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Gerechtigkeit oder Barbarei

Internationale Konferenz "Gerechtigkeit oder Barbarei"
der Rosa-Luxemburg-Stiftung,
5. und 6. Oktober 2000 in Berlin

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Ein knappes Jahr nach der Blockade von Seattle und nur eine Woche nach der jährlichen Tagung vom Internationalen Währungsfond wird die Rosa-Luxemburg-Stiftung in Berlin die Konferenz Gerechtigkeit oder Barbarei veranstalten.

Sie soll Podium sein für den Schrei nach Gerechtigkeit: Unrecht muss benannt werden!

die Suche nach Gerechtigkeit: Alternativen sind möglich!

den Kampf um Gerechtigkeit: Widerstand ist notwendig!

 

Unrecht muss benannt werden!

Die Weltgesellschaft befindet sich in einem globalen Umbruchprozess. Die relative Stabilität der Nachkriegsordnung ist in den letzten zehn Jahren einer Welle technologischer, wirtschaftlicher, politischer und kultureller Wandlungen gewichen, die so fundamental sind, dass mit Recht von einer "globalen Revolution" gesprochen werden kann.

Umbruchprozesse solcher Größenordnung setzen die Frage "Gerechtigkeit oder Barbarei" auf die Tagesordnung. Nicht sog. Sachzwänge entscheiden über die Zukunft, sondern Menschen und die von ihnen geschaffenen Organisationen. In sozialen Umbrüchen werden Rechte und Pflichten, Ansprüche und Anrechte, Chancen und Gefahren grundlegend neu verteilt. Konträre Auffassungen von Freiheit, Gleichheit und Gerechtigkeit stoßen aufeinander. Sie müssen sich am Schicksal jener messen, die durch die gegenwärtigen Ordnungen am stärksten diskriminiert werden. Wirtschaftliche, politische, kulturelle und auch militärische Macht wird eingesetzt, um den Verteilungsprozess zu beeinflussen. Was bedeutet dies für das Leben jener, die über wenig oder keine Macht verfügen?

Die bisherigen Ergebnisse der globalen Umwälzung sind dramatisch: 348 Menschen besitzen soviel Geld wie 2,7 Milliarden. Jeden Tag verhungern allein in Afrika 31000 Kinder. Die globale Umweltzerstörung ist zur akuten Bedrohung geworden, von der schon heute Milliarden von Menschen schwer betroffen sind. 70 Prozent der Armen dieser Welt sind Frauen. Sie leisten weltweit zwei Drittel der Arbeit und erhalten nur ein Zehntel des Lohns. Der Wohlfahrtsstaat der westlichen Industriestaaten ist für größere Teile der Bevölkerung dauerhafter Erwerbslosigkeit oder Arbeitsleben in Armut gewichen. Der Explosion von Einkünften aus Vermögen des oberen Fünftels stehen stagnierende oder sinkende Einkünfte aus Löhnen und Gehältern gegenüber. Unter dem Gesichtspunkt sozialer Gerechtigkeit ist die globale Revolution zur sozialen Konterrevolution geworden. Die Folgen des gegenwärtigen Umbruchs werden weit in das 21. Jahrhundert wirken. Um das Recht aller auf ein Leben in Würde durchzusetzen, müssen die Pflichten wie die Rechte, die Lasten und der Reichtum dieser Welt gerecht verteilt werden. Ansprüche auf die Gleichheit aller Menschen in ihrer Vielfalt, ihre grundlegende politische, wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte wirksam wahrnehmen zu können und sich dadurch frei behaupten zu können, müssen eingelöst werden. Diese Ansprüche sind global und gelten über die Generationen hinweg. Soll ein Mehr an Gerechtigkeit hergestellt werden, so müssen die Gewinne aller vor allem Gewinne jener sein, die bisher im besonderen Maße benachteiligt sind. Der Zusammenbruch des europäischen Staatssozialismus war nur der Beginn großer institutioneller Veränderungen in allen Regionen und der Weltgesellschaft. Eine gerechte Gestaltung der Umbrüche der Gegenwart wird ohne eine grundlegende Umgestaltung der wirtschaftlichen, sozialen und politischen Ordnungen nicht zu vollziehen sein. Neue Machtverhältnisse und neue Formen ihrer sozialen, ökologischen und zivilen Regulierung werden zu entwickeln sein. Völlig neue Maßstäbe von Fortschritt müssen dabei durchgesetzt werden.    

 

Alternativen sind möglich!

Der globale Umbruch hat die soziale Frage in ihren Dimensionen von Oben und Unten, Nord und Süd, Männer und Frauen, Heute und Morgen auf schärfste Weise neu gestellt. Doch liegen die alternativen Antworten nicht auf dem Tisch. Aber sie können und müssen gefunden werden. Dabei stellen sich viele Probleme. Einige seien genannt:

Ist das Argument der Standortsicherung als Scheinzwang entlarvbar? Welche Handlungsalternativen innerhalb der sozialen Sicherungssysteme bestehen? Wie lassen sich diese mit selbstbestimmten und geschlechtergerechten Arbeits- und Lebensstrukturen verbinden, die dazu beitragen, die geschlechtsspezifische Segmentierung des Arbeitsmarktes und Arbeitsteilung im Erwerbs- und Hausarbeitsbereich aufzubrechen. Wie kann der neueren Entwicklung der vermehrten hierarchischen Arbeitsteilung unter Frauen begegnet werden? Bedeuten Konzepte von Grundsicherung die Utopie im Realen oder dienen sie lediglich zur Legitimierung von Billiglöhnen? Ist eine Grundsicherung im weltweiten Kontext zu rechtfertigen, oder bedeutet sie die weitere Abschottung der "Festung Europa"? Kann eine Wirtschaftstheorie Grundlage bleiben, welche Nutzen mit Geld gleichsetzt anstatt mit Glück in seinen vielfältigen Aspekten?

Was können erste Schritte sein, um Ungerechtigkeiten zu vermindern oder zu verhindern? Wie können Alternativen aussehen, die realistisch sind und doch für betroffene Menschen einen Unterschied spürbar werden lassen? Geht es um das Recht aller, effizient im Kapitalismus mitzumachen, oder um etwas darüber hinaus? Wie sind Selbstbestimmung und gerechte Verteilung zu erreichen? Wie lassen sich Umweltschutz und Produktion vereinbaren, ohne zu einem weiteren Machtinstrument des Nordens über den Süden zu werden? Wo werden Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe oder ihres Geschlechtes benachteiligt? Was bedeutet es für Demokratie, wenn Macht und Ohnmacht so ungleich verteilt sind? Und was für das Gesicht der Welt, wenn von den hundert größten Wirtschaftseinheiten der Welt mehr als die Hälfte nicht Länder, sondern transnationale Konzerne sind? Fallen Hunger, Unterernähung, fehlende Bildung und Gesundheitsversorgung, Arbeitslosigkeit von Milliarden von Menschen weiterhin unter den Kollateralschaden einer Gesellschaft, welche Verwertung nicht von Existenzberechtigung trennen kann? Glauben wir an Margaret Thatchers Devise "TINA" - There Is No Alternative? Oder werden nicht doch Utopien und Visionen einer gerechteren Welt gebraucht?  

 

Widerstand ist notwendig!

Die Konferenz "Gerechtigkeit oder Barbarei" der Rosa-Luxemburg-Stiftung steht in der Tradition des leidenschaftlichen Engagements von Rosa Luxemburg für die Verbindung von Gleichheit und Freiheit. Wie kaum eine andere in Deutschland hat sie sich gegen den heranziehenden Weltkrieg gewandt, dessen Folgen das ganze zwanzigste Jahrhundert geprägt und die Entstehung totalitärer Diktaturen ermöglicht haben. Frühzeitiger als viele andere hat sie davor gewarnt, der "großen Gleichheit" die Freiheit zu opfern. Mit ihrem Leben hat sie dafür bezahlt, dass sie sich mit dem Bündnis zwischen deutschem Militarismus und entstehender deutscher Republik nicht abfinden wollte.    

Neu an den Demonstrationen im Zusammenhang mit der WTO und bereits zuvor mit dem nicht zuletzt an den Protesten gescheiterten Multilateralen Investitionsabkommen (MAI) ist die Globalisierung des Widerstandes. Statt nach protektionistischen Lösungen zu rufen, kam es in Seattle zu einer Solidarisierung von PostgewerkschaftlerInnen aus Kanada mit Maquiladoraarbeiterinnen aus Mexiko, von Bauern aus Indien mit Stahlarbeitern aus den USA. Es formiert sich die Verknüpfung von lokalem und regionalem zu globalem Widerstand.

Der globale Kapitalismus prägt das Leben von Menschen unterschiedlicher Regionen, Ethnien, Geschlechter, Klassen. Die Präsenz dieser (oft leidvollen) Erfahrungen - welche für die Oberschicht der Welt hinter steigenden Aktienkursen und den Mauern geschützter Enklaven verborgen bleiben - soll die Konferenz prägen, weshalb aus möglichst vielen Bereichen Menschen eingeladen werden. Gleichzeitig steht dahinter die Überzeugung, dass nur im Miteinander Antworten gefunden werden können, welche es erlauben - wie die zapatistischen Rebellen im mexikanischen Urwald es ausdrücken - eine Welt zu schaffen, "in die viele Welten passen".  

 

Wir laden ein

Die Konferenz "Gerechtigkeit oder Barbarei" soll in Vorbereitung und Durchführung gemeinsam mit und durch die Teilnehmerinnen und Teilnehmer getragen und gestaltet werden. Wir wollen den Dialog über Kulturen, Ländergrenzen, Parteien und Weltanschauungen hinweg. Aktivistinnen und Aktivisten sozialer Bewegungen, Politikerinnen und Politiker, Künstlerinnen und Künstler, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und die interessierte Öffentlichkeit sollen auf der Konferenz ein internationales der Begegnung, des wechselseitigen Verstehens und des produktiven Streits sowie der gemeinsamen Suche nach Lösungen für eine gerechtere Welt finden.

Wir rufen interessierte Initiativen, Bewegungen und Gruppen, Männer und Frauen auf, bis zum 31. Mai 2000 Vorschläge für die konkrete Tagesordnung und die Form der Durchführung der Konferenz "Gerechtigkeit oder Barbarei" zu unterbreiten. Aus dem damit verbundenen Diskussionsprozess soll ein Vorschlag für die Gestaltung der Konferenz, ihrer Hauptschwerpunkte, Arbeitskreise und Formen der Öffentlichkeit hervorgehen. Wenn Sie unsere Einladung annehmen, sind wir auf Ihre Vorschläge gespannt.

 

Kontakt:

Bundesstiftung Rosa Luxemburg.
Gesellschaftsanalyse und Politische Bildung.
Franz-Mehring-Platz 1
D-10243 BERLIN

Phone: 030-29784221 - Fax: 030-29784222

e-mail: friede99@gmx.de

 


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Emanzipation Humanum, Version 5. 2000, Kritik, Anregungen zu Form und Inhalt, Dialog sowie unveränderter Nachdruck bei Quellenangabe und Belegexemplar erwünscht. Übersetzung in andere Sprachen erwünscht. Kürzungen und Änderungen nach Absprache möglich.

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