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GEFÄNGNIS : DIE NEUE SKLAVEREI ?

von Lorenzo Komboa Ervin

 

Der Kapitalismus findet schon einen Weg, um aus dem Elend von Menschen Profit zu schlagen. Über zwei Millionen unserer FreundInnen, NachbarInnen und Verwandten sind, aus welchem Grunde auch immer, in Bundes- und Landesgefängnissen. Der Gefängnisindustriekomplex, wie er von einigen AktivistInnen genannt wird, ist tatsächlich eine "neue" Form der Sklaverei mit einem Trick, er ist in verschiedener Hinsicht höchst profitabel.

Ich nenne dies "neu", weil die Sklaverei in den frühen Tagen dieses Landes ebenso ein Gewinnmotiv hatte, aber heute ist es eine Konzernsklaverei, die von einigen der größten Konzerne des Landes betrieben wird. Ihre Motiv ist, die Masse der Gefängnispopulation von armen Leuten einzusetzen und Gewinne zu erwirtschaften 1.) durch Gebühren und Mieten für den Aufenthalt im Gefängnis zu erheben, 2.) durch private Gefängnisse, 3. durch die Gründung von Gefängniskonzernen, die mit "freier" Arbeit konkurrieren und 4. durch die Ausbeutung von Gefängnisinsassen in "Fabriken hinter Gittern".

Mit dem jüngsten Aufkommen der rechtsgerichteten (anti-kriminellen) politischen Einstellungen bei beiden großen politischen Parteien dieses Landes, fielen mehr und mehr Gefangene einer rachsüchtigen Öffentlichkeit zum Opfer, die von gierigen Politikern aufgestachelt wurde. Seit Jahren wird den Massen der Bevölkerung weisgemacht, daß die Gefangenen "verwöhnt" und besser behandelt würden als der Rest der Bevölkerung "draußen", und sie reagieren und wollen die Gefangenen leiden sehen. "Nehmt ihnen die Fernsehgeräte und Radios weg, ihre Sportgeräte, schränkt das Besuchsrecht durch Angehörige ein, sperrt sie 24 Stunden täglich in die Zellen und wenn ihr schon mal dabei seid, dann laßt sie auch Miete zahlen, weil wir das draußen auch müssen!" Dies sind arme Leute und viele von ihnen haben gerade deswegen Straftaten begangen, weil sie ihre Miete nicht zahlen konnten, umso weniger können sie dem Staat im Gefängnis Miete zahlen. Es ist eine idiotische Idee, und sie ist eine härtere Bestrafung als das, was die Politiker beabsichtigten, aber sie sind schnell genug darauf angesprungen. "Toller Einfall, man kann auch noch Steine auspressen!"

Die Vorstellung, eine privatwirtschaftliche Firma aufzubauen, die das Gefängnissystem betreibt, stammt aus dem Jahr 1980 und beginnt mit einer Firma aus Nashville mit dem Namen Corrections Corporation of America [Strafvollzugs-AG von Amerika]. Nachdem diese zunächst mit einem ersten Vertrag 1981 das Arbeitshaus des Hamilton County (Tennessee) übernahm, hat die CCA sich nun in 32 Staaten sowie auch in mehreren Staaten im Ausland ausgebreitet. Sie wird an den Börsen gehandelt und hat ihren Investoren mehrere Milliarden an Profiten erwirtschaftet. Sie arbeiten so, daß sie ein oder mehrere Gefängnisse übernehmen, den Gemeinde- oder Stadträten und Bundesbeamten versprechen, daß sie erhebliche Summen einsparen können, wenn sie das Gefängnis als effizienteres "Wirtschaftsunternehmen" betreiben. Der Beweis dafür steht noch aus, obwohl sie sofort daran gehen, die Gehälter des Wachpersonals zu kürzen und die Ausgaben für die Ernährung, medizinische Versorgung und andere Angebote für die Gefangenen beschneiden. Was wir sicher wissen ist, daß die Bedingungen für die Menschen in den Gefängnissen sich nach der übernahme durch eine private Firma drastisch verschlechtern. So sind im Silverdale-Arbeitshaus in der Nähe von Chattanooga 10 Menschen gestorben, seit es von der CCA übernommen wurde und ähnliche Vorfälle sind aus CCA-Einrichtungen im ganzen Land bekannt, sei es daß Gefangene zu Tode geprügelt werden, oder Ausbrüche, Aufstände oder Streiks. Aber die Mißhandlung der Gefangenen und ihre Proteste hatten keine Auswirkungen auf die Einstellung der CCA- Kapitalisten. Weil es nach Geld roch, haben auch andere Konzerne - hauptsächlich der Hauptkonkurrent der CCA, die Wackenhut Corretional Services - sich in den Markt gestürzt wie Haie auf einen blutigen Kadaver Der Markt beläuft sich mittlerweile auf 4 Milliarden Dollar, und da will keiner außen vor bleiben!

Ein weiteres Standbein des Gefängnis-Industrie-Komplexes sind Industriebetriebe im Gefängnis, so wie z.B. die UNICOR, die von den Federal Prison Industries betrieben wird. UNICOR, die in fast allen Bundesgefängnissen Niederlassungen haben, stellt alles her, angefangen von Teilen für Lenkgeschosse bis zu Bekleidung und Möbeln für Armee- und Bundesbedienstete; sie stellen eine Warenpaletten von 500 Gütern her. Es mag einige überraschen zu hören, daß sie einen Umsatz von jährlich zwischen 100 bis 500 Millionen Dollar haben und Profite zwischen 30 und 50 Millionen Dollar erwirtschaften. Im Vergleich dazu: die Gefangenen erhalten einen Stundenlohn von 1 bis 2 Dollar. Seit Jahren verhinderten Bundesgesetze, daß ein Konkurrenz zur "freien" Arbeit entstand, aber dieses Hindernis ist nun weggefallen und die Billiglohnarbeit in den Gefängnissen wird nicht nur benutzt, um die Löhne freier ArbeiterInnen zu drücken, sondern um Konkurreten im privatwirtschaftlichen Sektor in die Pleite zu treiben. Und eines ist sicher: sie machen längst weit mehr als nur Autokennzeichen!

Außerdem werden sogenannte "Firmen hinter Gittern" immer häufiger, bei denen eine Firma eine Belegschaft aus Gefangenen mietet oder einstellt, zur Produktion oder für Dienstleistungen. Einige der größten Firmen in Amerika wie z.B. Microsoft, TWA, Sears Roebuck und andere setzen Gefangene als Callcenter Agents ein, als NäherInnen, als BuchungsagentInnen für Fluglinien, als MonteurInnen und für andere Arbeiten. Darunter auch die Herstellung spezieller Marken, wie z.B. der "Prison Blues" Jeans, die ausschließlich in Betriebsstätten in Gefängnissen hergestellt werden. Gegen diese Sklavenarbeit hat es bisher keine wesentlichen Proteste gegeben, weder von seiten der Gewerkschaften, der Bürgerrechtsgruppen und auch nicht von Gruppen, die sich für die Rechte der Gefangenen einsetzen, obwohl es in der radikalen Presse einige Erwähnungen gab. Damit eine Änderung erreicht werden kann, muß jedoch eine wirksame Koalition zustandekommen.

Das Ergebnis ist, daß es sich um Sklaverei handelt, und obwohl der 13. Zusatz zur Verfassung angeblich die Sklaverei für ungesetzlich erklärt, wird sie geduldet, weil diese Sklaven keinem Plantagenbesitzer gehören, sondern dem Staat. Sie werden einfach an kapitalistische Firmen "vermietet". Diese Sklaverei ist auch wegen der Verbrechensbekämpfungshysterie populär, und die Gefangenen arbeiten lassen ist eine angesagte Vorstellung. Trotzdem sieht niemand die Tatsachen.

Obwohl wir die Gefängnissklaverei insgesamt abschaffen wollen, müssen GefangenenunterstützerInnen, BürgerrechtlerInnen und die Schwarzen Gemeinden insgesamt fordern, daß diese Gefangenen dieselben Rechte erhalten wie die ArbeiterInnen draußen: daß die Bestimmungen für Arbeitsschutz auch für sie gelten, und daß sie nicht ausgebeutet werden dürfen von Leuten, die die schnelle Mark im Auge haben. Die Gefangenen müssen denselben Lohn erhalten wie die ArbeiterInnen draußen. Letztendlich geht es um die Abschaffung der Gefängnisse überhaupt, aber diese Forderungen wären ein guter Anfang, die etwas Fairness ins System bringt.


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Emanzipation Humanum, Version 9. 2000, Kritik, Anregungen zu Form und Inhalt, Dialog sowie unveränderter Nachdruck bei Quellenangabe und Belegexemplar erwünscht. Übersetzung in andere Sprachen erwünscht. Kürzungen und Änderungen nach Absprache möglich.

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