Wahlboykott
als
Mittel der Wiederbelebung der Demokratie
von
Wolfgang Fischer
Bei
Wahlbeteiligungen, die von mal zu mal tiefer sinken, sagt
auch eine 60-prozentige Stimmenmehrheit immer weniger aus:
lag die Wahlbeteiligung z.B. bei 50 Prozent, so stehen in
Wirklichkeit hinter einer 60-prozentigen Stimmenmehrheit
lediglich 30 Prozent der Wahlberechtigten. Die Politiker
vernachlässigen diese für sie blamable Relation
gerne und brüsten sich unbeirrt mit einem vermeintlich
eindeutigen Wahlauftrag.
In
den USA sind Wahlbeteiligungen von lediglich 30 bis 40
Prozent für die dortigen Politiker längst kein
Hindernis dafür, ihr Regierungssystem der Welt als
Vorzeigedemokratie hinzustellen. Dies können sie
solange tun, wie es im Volk keine Bewegung gibt, die den
offensichtlichen Legitimationsschwund der
repräsentativen Demokratien" nicht als Chance
begreift.
Immer
stärker sinkende Wahlbeteiligungen weisen auf eine
politische Unlust der BürgerInnen hin. Mag diese Unlust
z.T. in Bequemlichkeit begründet sein, läßt
sich dennoch eine allgemeine Verdrossenheit und
Enttäuschung in Hinblick auf die tatsächlichen
Resultate des Wählens nicht von der Hand weisen.
Gründe hierzu finden sich zuhauf: Nicht eingehaltene
Wahlversprechen (ohne Beispiel!), offensichtliche politische
Lügen ohne juristische Folgen (psychologisch
manipulative Kriegsvorbereitungen z.B.), juristisch
unterschiedliche Behandlung von Politikern und
Normalbürgern (Kohl), klares Mißachten des Wahl-
und Verfassungsauftrags (die Realität von
Umweltverschmutzung, von Nahrungsvergiftung und von
Wasserkontamination beweist, daß der politische Schutz
nicht diesen Bereichen gilt, sondern anderen Interessen
dient), Mißbrauch öffentlicher Gelder (aktuell
z.B. für eine Bundeswehr, die längst ihre
verfassungsgemäße in der Landesverteidigung
begründete Bestimmung verloren hat), Bedrohung bis
Außerkraftsetzen nationalen, demokratisch gewachsenen
Rechts durch europäisch oder gar global (MAI, WTO)
begründetes, demokratisch nicht legitimiertes Recht
u.v.a.m.
Die
Bürger sehen sich in wachsendem Maße nicht mehr
durch die Politiker vertreten, vielmehr erleben sie, wie
eben diese Politiker ganz offen gegen die Interessen der
Bürger handeln. Die Politik ist heute eher gewillt, die
Interessen global agierender Konzerne zu schützen, als
sich um das körperliche und geistige Wohlergehen ihrer
Bürger zu sorgen. Eher wird das Kapital und dessen
Bedarf geschützt und gefördert als daß die
Unversehrtheit unser aller Lebensgrundlagen geschützt
wird.
Vor
diesem Hintergrund ist ein Quantifizieren derjenigen
Bürger, die diese Entwicklung nicht mehr
mitverantworten wollen, unerlässlich aber politisch
unerwünscht. Gerade deshalb darf das Votum all derer,
die aus o.g. Gründen erst gar nicht mehr zur Wahlen
gehen, nicht mehr wie bislang verloren gehen. Dadurch,
daß die Wahlscheine derer, die keine der sich zur Wahl
stellenden Parteien wählen wollen, gezählt werden
und diese Zahlen auch veröffentlicht werden,
können diese Stimmen nicht mehr unter den Teppich
gekehrt werden.
Diese
Stimmen können sich, wenn die Idee des Wahlboykotts als
demokratische Chance begriffen und entsprechend organisiert
wird, zahlenmäßig behaupten und zum Sammelbecken
einer Reformbewegung werden. Einer Reformbewegung all derer,
denen die Scheinheiligkeit des politischen Systems
unerträglich geworden ist.
Politisch
engagierte Menschen verschiedener Denkungsart, denen die
verlorengegangene Sachdiskussion nicht egal ist, denen eine
Lösung der ubiquitär ins Unüberschaubare
wachsenden Probleme wichtiger erscheint als deren Vertagen
auf kommende Generationen, Menschen, die davon ausgehen,
daß ein Ansprechen der tatsächlichen
Mißstände auch andere interessiert, könnten
sich hier zusammenfinden und artikulieren. Sie könnten
deutlich werden lassen, daß die politisch motivierte
Falsch- oder Nichtinformation letztendlich die Krankheit
unserer Art von Zivilisation darstellt, mit der wir heute
den gesamten Erdball zu infizieren drohen.
Die
meisten Menschen sind durch ebensolche Falsch- und
Nichtinformation desorientiert und unsicher. Auf der einen
Seite denken sie gar nicht weiter, dem Zeitvertreib
frönend, über Sinn und Unsinn nach und auf der
anderen Seite fühlen sie sich ohnmächtig und
chancenlos.
Eine
sich organisierende Gruppe von Wahlboykotteuren könnte,
die Medienaufmerksamkeit erweckend, zunehmend Einfluß
in der politisch erstarrten Landschaft gewinnen.
siehe
auch:
- Sind
die etablierten Parteien wirkliche
WAHL
- Alternativen?
Gibt es andere
Perspektiven?
Wolfgang Fischer (pdf.version)
- Wahlboykott
als Mittel des Widerstands gegen die Entmachtung des
Souveräns,
Wolfgang Fischer (pdf.version)
- Protest-Wahlschein
der Wahl-Protest-Aktion
2002
- Aktion
Wahlboykott,
Atomaustieg und Frieden wählen!
und: Reale
Zahlen? NichtDemokraten? Wahlverweigerung? Fairness?
Wahlpflicht? - Nichtwähler
mitwerten! siehe
auch: Aufruf
Demokratie
jetzt!
Wir
boykottieren die baden-württembergische Landtagswahl!,
Initiative Wahl-Boykott (03. 2001)
Sind
die etablierten Parteien wirkliche
WAHL
- Alternativen?
Fragen
und Perspektiven
Wolfgang
Fischer
(pdf.version)
Gläubige
Christen, Anders- und Ungläubige, finden Sie, dass die
Politik genügend sorgsam mit der Natur umgeht? Und wie
steht es um den Umgang mit den Menschen, speziell den
Ärmsten und Ausgegrenzten? Gilt denen tatsächlich
der besondere Schutz gebotener Nächstenliebe? Finden
Sie, dass die Kirchen genügend fest auf der Seite der
Benachteiligten stehen?
Wo
Sie hinschauen, spielen die Geheimdienste ihr seltsam
kriminelles Spiel. Sollen sie weiterhin durch Intrigen und
Finanzieren von Konflikten die Sicherheit des friedlichen
Zusammenlebens der Menschen gefährden dürfen?
Sollte es den Geheimdiensten wirklich weiterhin erlaubt
sein, Verbrechen anzustiften und zu begehen, wie es
allgemeine Praxis der USA bis hin zum politisch
begründeten Mord ist? Sehen Sie einen Unterschied
zwischen staatlich inszeniertem und privatem'
Terror?
Fragen
auch Sie sich, was die USA dazu berechtigt, ein
Lehmhüttenland wie Afghanistan mit völkerrechtlich
verbotenen Waffen anzugreifen und dort weit mehr unschuldige
Menschen töten, als in den Terrorakten vom 11.9.
umgekommen sind? Und was halten Sie von dem aktuellen Gerede
vom Erst-Einsatz taktischer Atomwaffen? Ist die Zivilisation
tatsächlich am Ende?
Finden
Sie es richtig, dass die zur Verteidigung der Landesgrenzen
auf dem Boden des Grundgesetzes geschaffene Deutsche
Bundeswehr mittlerweile an weltweiten Kriegseinsätzen
teilnimmt?
Glauben
Sie, dass es tatsächlich um einen 'Kampf gegen den
internationalen Terrorismus' geht oder vermuten auch Sie
andere wirtschaftliche und geopolitische Strategien hinter
den vorgegebenen humanitären Motiven?
Wahrscheinlich
sind auch Sie für den Frieden und auch dafür, dass
internationale Streitigkeiten durch Dialog und Verhandlung
geklärt werden, nötigenfalls durch
wirtschaftlichen Druck, ausgehend von der weltweiten
Solidargemeinschaft der Nationen. Sehen sie dieses Interesse
durch die politischen Parteien vertreten?
Sehen
Sie in der Tatsache, dass die Weltwirtschaft zu einem
erheblichen Teil auf Waffenproduktion und -handel beruht
auch eine wesentliche Ursache für den laufenden Einsatz
all dieser Waffen?
Halten
Sie es für gerecht, dass Entscheidungen der
Weltgemeinschaft innerhalb der UNO durch ein Einspruchrecht
einer Großmacht weiterhin blockiert werden
können? Kann es sogar eine Immunität für
Kriegsverbrechen geben?
Das
Grundgesetz definiert die Bundesrepublik Deutschland als
sozialen Rechtsstaat, in dem das Kapital sozial gebunden
ist, d.h. es soll dem Allgemeinwohl dienen. Halten Sie es
vor diesem Hintergund für richtig, dass die
Großindustrie heutzutage kaum noch Steuern zahlt,
astronomische Gewinne deklariert und an die Aktionäre
verteilt, während dem Staat das Geld für
Sozialausgaben fehlt und die Abgabenlast für den
Normalbürger ständig ansteigt? Spekulationen auf
Gewinne, wie wir es an den Börsen erleben, können
Arbeitsplätze vernichten. Die Arbeit als solche ist
wertloser geworden als der spekulative Gewinn durch
Nicht-Arbeit. In diesem Zusammenhang ist es geradezu
obszön wie Politiker mit Blick auf die
Basisansprüche der Ärmsten, der Asylsuchenden und
Arbeitslosen von Sozial-Schmarotzertum sprechen. Finden Sie
nicht auch, dass das die Wahrheit auf den Kopf
stellt?
Ist
es in Ihrem Sinn gerecht, dass die Diäten der Politiker
in großen Schritten steigen und in den
Bundesländern völlig unangemessene Höhen
erreicht haben, während der Arbeitnehmer um den
Inflationsausgleich kämpfen muß? Halten Sie es
für sozial ausgewogen, dass sich die Einnahmen der
Manager der Großbanken in den letzten sechs Jahren
mehr als verdoppelt haben, während diese Banken
tausende von Arbeitsplätzen vernichtet
haben?
Fällt
auch Ihnen auf, dass Persönlichkeiten des
öffentlichen Lebens sehr oft von einschlägigen
gerichtlichen Verfahren freigestellt werden, während
Steuervergehen z.B. den Normalbürger hinter Gitter
bringen können ohne Rücksicht auf Konsequenzen
für die materielle Sicherheit ihrer Familien?
Wenn
Sie Autofahrer sind, halten Sie es sicher für
angemessen, dass von Ihnen eine Haftpflichtversicherung
gefordert ist, die dazu taugt etwaige durch Ihr
Kraftfahrzeug verursachte Schäden abzudecken. Haben Sie
sich nicht auch schon gefragt, wieso von der Atomindustrie
für das von ihren Anlagen ausgehende unvergleichlich
höhere Risiko keine entsprechend hohe
Haftpflichtversicherung gefordert ist?
Sind
Sie gefragt worden, ob Sie es für sinnvoll halten die
Deutsche Bundespost in Privatunternehmen umzuwandeln? Halten
Sie dieses Umwandeln im Nachhinein für vorteilhaft? Hat
sich der Service für den Bürger verbessert? Ist
Ihre Stromrechnung aufgrund der Privatisierung niedriger
ausgefallen? Und wie steht es um die geplanten
Privatisierungen der Wasserversorgung, der
Universitäten, der Schulen, des Gesundheitssystems -
halten Sie das für richtig und
weiterführend?
Waren
in Ihren Augen alle gesellschaftlichen Einrichtungen der
ehemaligen DDR tatsächlich schlechter als die der
Bundesrepublik und sind diese tatsächlich besser als
die des ehemaligen Bruderstaats? Sind wir zu den
Wünschen für unsere gemeinsame Verfassung befragt
worden so wie es das Grundgesetz vorsieht?
Wenn
auch Sie sehen, dass Ihre Fragen von den politischen
Parteien und Kräften unbefriedigend beantwortet werden,
dann liegt doch auf der Hand, nach anderen
Möglichkeiten zu suchen. Oder haben Sie nach dem Motto
resigniert, 'wir können ja doch nichts ändern -
die Großen machen ja doch was sie wollen'?
Um
uns weitere Möglichkeiten zu erschließen,
dürfen die Stimmen der Kritiker nicht länger
schweigen oder ungehört bleiben. Das bedeutet
beispielsweise auch, dass die Stimmen derer, die bei den
kommenden Wahlen in keiner der angebotenen politischen
Parteien und Gruppen eine zukunftssichernde Alternative
sehen weil gerade deren politische Kräfte der Gegenwart
nicht gerecht werden und damit die Zukunft verspielen, nicht
weiter unter den Tisch fallen dürfen. Eine gut
funktionierende Demokratie darf die Stimmen eines
Großteils der Wahlberechtigten nicht unter den Teppich
kehren!
Die
Nichtwähler aus Protest müssen sich formieren,
sonst nutzt die ganze Protesthaltung nichts und verpufft
chancenlos! Das Votum für den Frieden, für
weltweite soziale Gerechtigkeit und ökologische
Verträglichkeit muß sich gerade in einem sozialen
Rechtsstaat bemerkbar machen. Genausowenig, wie friedliche
Demonstrationen kriminalisiert werden dürfen,
dürfen Wahlen abgehalten werden, ohne den ernsthaften
Versuch, die Nichtwähler mit einzubinden. Realität
ist, dass Wahlergebnisse sich bislang prozentual immer auf
100% Wahlbeteiligung berechnen, nie auf die
tatsächlichen Zahlen - damit wird durch geschönte
Zahlen regelmäßig eine zu große
Unterstützung der politischen Linie vorgetäuscht.
Um diesem Missstand der Systemlüge zu begegnen, muss
das Votum der Protest-Nicht-Wähler
zahlenmäßig erfasst und inhaltlich thematisiert
und veröffentlicht werden.
Die
Zahl dieser kritischen Gruppe muß aus dem Dunkel des
Schweigens heraustreten ans Licht der
Öffentlichkeit.
Da
Wahlscheine das Erfassen des Protests durch ein entsprechend
mitzuzählendes Votum nicht ermöglichen, muß
diese Möglichkeit geschaffen werden. Dazu ist es
notwendig, diese Protest-Stimmen zählen zu lassen.
Praktisch läßt sich das beispielsweise dadurch
verwirklichen, dass die Wahlbenachrichtigungen an eine
vorher bestimmte Adresse geschickt werden, dort
zahlenmäßig erfasst und veröffentlicht
werden. Parallel dazu müssen selbstverständlich
die oben angeführten und alle anderen offenen Fragen
breit in die Öffentlichkeit getragen werden, um einen
Solidarisierungseffekt zu ermöglichen.
Ziel
dieser Aktion kann es nur sein, neben dem Druck auf die
politischen Parteien neue alternative politische
Gruppierungen zu bilden, die aktiv in den politischen
Prozess eingreifen, um notwendige Antworten auf die
tatsächlichen Bedrohungen eines friedvollen Miteinander
zu finden und diese auch umzusetzen.
siehe auch:
-
Wahlboykott
als Mittel des Widerstands gegen die Entmachtung des
Souveräns!
- Protest-Wahlschein
der Wahl-Protest-Aktion
2002
- Aktion
Wahlboykott,
Atomaustieg und Frieden wählen!
und: Reale
Zahlen? NichtDemokraten? Wahlverweigerung? Fairness?
Wahlpflicht? - Nichtwähler
mitwerten!
- Anti-Wahl-Seite
[http://www.wahlquark.de.vu]
Emanzipation
Humanum,
Version 06. 2002 , Kritik, Anregungen zu Form und Inhalt,
Dialog sowie unveränderter Nachdruck bei Quellenangabe
und Belegexemplar erwünscht. Übersetzung in andere
Sprachen erwünscht. Kürzungen und Änderungen
nach Absprache möglich.
http://emanzipationhumanum.de/deutsch/wahl02.html
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