Suche auf den GAIA - Seiten

  powered by FreeFind
Suchbegriff hier eingeben

Site Map    Was ist neu?    Suche

 

WEED zum US-Report zur Reform des IWF und der Weltbank:

 

Denkanstösse und gefährliche Schnellschüsse

 

Der am 9. März vorgelegte Report der vom US-Kongress eingesetzten Kommission bestätigt in mehreren Punkten die langjährige Kritik von Nichtregierungsorganisationen an den Internationalen Finanzinstitutionen und Entwicklungsbanken. Der Bericht gibt den anhaltenden Forderungen nach einer grundlegenden Reform der Internationalen Finanzinstitutionen zusätzliches Gewicht. WEED begrüßt die Empfehlungen des Reports nach stärkerer Transparenz und Rechenschaftspflicht in den Finanzinstitutionen und nach einer grundsätzlichen Diskussion über die Aufgabenverteilung zwischen IWF und Weltbank.

Unerwartete Schützenhilfe von Seiten der Kommission erhält die weltweite Entschuldungskampagne mit der Forderung nach vollständiger Streichung der multilateralen Schulden. "Dies untermauert unsere Kritik, dass die in Köln 1999 vereinbarten Schuldenerleichterungen für die hochverschuldeten Länder bei weitem nicht ausreichen, um den ärmsten Ländern einen wirklichen Neuanfang zu ermöglichen", sagt Barbara Unmüßig, Vorsitzende der Organisation Weltwirtschaft, Ökologie und Entwicklung (WEED). Die Kommission ist hier konsequenter als die nördlichen Gläubigerregierungen.

Überlegenswert ist aus Sicht von WEED die Empfehlung, der IWF solle sich aus der langfristigen Entwicklungsfinanzierung zurückziehen und sich auf sein Kernmandat kurzfristige Zahlungsbilanzdefizite auszugleichen konzentrieren. Die dramatischen negativen sozialen und ökologischen Erfahrungen mit den Strukturanpassungsprogrammen des IWF haben gezeigt, dass der Währungsfonds nicht über die nötige Expertise für armutsorientierte Entwicklungsstrategien verfügt. Auch die jüngst beschlossenen Armutsstrategieprozesse von IWF und Weltbank im Rahmen der HIPC-Entschuldungsinitiative können nicht darüber hinwegtäuschen, dass letztlich die neoliberalen makroökonomischen Kernvorgaben der IWF mit ihrer harten Auflagenpolitik bei Finanz- und Entschuldungskrisen nicht in Frage gestellt sind. "Die soziale und ökologische Dimension der Strukturanpassungsprogramme gehört dringend auf den Prüfstand", fordert Barbara Unmüßig.

Auch wenn Elemente der Kritik der Kommission begrüßenswert sind, so sind insgesamt dessen Empfehlungen zum Teil sehr widersprüchlich und gleichzeitig in ihrer Tendenz aus entwicklungspolitischer Sicht äußerst gefährlich. "Mit ihrem unverhohlenen marktradikalen Tenor redet die Kommission letztlich einer weiteren Aushöhlung der öffentlichen Entwicklungsfinanzierung das Wort", kritisiert Barbara Unmüßig. "Die Empfehlungen liefern dem aktuellen Trend, selbst klassische staatliche Aufgaben wie Bildung und Gesundheit zu privatisieren, Vorschub. Dies trägt den marktfragmentierten Ökonomien und schon gar nicht der sozialen Not und den ökologischen Problemen der Mehrzahl der Entwicklungsländer Rechnung." Der Vorschlag des Berichts, die multilateralen Entwicklungsbanken sollten nur noch den allerärmsten Ländern Finanzmittel zur Verfügung stellen und alles andere privaten kommerziellen Geldflüssen überlassen, wird den existierenden Problemen nicht gerecht. Der Bericht der Kommission liefert letztlich der ohnehin anhaltenden Tendenz des US-Kongresses, multilaterale Organisationen zu schwächen, neue Argumentationshilfen. Insgesamt dürften sich all diejenigen des Berichtes bedienen, die die seit Jahren schrumpfenden Entwicklungshilfetransfers der Industrieländer an die Entwicklungsländer rechtfertigen wollen.

Die Diskussion um die Aufgabenstellung der internationalen Finanzinstitutionen und über die Zukunft der Entwicklungsfinanzierung ist dringend notwendig. Mit dem Bericht der Kommission an den US-Kongress liegt ein weiterer, wenn auch äußerst streitbarer Denkanstoß aus den USA vor. Es zählt zu den gravierenden Schwächen der deutschen Bundesregierung und der europäischen Regierungen insgesamt, dass sie keine eigenen ausgereiften Vorschläge zu diesen zentralen Feldern der internationalen Finanz- und Entwicklungspolitik vorlegen. Die US-Dominanz auch bei Personalentscheidungen hat nicht zuletzt mit der Konzeptionslosigkeit der EU-Regierungen in diesen Fragen zu tun.

Weitere Informationen bei Barbara Unmüßig, Tel: 0228-76613-21 oder barbara.unmuessig@weedbonn.org


Berlin, den 23.03.00, Pressemitteilung

 

Eckpunkte für eine IWF-Reform und die Neuordnung des internationalen Finanzsystems

 

Nach dem unseligen Gezerre um den Chefposten beim Internationalen Währungsfonds (IWF) steht endlich die dingend notwendige Reform des IWF auf der Tagesordnung. Inhaltliche Aspekte wie die Abkehr von der bisherigen Stabilisierungs- und Strukturanpassungspolitik, die künftige Rolle des IWF in der internationalen Finanzarchitektur und die Demokratisierung des IWF müssen endlich angegangen werden, fordert WEED heute bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Oxfam in Berlin. Ein deutlich redimensionierter IWF sollte dabei im Vordergrund der Reformbemühungen stehen.

"Alle Reformvorschläge müssen sich daran messen lassen, ob sie zum einen die Bekämpfung der Ursachen der Finanzkrisen ins Visier nehmen und zum anderen die Überwindung der Armut in den Entwicklungsländern erreichen helfen" fordert Barbara Unmüßig, Vorstandsvorsitzende von WEED. Die jüngsten Vorschläge aus den USA (US-Finanzministerium, Meltzer Report) adressieren die Ursachen des Scheiterns der bisherigen IWF-Politik nur unzureichend. Außerdem reden sie marktradikalen Ansätzen das Wort, die jedoch schon immer die Auflagenpolitik der IWF-Stabilisierungs- und Strukturanpassungsprogramme geprägt haben. Gerade deren negativen ökonomischen, sozialen und ökologischen Folgen gilt es jedoch aus Sicht von WEED durch eine entsprechende Neuausrichtung der IWF-Politik zu überwinden. Überhaupt nicht einbezogen in die US-Reformvorschläge ist die dringend notwendige Demokratisierung des IWF.

 

Abkehr von der bisherigen Strukturanpassungspolitik

Die bisherige Politik des IWF, die Kreditvergabe in Krisensituationen an Auflagen wie Importliberalisierung, Privatisierung, weitere Öffnung gegenüber ausländischem Kapital und die Reduzierung öffentlicher Ausgaben zu binden, zwingt die betroffenen Länder häufig zu einschneidenden wirtschaftspolitischen Kursänderungen. Statt die Kreditvergabe an solche Strukturanpassungsmaßnahmen zu binden, die die Krisen vielfach noch verschärft und ihre sozialen und ökologischen Kosten weiter in die Höhe getrieben haben, sollte der IWF sich primär auf die Aufgabe konzentrieren, seine Mitgliedsländer bei der Überbrückung von Zahlungsbilanzproblemen zu unterstützen. Die Herausforderung hierbei ist jedoch, dass auch die kurzfristigen monetären und fiskalischen Maßnahmen der Stabilisierungsprogramme in eine armuts- und umweltorientierte Entwicklungsstrategie integriert werden müssen.

 

Demokratisierung des IWF: Die derzeitige Stimmrechtsverteilung, bei der die G 7 Staaten und alle anderen EU-Länder zusammen 54 Prozent der Voten halten, steht für ein veraltetes undemokratisches System. Wenn die Länder tatsächlich mehr Eigenverantwortung für ihre Stabilisierungsprogramme übernehmen sollen, muss die Aufwertung der Position der armen und der Schwellenländer oberste Priorität genießen.

 

Kernelemente einer Regulierung der Finanzmärkte

Die Asien- und Russlandkrise hat ein neues Kapitel in der Diskussion um die Regulierung der internationalen Finanzmärkte aufgeschlagen. Die u.a. vom IWF eingeleiteten Schritte im Rahmen einer Neuordnung der Finanzmärkte (verbesserte Informationssysteme und Bankenaufsicht) zielen aus Sicht von WEED immer noch zu wenig oder gar nicht auf die Verhinderung von Finanzkrisen ab. Für einen Großteil der Maßnahmen zur Regulierung des Finanzmarktes wird auch dem IWF in Zukunft eine Rolle zukommen.

 

Kernelemente für eine Regulierung sind: Selektiver Einsatz von Kapitalverkehrskontrollen: Um den Kapital- und Devisenzu- und abfluss zu regulieren, können Kapitalverkehrskontrollen wirksame und sinnvolle Instrumente sein. Dies gesteht mittlerweile auch der IWF ein, nach dem er bislang ausschließlich Kapitalverkehrsliberalisierungen propagiert hat. Die Entscheidungsmacht muss jedoch vor allem bei den nationalen Regierungen und nicht beim IWF liegen.

 

Einbeziehung des Privatsektors in das Krisenmanagement: Im Gegensatz zur bisherigen Praxis, die Verluste der privaten Anleger durch Kreditpakete des IWF so gering wie möglich zu halten ("bail out"), sollten in Zukunft die privaten Investoren verstärkt für die Verluste aufkommen, die sie häufig durch leichtsinnige Geschäfte selbst zu verantworten haben. Dies würde die Risikobereitschaft der Anleger vermutlich dämpfen und damit den Umfang hochspekulativer Geschäfte verringern. Private Verluste müssen privat bleiben und dürfen nicht sozialisiert werden!

 

Entschleunigung internationaler Kapitalbewegungen: Um das hohe Tempo internationaler Kapitalbewegungen zu entschleunigen und kurzfristige Spekulation zu entmutigen, kann die Besteuerung grenzüberschreitender Kapitalflüsse (z.B. Tobin-Steuer) sinnvoll sein. Eine Börsenumsatzsteuer, die nur auf den Handel mit Aktien und Anleihen erhoben wird, nicht auf deren Erstkauf, würde den Anreiz für schnell wechselnde Dispositionen erheblich verringern. Die Finanzierung von Investitionen würde hingegen nicht verteuert, da die Steuer nicht auf Erstemissionen erhoben würde.

 

Neutralisierung von off-shore-Zentren und Steuerparadiesen: Investmentfonds, Banken und Spekulanten verlegen ihren juristischen Sitz deswegen in off-shore-Zentren, weil sie dort keine oder kaum Steuern zahlen müssen und sich der Aufsicht über ihre Finanztransaktionen völlig legal entziehen können. Bei diesen Freizonen handelt es sich jedoch in der Mehrzahl um von Industriestaaten abhängige Gebiete, die bewusst von dem jeweiligen "Mutterland" geschaffen und mit Sondergesetzen ausgestattet wurden. Sie sollten entweder ganz abgeschafft oder dadurch neutralisiert werden, dass Finanzinstitute verpflichtet werden, keine Geschäfte einzugehen, die über diese Zonen laufen.


W E E D - World Economy, Ecology & Development / Weltwirtschaft, Oekologie & Entwicklung e.V., Bertha-von-Suttner-Platz 13, D-53111 Bonn, Tel. +49-228-766130, Fax: +49-228-696470, e-mail: weed@weedbonn.org, Internet: http://www.weedbonn.org

Links
Literatur
Inhaltsübersicht
Kontakt
oben
home
deutsch
english
español
Gästebuch


Emanzipation Humanum, Version 3. 2000, Kritik, Anregungen zu Form und Inhalt, Dialog sowie unveränderter Nachdruck bei Quellenangabe und Belegexemplar erwünscht. Übersetzung in andere Sprachen erwünscht. Kürzungen und Änderungen nach Absprache möglich.

http://emanzipationhumanum.de/deutsch/wto3.html
GOWEBCounter by INLINE