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Wer regiert EUROPA?

NEIN zum europäischen Staat

Entwurf einer gemeinsamen kommunistischen Plattform anläßlich des europäischen Gipfels in Nizza

Dieser Staat ist eine Schöpfung der europäischen Unternehmer. Die Gruppe, die auf die europäischen Entscheidungsträger den größten Einfluß ausübt, ist der Runde Tisch Europäischer Industrieller. Dabei handelt es sich um eine Vereinigung von 48 Vorstandsvorsitzenden der großen transnationalen Konzerne des alten Kontinents: Alcatel, Bayer, Bertelsmann, BP Amoco, DaimlerChrysler, Fiat, Krupp, Philips, Renault, Shell, Siemens, Suez-Lyonnaise, TotalFina Elf, Unilever, Veba etc. Gegründet 1983 mit Hilfe der Europäischen Kommission, gab sie den Impuls für die Einrichtung des europäischen Binnenmarktes, den Vertrag von Maastricht, die Schaffung des Euro , die Erweiterung nach Osten und die Unterwerfung dieser Länder unter den westlichen Kapitalismus. Nunmehr streben diese Unternehmer nach einem staatsähnlichen Gebilde auf europäischer Ebene.

Ein solcher Staat ist und bleibt anti-demokratisch. Das Parlament hat nur sehr wenig Befugnisse. Alle Macht ist bei der Kommission sowie bei den Ministerräten und dem Europäischen Rat konzentriert. Jede dieser Institutionen steht unter dem Einfluß von Unternehmergruppen wie dem Runden Tisch. Reflexionsgruppen wie das European Policy Centre, wo Politiker und Geschäftsleute sich zusammensetzen, erarbeiten die Orientierungen für die Debatte über Europa. All dies geschieht in Unkenntnis und gegen die Interessen der Arbeiter.

Dieser Staat ist ferner auch anti-sozial. In beinahe völliger Einmütigkeit wollen die europäischen Verantwortlichen aus Europa eine superwettbewerbsfähige Einheit machen, damit die Unternehmen in der Lage sind, ihre amerikanischen und japanischen Rivalen zu schlagen. Dafür haben die Beschäftigten die Folgen hinzunehmen: Verfügbarkeit für den Unternehmer nach dessen Bedingungen, extreme Flexibilität, Senkung der Löhne und Sozialleistungen, Abbau der sozialen Sicherungssysteme, Nacht- und Wochenendarbeit, Verallgemeinerung von befristeter Beschäftigung, Leiharbeit und Teilzeitarbeit etc. Die Sozialcharta, die in Nizza ratifiziert werden soll, ist ein weiteres Beispiel sozialen Rückschritts: Kein Recht auf Beschäftigung, kein Recht auf Wohnung, kein Recht auf Einkommen.

Der europäische Staat ist und bleibt eine Kriegsmaschine. Zuerst gegen die Arbeiter. Dann gegen die Länder im Osten, die mit Gewalt dem Netz der europäischen transnationalen Konzerne einverleibt worden sind. Schließlich gegen die USA und Japan; denn das Interesse der europäischen Unternehmer an diesem Staat beruht auf der angestrebten Fähigkeit, der politischen und militärischen Hegemonie Washingtons entgegenzutreten, letztendlich die USA als beherrschende Weltmacht zu ersetzen. Es ist ein imperialistisches Vorhaben.

Kontakt: wpb@wpb.be Workers' Party of Belgium, Partei der Arbeit Belgiens - Internet www.wpb.be


Wer regiert EUROPA?

 

Maria Mies

 

"Wirtschaftspolitik wird in der Wirtschaft gemacht" - (G.Rexrodt,ehem. Wirtschaftsminister)

 

Die Lobbypolitik der europäischen Konzerne in Brüssel - Beispiel: ERT (European Round Table of Industrialists)

Viele Menschen sind immer noch der Meinung, die Politik der EU würde nach wie vor von den Regierungen der Mitgliedsländer oder auch dem Europäischen Parlament gemacht. Über die Rolle und die Macht der EU-Kommission in Brüssel ist schon weniger bekannt.An anderer Stelle dieses Infobriefes zeigen wir auf, wie die EU-Kommission versucht, die Kompetenz für alle Aussenhandelsfragen aus den Händen der Regierungen der Mitgliedsländer zu nehmen und in ihre eigenen Hände zu überführen.

Darum wird es u.a. in Nizza gehen. Im Zusammenhang der WTO Konferenz im letzten November in Seattle haben wir erfahren, dass die geplante und gescheiterte Millenniumrunde von Sir Leon Brittan, dem damaligen Aussenhandelskommissar in der EU-Kommission vorgeschlagen wurde (s. Infobrief 2).

Sollen wir daraus schließen, dass die Politik in der EU von der EU-Kommission, einem nicht gewählten Gremium, oder gar von einzelnen der dort sitzenden Kommissare gemacht wird?

Die Amsterdamer Gruppe CEO (Corporate Europe Observatory) beobachtet seit Jahren die Art und Weise, wie die politischen Entscheidungen der EU-Kommission tatsächlich zustande kommen und welche Rolle die Lobbyverbände der grossen europäischen Konzerne bei diesem Prozess spielen. In ihrem Buch ."EUROPE INC. (Firma Europa) beschreiben Belen Balanya,Ann Doherty,Olivier Hoedeman. Adam Ma'anit und Erik Wesselius in hervorragenden Analysen den Einfluß dieser Industrielobbies auf den ganzen Prozeß der europäischen Einigung und auf die wesentlichen makroökonomischen und gesellschaftlichen Entscheidungen in Europa. Als Beispiel für einen dieser Lobbyverbände möchten wir hier den European Round Table of Industrialists (ERT).vorstellen. Über andere, wie UNICE, TABD, u.a. werden wir später berichten.

Der ERT wurde 1983 gegründet. Er besteht aus 45 Mitgriedern, alles "Kapitäne der Industrie" der grössten europäischen Konzerne: u.a..Investor AB, Bayer, British Petroleum, Daimler Chrysler, Ericsson, Fiat, Nestlé, Nokia,Petrofina,Philips, Renault, Shell, Siemens, Solvay, Total und Unilever.

Der ERT hat ungehinderten Zugang zur Europäischen Kommission (EK), nach Balanya u. a. gibt es sogar eine enge Zusammenarbeit zwischer der EK und dem ERT. Der ERT habe nicht nur den europäischen Einigungsprozess seit Mitte der achtziger Jahre vorangetrieben, sondern auch die Richtung dieses Prozesses massgeblich bestimmt. Er habe sich von Anfang an für den Abbau nationaler Vetorechte eingesetzt und auf Deregulierung, und Liberalisierung gedrängt, um die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Konzerne zu fördern. "Der ERT ist über ein Jahrzehnt eine der wichtigsten politischen Kräfte in der europäischen Szene gewesen" (Balanya u.a. 2000, S.19)

Der Maastricht Vertrag trägt die Spuren des ERT. Die Kriterien für die Währungsunion gehen auf den ERT zurück. Der ERT trug schon vor 15 Jahren die Notwendigkeit der Osterweiterung der EU vor und legte die Strukturanpassungskriterien für die Kandidaten der Zentral und Osteuropäischen Länder fest, - nach dem Vorbild des IWF übrigens. Konkreter noch: Selbst die Grundlagen für die europäische Einigung sind zuerst vom ERT vorgeschlagen worden. Wisse Dekker, damaliger Chef von Philips und erster Generalsekretär des ERT legte 1985 ein Papier vor: "Europe 1990: An Agenda for Action". Dieses Papier wurde der gerade gegründeten EU-Kommission und allen europäischen Regierungshäuptern zugeschickt. Drei Tage, nach Erscheinen des Dekker-Papiers hielt Jaques Delors, erster Präsident der EK, eine Rede im Europäischen Parlament, die sich eng an Dekkers "Europe 1990" hielt. Und der damilige Industriekommissar, Lord Cockfield publizierte sein "Weissbuch" zur europäischen Einigung. "Der einzige, ziemlich triviale Unterschied zwischen dem ERT-Bericht und dem "Weissbuch", schreiben Balanya u.a." ist die Verschiebeung des vom ERT ziemlich optimistisch angesetzten Zeitpunkts für die Vollendung des europäischen Binnenmarktes im Jahre 1990" (Balanya u.a. 2000, S.21)

Der ERT beschränkt sich nicht auf Wirtschaftspolitik im engen Sinne. Es geht ihm vielmehr um eine fundamentale Umstrukurierung der Gesellschaft nach neoliberalen Prinzipien.Dabei ist universaler Wettbewerb der höchste Wert an sich. In der l995 gegründeten "Competitive Advisory Group" (CAG) in der der ERT massgeblich beteiligt ist, wird die EK mit dem Ziel beraten, "alle Gesellschaftsebenen den Marktkräften und dem zunehmenden Druck der globalen, ökonomischen Konkurrenz zu unterwerfen" (Balanya u.a.S.21)

In diesem Sinne war und ist der ERT entscheidend beteiligt an der Umgestaltung der europäischen Infrastruktur. Dazu gehörte vor allem der Ausbau eines Megaverkehrsnetzes "Trans European Network" (TEN). Der Kanaltunnel, die Brücke über den Oeresund, die Hochgeschwindigkeitszüge, die Expansion von Flughäfen sind Projekte die im TEN entworfen wurden. Das Tollste ist, so schreiben die Amsterdamer, dass das TEN in den Vertrag von Maastricht eingebaut wurde. Wir erleben heute, was diese Verkehrsmegalomania in der Umwelt und unter den Menschen anrichtet.

Zur "Unterwerfung aller Gesellschaftsebenen unter die Marktkräfte" gehört nach ERT-Vorstellung vor allem auch die Zurichtung der Menschen. Darum hat der ERT schon ziemlich früh das Konzept des "Life-long Learning" in die Debatte geworfen. Es war klar: unter den Bedingungen der globalen Konkurrenz würden die europäischen Konzerne zurückbleiben, wenn das gesamte Bildungswesen nicht umstrukturiert würde und die Menschen nicht darauf vorbereitet würden,dass eine abgeschlossene Lehre oder ein Studium ihnen keine Berechtigung für einen Lebensarbeitsplatz mehr gibt. Die entsprechenden Stichwörter sind: Innovation, Flexibilisierung, Entwicklung des Humankapitals. Die Vorstellungen des ERT haben sich inzwischen in allen EU-Ländern soweit durchgesetzt, dass die gesamten Bildungssysteme ihren einzigen Daseinszweck nur noch in der Förderung der Marktfähigkeit sehen.

Auch die europäische Währungsunion ist nicht etwa zuerst in europäischen Parlamenten konzipiert worden, sondern vom ERT. Der ERT hat sie auch massgeblich vorangetrieben. Keith Richardson, damaliger Generalsekretär des ERT schrieb 1991 vor dem Madrided EU-Gipfel: " Wir schrieben einen formellen Brief an alle Regierungschefs mit der Aufforderung: ‚'Wenn Ihr bei dem Gipfel in Madrid zusammenkommt, wollt Ihr dann, bitte, ein für alle Mal entscheiden, dass die EWU an dem Tag beginnt,der in Maastricht festgelegt wurde und nach den in Mastricht beschlossenen Kriterien. Wir schrieben ihnen und sagten, sie sollten das tun. Und sie taten es. Sie verkündeten in Madrid: "Wir werden es tun." ( Balanya u.a.S.24)

Eine weitere Kopfgeburt des ERT ist die EU- Osterweiterung. Nach dem Zusammenbruch des Sowjetblocks im Jahre 1989 hat der ERT seine Anstrengungen erhöht, die EU nach Osten auszudehnen. Der frühere ERT Präsident Richardson sagte: "Es ist als hätten wir ein neues Südostasien gerade vor unserer Haustür entdeckt." Die EU-Konzerne erwarteten nicht nur riesige Gewinne durch einen Markt von 150 Millionen Menschen, sondern auch ungeheure Investitionsmöglichkeiten im Osten. Schon 1997 hatte der ERT eine Arbeitsgruppe zu diesem Thema gegründet. Im Dezember 1997 legte diese Gruppe schon dem EU-Gipfel in Luxemburg ihren Aktionsplan zur Osterweiterung vor. Indiesem Aktionsplan wird eine "radikale ökonomische Transformation der Kandidatenländer" als Vorbedingung für die EU-Integration verlangt. Zu diesen Vorbedingunen gehört &endash; wen wundert es &endash; die Förderung der Konkurrenzfähigkeit, zwischen ost- und westeuropäischen Firmen.. Diese sollte &endash; angeblich &endash; zu einer Situation führen, in der beide Seiten nur gewinnen könnten. Zur Förderung dieser Ideologie errichtete der ERT in den Zentral-und Osteuropäischen Ländern sogenannte Business Enlargement Councils (BECs). Der ERT Generalsekretär, Wim Philippa sagte: "Es ist ein Erziehungsprozess, wo wir in enger Zusammenarbeit mit den nationalen Regierungen die nationalen Industrien dieser Länder führen, trainieren, und schnell dazu bringen, dass sie der europäischen Union beitreten können." (Balanya u.a. S. 30)

Für die EU-Konzerne ist diese Rechnung bisher aufgegangen. Die Direktinvestitionen in diese Länder betragen zur Zeit 9 Milliarden Euro. Und ihre Exporte in diese Region betragen 70 Millionen Euro. Doch für die Beitrittskandidaten, die den EU-Strukturanpassungsprogrammen unterworfen werden, hat sich kein "ebenes Spielfeld" hergestellt. Viele der eigenen Industrien sind schlicht von den westlichen Investoren platt gemacht worden.Procter & Gamble und Unilever haben sich den osteuropäischen Markt z.B.bei Produkten der Körperpflege untereinander aufgeteilt.

Es gibt auch viele Beispiele dafür, dass die westeuropäischen Konzerne in Osteuropa weniger auf die Umwelt achten als in Westeuropa. Die Folge ist auch eine Zunahme von Arbeitslosigkeit .

Vor allem müssen die osteuropäischen EU-Kandidaten das ganze Paket der EU-Gesetzgebung akzeptieren und das bedeutet nach den Regeln des Neoliberalismus: eine eingeschränkte Rolle des Staates und grössere Abhängigkeit von Auslandsinvestitionen.Das bedeutet die Aufgabe einer eigenen Wirtschaftspolitik.

Wie wir schon im Zusammenhang der Anti-MAI und Anti-WTO-Kampagnen sehen konnten, sind demokratische, parlamentarische Strukturen mit den Interessen der global operierenden Konzerne nicht zu vereinbaren ( Mies/ v.Werlhof 1998, Infobriefbrief Nr III). Der ERT stellt dies ganz unverblümt fest. Die Vize-Präsidentin des ERT, Caroline Walcott drückte dies unverblümt aus: "Das Problem ist, dass sich die Politiker in den einzelnen Ländern Stimmen zusammen suchen müssen. In der EU jedoch können sie das Gesamtbild sehen" (Balanya u.a.S.20).

In der Tat, was die einzelnen Konzerne in ihren Heimatländern an Liberalisierungs &endash;Deregulierungs- und Privatisierungs-Politik nicht durchsetzen können, weil ihnen Wähler und Gewerkschaften einen Strich durch die Rechnung machen können, das können sie in der EU, besonders in der "Symbiose" (Balanya u.a.) mit der EU-Kommssion ohne Schwierigkeiten erreichen. Kein Wunder , dass der ERT und die anderen Industrielobbies ein vitales Interesse an der weiteren Zurückdrängung der Demokratie und der Kompetenzen der nationalen Regierungen haben. In Nizza soll dieser Prozess der weiteren Ent-Demokratisierung Europas von Europas Regierungshäuptern abgesegnet werden. Demokratie und globaler Freihandel sind nach John Gray halt wie Feuer und Wasser.

Literatur: Belen Balanya,Ann Doherty,Olivier Hoedeman, Adam Ma' anit & Erik Wesselius (2000) EUROPE INC: Regional & Global Restructuring and the Rise of Corporate Power, London,Pluto Press.

Kontakt: Netzwerk gegen Konzernherrschaft und neoliberale Politik - c/o Jürgen Crummenerl, Richard-Wagner-Str. 14, 50674 Köln


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Emanzipation Humanum, Version 12. 2000, Kritik, Anregungen zu Form und Inhalt, Dialog sowie unveränderter Nachdruck bei Quellenangabe und Belegexemplar erwünscht. Übersetzung in andere Sprachen erwünscht. Kürzungen und Änderungen nach Absprache möglich.

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