mußte abgeblockt werden, gerade weil sie zuletzt sehr erfolgreich war, denn beabsichtigt war „Krieg um jeden Preis" (so selbst das konservative Nachrichtenmagazin FOCUS).

Das weitergehende Ziel hinter dem als „Präventivschlag" getarnten Angriff auf den Irak ist die Sicherung der eigenen Vorherrschaft, und zwar weltweit. Dahinter steckt eine fundamentalistische Haltung, die jeder globalen Verantwortung Hohn spottet. Dieses „right or wrong - my country!" ist allerdings nicht neu. Es hatte sich schon im Sommer 2001 offenbart, als der unter höchst dubiosen Umständen ins Weiße Haus eingezogene George Bush junior dem Rest der Welt den Ausstieg der USA aus den Klimaschutzvereinbarungen von Kyoto 1997 angekündigte. Maßnahmen zum Schutz des Weltklimas werde die USA, so Bush damals, nur dann ergreifen, „if it does no harm to Americas economy" - also gar nicht. Und dabei ist es bis heute geblieben. Statt dessen werden unter dem Deckmantel des Feldzuges gegen den Terror Krieg um die Ölreserven im Nahen Osten geführt.

Wer sich nur um die eigene Vorherrschhaft, die ungehinderte Fortführung des umweltzerstörenden „american way of life" und um sonst nichts kümmert, wie es die derzeitige US-Regierung tut (dabei freilich agwöhnisch beobachtet von einer Mehrheit der Bürger auch im eigenen Land), kann keine Solidarität beanspruchen - hat er sie doch dem Rest der Welt und der gemeinsamen Zukunft versagt. Im Gegenteil, es ist Widerstand geboten. Denn von solchen Versuchen, das Recht des Stärkeren an die Stelle der Menschenrechte, des Völkerrechts und der Entscheidungsfindung in der UNO zu setzen, geht langfristig eine größere Gefahr aus als von Despoten wie Saddam Hussein (den die US-Regierung einst ja selber aufgerüstet hatte).

Was können die Bürger des von Verteidigungsminister Rumsfeld geschmähten „alten Europa" in dieser Lage tun? Wie läßt sich Einfluß nehmen auf die Politik der so selbstherrlich gewordenen letzten Supermacht, Partei ergreifen für das Völkerrecht und den Primat der Vereinten Nationen?

Die erste Antwort auf diese Frage ist einfach. Die größte Schwäche der USA liegt in ihrer Wirtschaftsweise. Die US-Ökonomie, der laut Präsident Bush keine Umweltschutzmaßnahmen zugemutet werden können, ist ein Koloß auf tönernen Füßen. Sie ist auf den Rest der Welt, den sie mit enormen Umweltschäden belastet, dringend angewiesen. Die weltweiten Schulden der USA belaufen sich mittlerweile auf 31 Billiarden Dollar, das ist das Dreifache des jährlichen Bruttoinlandsproduktes. Täglich (!) müssen zwei Milliarden Dollar aus dem Rest der Welt in die USA fließen, um das dortige Leistungsbilanzdefizit auszugleichen.

Der beste und sicherste Weg, die Weltherrschaftspläne der USA mit friedlichen Mitteln zu stören, ist deshalb der

WIRTSCHAFTSBOYKOTT:

Keine US-Produkte mehr kaufen - von Esso bis Coca Cola, von Kentucky Fried Chicken bis General Motors. Keine Anlagen bei US-Unternehmen, in Aktien oder Fonds. Abzug aller Geschäfts- und Sparguthaben aus Banken in den USA. Boykott von Geschäften in US-Währung - und so weiter... Der kreativen Phantasie sind keine Grenzen gesetzt!

Der Arroganz der Großmacht muß die gemeinsame Kraft mündiger Konsumenten und Investoren entgegenarbeiten.

Aber damit ist es nicht genug.

Die weltweite Friedensbewegung, die sich in den ersten Monaten des Jahres 2003 in historisch einzigartigerweise herangebildet hat, darf nicht - erst recht nicht angesichts eines ungerechtfertigten, völkerrechtswidrigen Angriffskriegs - in Lähmung und Resignation erstarren. Wir müssen weltweite Verbindungen knüpfen und festigen, nicht zuletzt zu den Kriegsgegnern in den USA, die sich mutig dem patriotischen Wahn entgegenstellen. Wir müssen diese „Globalisierung von unten" verbreitern und kräftigen. Isoliert sind derzeit nicht die Befürworter friedlicher Lösungen, sondern die Kriegstreiber Bush, Blair und Aznar. Auch wenn sie ihre gewalttätigen Pläne verwirklichen - die Welt wird nicht mehr die sein, die sie vorher war. Es bleibt der Auftrag an alle Kriegsgegner, die weltweite „Bürgerdiplomatie" nach Kräften zu forcieren.

Weltbürgertum oder Krieg - diese Alternative wird das 21. Jahrhundert prägen.

„Verbunden werden auch die Schwachen mächtig!" (Friedrich Schiller)

Bitte helfen Sie mit, diesen Aufruf zu verbreiten!

Literaturempfehlungen: Michael Moore: Stupid White Men. Eine Abrechnung mit dem Amerika unter George W. Bush, Piper-Verlag, München
Till Bastian: 55 Gründe, nicht mit den USA solidarisch zu sein - und schon gar nicht bedingungslos, Pendo-Verlag, München-Zürich
Howard Zinn: Amerika, der Terror und der Krieg, Herder-Verlag, Freiburg

Ja, ich unterstütze den AUFRUF ZUM WIDERSTAND GEGEN DIE ALLEINHERRSCHAFT DER US-REGIERUNG und bin gegebenenfalls mit der Veröffentlichung meines Namens einverstanden - bitte 5¤ überweisen und Name und Adresse an:

Dr. Till Bastian, Am Friedhaf 7, 88316 Isny

Spenden zur Finanzierung der Öffentlichkeitsarbeit sind willkommen: Konto 74814001, BLZ 65092010

version 18.3. 2003

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Emanzipation Humanum, Version 03. 2003 , Kritik, Anregungen zu Form und Inhalt, Dialog sowie unveränderter Nachdruck bei Quellenangabe und Belegexemplar erwünscht. Übersetzung in andere Sprachen erwünscht. Kürzungen und Änderungen nach Absprache möglich.

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