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NATO- "SICHERHEITS"-KONFERENZ
EINLADUNGEN ZUM PROTEST

«Die Sicherheit, die sie meinen, ist die eigentliche Gefahr!»

- aktuell --> Aufruf zu Protesten gegen die NATO-Militärtagung am 3./4. Februar 2006 in München (Aktionsbündnis gegen die Nato-Sicherheitskonferenz)

Auftaktkundgebung mit Claus Schreer, 7.2.04, Marienplatz

Aktionsbündnis gegen die NATO- "Sicherheitskonferenz" - Aufruf des Münchner Friedensbündnis - Aufruf der FI Christen in der Region München - Münchner Konferenz für Sicherheitspolitik - ein Fall für die Friedensbewegung? von Conrad Schuhler zum Friedensratschlag in Kassel am 7.12.03 - Rede von Claus Schreer am 7.2. - Pressekonferenz v. 8.2. und Bewertungen

Aktionsbündnis gegen die NATO- "Sicherheits"-Konferenz"

Gemeinsame Präambel zu den Protesten am 6. und 7. Februar 2004

Bei der sogenannten "Münchner Sicherheitskonferenz" geht es nicht um internationale Sicherheit. Es geht um Absprachen und Koordination weltweiter Strategien zur militärischen Absicherung ökonomischer Herrschaftsansprüche. Die letzte Tagung diente auch der Vorbereitung des verbrecherischen Angriffskrieges gegen den Irak. Über 30.000 Menschen haben im Februar 2003 auf Münchens Straßen und Friedenskonferenzen gegen die NATO-Kriegstagung und den Irakkrieg protestiert. Weltweit kam es zu den bisher größten Antikriegsprotesten, allein am 15. Februar mit mehr als 10 Millionen Menschen.

Wir sind ein Teil der weltweiten Widerstandsbewegung, die sich über Seattle, Genua, Prag, Davos, München und Barcelona sowie über die internationalen Sozialforen in Porto Alegre und Florenz entwickelt hat. Gemeinsam - Friedens- und Antikriegsbewegung, Solidaritätsbewegung - kämpfen wir gegen soziale Demontage, Aufrüstung und Krieg. Wir sind ein breites Bündnis unterschiedlicher Gruppen mit verschieden Vorstellungen von Protest und Widerstand. Wir kritisieren aus unterschiedlichen Positionen weltweite Ungerechtigkeit und staatliche Kriegspolitik. Diese Vielfalt ist unsere Stärke. Wir lassen uns nicht spalten. Wir erklären den Kriegsstrategen: Ihr seid hier und anderswo unerwünscht.

Wir rufen auf zu Protesten gegen das Treffen der Welt-Kriegselite.

Die NATO-Sicherheitskonferenz darf nicht stattfinden. Wir werden protestieren - gemeinsam, entschlossen und kreativ. Wir lassen uns das Recht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit nicht nehmen oder durch Verbote einschränken.

Stoppt die weltweiten Kriege der NATO-Staaten! -Für ein soziales Europa -Keine EU-Militärmacht -Gegen die deutsche Kriegspolitik und weltweite Bundeswehreinsätze -Statt sozialer Demontage und Aufrüstung - Umverteilung von oben nach unten - No justice-no peace - Internationale Solidarität gegen Ausbeutung und militärische Unterdrückung

Kommt nach München!

  • Freitag, den 9.Januar, 18:00 bis Sonntag, den So. 11.Januar, DGB Haus, Schwanthalerstr. 64, AntiKriegs-Kongress: Krieg nach außen - Krieg nach innen
  • Donnerstag, den 5. Februar, 19:00, Gemeindesaal der Kreuzkirche, Hiltenspergerstraße, Internationales Frieden und Gerechtigkeit gestalten - Nein zu Krieg! - Öffentliche Gegenveranstaltung zur „Sicherheits" Konferenz in München, Schirmherr Prof. Hans-Peter Dürr
  • Freitag, den 6. Februar 2004 ab 16:00 zu Protesten rund um den Tagungsort Hotel Bayerischer Hof
  • Samstag, den 7. Februar um 12:00 zur Internationalen Großdemonstration auf dem Marienplatz
  • Sonntag, den 8. Februar, Internationales Friedensgebet, Ort und Zeit werden noch bekanntgegeben
www.no-nato.de + www.attac-muenchen.de + www.muenchner-friedensbuendnis.de + www.muenchen-gegen-krieg.de

Wer die Präambel des breiten Bündnisses unterstützen möchte: Fax 089 1689415 e-mail: kontakt@no-nato.de
Spenden und Präambel-Unterstützbeitrag 25/50 Euro: Konto Martin Löwenberg, Kto-Nr. 28264-803, BLZ 70010080, Postbank München

mehr Staatsmacht als demonstrierende Bürger (7.2.04)

Aufruf des Münchner Friedensbündnis (pdf-Flugblatt, 2 Seiten):

Einladung zum friedlichen Protest
gegen die Münchner "Sicherheits"-Konferenz
5. - 8. Februar 2004

Gegen Kriegsvorbereitungen protestierten in München im Februar 2003 rund 30.000 Menschen. In Berlin waren es später 500.000, im Oktober auf dem Friedensmarsch von Assisi 300.000. Die Bevölkerung von Europa hat sich, auch in England, Spanien und Italien, energisch gegen den Krieg gewehrt. Weltweit demonstrierten Millionen von Menschen für den Frieden.

Alljährlich treffen sich jedoch Politiker, Militärstrategen und Vertreter der Rüstungsindustrie zur „Internationalen Konferenz für Sicherheitspolitik". Sicherheit wird dort vorrangig aus dem Blickwinkel der Mächtigen und ihrer Militärs verstanden. Die Völker der Welt sollten erneut auf eine Kette von „Kriegen gegen den Terror" und gegen „Schurkenstaaten" eingestimmt werden. 2003 diente die Sicherheitskonferenz eindeutig der Vorbereitung des Irak-Krieges.

Die internationale Friedensbewegung protestiert gegen Kriege und Kriegsvorbereitunge und fordert stattdessen einen

Systemwechsel

für soziale Gerechtigkeit weltweit und für eine zivile Sicherheitspolitik.

Unsere Aktivitäten sollen die Kritik an der bestehenden Kriegspolitik ausdrücken und im Gegensatz dazu friedenspolitische Konzepte sowie reale Alternativen zu dieser Politik öffentlichkeitswirksam vorstellen.

Wir sagen: Krieg kann keine Probleme lösen und auch den internationalen Terrorismus nicht beseitigen. Konzepte für zivile Konfliktbearbeitung, sozial-ökologische Umsteuerung und friedliche Entwicklung sind vorhanden, werden aber von Politikern und Medien weitgehend ignoriert.

Wir wollen die Lösung gesellschaftlicher Konflikte in den Mittelpunkt stellen.

Krieg und Terrorismus eskalieren wegen des von unseren Regierungen betriebenen neoliberalen Globalisierungsprojekts. Bei diesem haben Gewinn- und Machtinteressen oberste Priorität.

Die negativen Ergebnisse sind unübersehbar:

- Wachstum auf Kosten der Umwelt
- Massenarbeitslosigkeit
- Weltweit sich öffnende Schere zwischen arm und reich
- Gewalt und Gegengewalt

An der Gewaltspirale drehen USA und NATO eifrig mit: z.B. durch Bruch des bisher gültigen Völkerrechts, das Angriffskriege verbietet, und Rückkehr zum Recht des Stärkeren. Dabei hungern mehr als 800 Millionen Menschen, sind Opfer von Krieg, Vertreibung und Naturkatastrophen. Diese Globalisierung zerstört die Existenzgrundlage der Menschen und erzeugt damit einen Nährboden für immer neue Gewalt.

Krieg löst keine Probleme - er schafft zusätzliche!

Die Sicherheitslage kann nur verbessert werden, wenn die Ursachen von Gewalt und Krieg mit politischen und wirtschaftlichen Mitteln bearbeitet und beseitigt werden.

Notwendig für politische Lösungen sind:

- die Einhaltung der Menschenrechte
- die Beachtung des Völkerrechts und die Ablehnung jeder militärischen Gewalt
- die Entwicklung demokratischer und gerechter Strukturen
- sozial-ökologische Rahmenbedingungen für die Weltwirtschaft.

Das zielt auf:

- Existenzsicherung für jeden Menschen auf der Welt
- Umweltschutz und Ressourceneinsparung
- Gewaltfreie Lösung von Konflikten.

Das Recht jeden Landes auf eigenständige wirtschaftliche und soziale Entwicklung orientiert sich an der Notwendigkeit der Erhaltung der Lebensgrundlagen aller Völker und deren friedlichem Zusammenleben. Die Bestrebungen der Welthandelsorganisation (WTO) mit ihren Macht instrumenten (GATS, TRIPS, SAP) dagegen widersprechen diesem Ziel.

Die Praxis der US-Regierung, als „Weltpolizei", Ankläger, Richter und Henker in einem auf zutreten, widerspricht rechtsstaatlichen Grundsätzen. Das geplante Verankern einer Aufrüstungs verpflichtung in der zukünftigen Verfassung Europas verschärft die Militarisierung der Politik. Die neuen verteidigungspolitischen Richtlinien in Deutschland widersprechen unserem Grundgesetz. Es gibt keine Rechtfertigung für die zunehmenden internationalen Militärinterventionen.

Im Widerstand gegen diese Entwicklung treten wir ein für

- deutliche Schritte zur Abrüstung
- Stopp aller Rüstungsexporte
- Abzug aller Atomwaffen aus Deutschland
- eine aktive Politik der globalen Gerechtigkeit
- Dialoge, Verhandlungen und Aufbau von Strukturen
für gewaltfreie Lösung von Konflikten
- ein funktionsfähiges internationales Strafgericht.

Wir sind der Überzeugung, dass unsere gewaltfreien Aktionsformen
dem Ziel des Friedens entsprechen. Das Ziel bestimmt auch den Weg.

Deshalb laden wir ein: Kommt nach München und nehmt an den friedlichen und friedenstiftenden Aktionen teil! Gemeinsam zeigen wir, dass wir eine Welt der praktizierten Menschenrechte und der sozialen Gerechtigkeit wollen.

Spendenkonto: 41039-801, Postgiro München, BLZ 70010080, Friedensbüro e.V. Stichwort „Sicherheitskonferenz"

Ich möchte ein Mensch des Friedens werden, dass auch andere Menschen leben können - neben mir, fern von mir und nach mir.
Ich suche das Gespräch mit Andersdenkenden und bedenke die Fragen, die sie mir stellen.
Ich möchte so leben, dass ich niemandem Angst mache.
Ich bitte darum, dass ich selber der Angst nicht unterliege.
Ich setze meine Fähigkeiten und Kräfte ein für eine Gesellschaft, in der der Mensch dem Menschen ein Helfer ist.

Friedrich Schorlemmer 1983

WTO = world trade organisation, Welthandelsorganisation in Genf; hat de facto mehr Macht als die UNO.
GATS = general agreement on trade in services, Allgemeines Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen: die grundgesetzlich geschützte gemeindlicheSelbstverwaltung wird durch Privatisierungspläne bedroht; Zugriff der Konzerne auf die Bildung; Gefahr für die Unabhängigkeit von Lehre und Wissenschaft.
TRIPS = trade related aspects of intellectual property rights, handelsbezogene Aspekte bezüglich der Rechte an geistigem Eigentum, das Allgemeingut 'Wissen' soll zur Ware werden.
SAP = structural adjustment procedures, Strukturanpassungsmaßnahmen, das sind die Verschlankungspläne oder auch sozialen Kahlschläge, die auch wir bereits zu spüren bekommen, nachdem die Menschen in der 3. Welt sie schon seit Jahren bitter erfahren.

Aufruf der Friedensinitiative Christen in der Region München (pdf-Flugblatt)

Für eine andere Sicherheitskonferenz!

Wenn politisch Verantwortliche und Militärs im Februar alljährlich in München zusammenkommen, dürfen folgende Themen nicht fehlen:

- Möglichkeiten und Erfordernisse ziviler Konfliktbewältigung,

- internationale Kooperation auf der Basis der Menschenrechte für Alle,

- Rechtstreue der Staaten, insbesondere der mächtigsten Nationen und Bündnisse.

Wir schlagen vor, die bisherige „Sicherheitskonferenz" zu öffnen:

- für diese Themen und

- für eine Debatte mit Fachleuten der Friedens- und Konfliktforschung.

Wir wollen in unserer Stadt das auf Gewaltlösungen fixierte Denken überwinden. Damit setzen wir für viele Menschen das Hoffnungszeichen:

„Eine andere, eine friedlichere Welt ist möglich!"

Dieses Zeichen soll unmißverständlich in eine menschlichere Zukunft weisen!

Angesichts der Not und Friedenssehnsucht aller von Krieg gequälten Völker sehen wir nur zivile Konfliktlösungen als hilfreich an für die Entwicklung von Frieden.

Zivile Sicherheit statt militärischer „Sicherheit"!

Dieses Ziel soll alle Menschen guten Willens einen, keine Gutwilligen ausschließen, auch nicht Politiker oder Militärs.

Wenn viele Menschen das alte, von vielen Kämpfen tief eingeschliffene Denken hinter sich lassen, kann Neues entstehen!

Mit diesem Vorschlag wenden wir uns an alle engagierten und verantwortungsbewußten Bürger unseres Landes:

Laßt uns gemeinsam arbeiten an der Entwicklung
eines humanen Verständnisses von Sicherheit in Gerechtigkeit und Frieden!

martialische Szenen (7.2.04)


Münchner Konferenz für Sicherheitspolitik
- ein Fall für die Friedensbewegung?

Plenumsvortrag von Conrad Schuhler am 7.12.03 auf dem 10. bundesweiten und internationalen Friedensratschlag 2003

„Globale Gerechtigkeit statt neoimperialer Vorherrschaft - Zivile Prävention statt Präventivkriege - Abrüstung statt Sozialabbau"

( pdf Druckversion )

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,

wenn es nach dem Veranstalter der Münchner Sicherheitskonferenz geht, dann ist dieses Ereignis sogar ein zentraler Fall für die Friedensbewegung. Der als persönlicher Veranstalter fungierende Horst Teltschik ist der ehemalige außenpolitische Berater von Bundeskanzler Helmut Kohl, ehemaliges Vorstandsmitglied von BMW und der heutige Präsident von Boeing Deutschland, des größten Luft- und Raumfahrtkonzerns der Welt. Nach eigenen Angaben ist Boeing Weltspitze in integrierten Verteidigungssystemen, Raketen, Satelliten und fortgeschrittenen Informations- und Kommunikationssystemen, also genau der Technologie und den logistischen Mitteln, die den USA die überlegene Gefechtsfeldkenntnis und den schnellen Einsatz über weite Räume für ihre globalen militärischen Aktionen ermöglichen. Deren oberster Agent in Deutschland, Horst Teltschik, erklärt nun zum Stellenwert der Münchner Konferenz: „Was das Weltwirtschafts in Davos für die Spitzenvertreter der internationalen Wirtschaft ist, ist die Sicherheitskonferenz in München für die Repräsentanten der strategischen Gemeinschaft."

Die Funktion und Bedeutung des Davoser s ist der Bewegung der Altermondialisten, der Globalisierungskritiker, seit langem klar: Dort geht es, auch wenn es keine Beschlüsse und keine Abschlusserklärung gibt, um die Abstimmung des Vorgehens der Transnationalen Konzerne und ihrer Regierungen und Politiker bei der Ausplünderung des Planeten. Wie die Auseinandersetzungen um Stahlimporte, um Agrargüter, um ein weltweites Investitions-abkommen zeigen, existieren nicht nur zwischen Nord und Süd, sondern auch zwischen Konzernen und reichen Nationalstaaten erhebliche Divergenzen. Der entscheidende Punkt liegt aber darin, dass die Industriestaaten sich ein Regelsystem schaffen, um ihre Widersprüche zu kanalisieren und um bei aller Konkurrenz das gemeinsame Ziel der profitablen Verwertung aller globalen Ressourcen zu realisieren. Davos ist der Mechanismus, um im Vorfeld konkreter Regularien die Probleme zu sortieren, die gemeinsamen Schnittmengen festzustellen und so die Entscheidungen von Morgen und Übermorgen vorzubereiten. Weil die Bewegung für eine andere, eine gerechte Welt dies erkannt hat, macht sie das Weltwirtschafts alljährlich zu einem des weltweiten Protests.

Warum geschieht dies nicht analog durch die Friedensbewegung gegenüber der Sicherheitskonferenz in München, wo man Jahr für Jahr die Probleme der militärischen Absicherung der globalen Ausbeutung erörtert? Übertreibt Horst Teltschik vielleicht, wenn er München in den Rang eines militärisch-strategischen Äquivalents zum Wirtschaftss Davos erhebt? Ein Blick auf die Themen und Teilnehmer der Konferenzen der letzten Jahre beweist, dass der Boeing-Agent Teltschik keineswegs übertreibt. Tatsächlich werden hier Militärstrategien für aktuelle Ziele koordiniert und ihre jeweiligen praktischen Ergebnisse ausgewertet. 1999 und 2000 stand der NATO-Krieg gegen Jugoslawien und der Umgang mit den Resten des zertrümmerten Staates im Vordergrund. Im Jahr darauf konzentrierte sich die Konferenz in den Worten der Veranstalter auf „wichtige Weichenstellungen, so die Osterweiterung der Nato und die künftige sicherheitspolitische Rolle der Europäischen Union in der Allianz". 2002 hieß das Motto, nach dem Anschlag vom 11.9.2001: „Internationaler Terrorismus - Die Herausforderung für globale Sicherheit", nichts anderes als das internationale Absegnen des „Kriegs gegen den Terror". Im Februar dieses Jahres schließlich versuchte die „strategische Gemeinschaft" ihre Differenzen hinsichtlich des bevorstehenden Irak-Krieges zu klären. Daneben gehörten zu den Schwerpunktthemen die zukünftige Entwicklung im Mittleren Osten und am Persischen Golf sowie die „außen- und sicherheitspolitische Rolle der EU in der Vorbeugung und Bewältigung von Krisen". Eben diese Frage, in den Worten Teltschiks: „Wie soll die zukünftige Aufgabenverteilung zwischen den Europäern und den USA aussehen?", soll im Mittelpunkt der in zwei Monaten stattfindenden 40. Sicherheitskonferenz stehen.

An der Auflistung der Themen ist zu erkennen, dass die Konferenz sich jeweils punktgenau der wesentlichen aktuellen Strategiefragen annimmt. Die personelle Besetzung sorgt dafür, dass die ausgetauschten Meinungen und der hergestellte Konsens - oder auch, wie in diesem Jahr, der Dissens über den Irak-Krieg - tatsächlich in Politik umgesetzt wird. Beim letzten Mal gehörten die Minister Rumsfeld und Fischer zu den Hauptdiskutanten. Zur nächsten Konferenz im Februar 2004 werden Bundeskanzler Schröder und andere Schwergewichte der Außen- und Militärpolitik erwartet. Die von der künftigen EU-Verfassung vorgesehene und von den EU-Ministern im Kern schon beschlossene Entwicklung einer eigenen globalen Einsatzgruppe, die unabhängig von der NATO operieren soll, und der Widerspruch der USA, die über die europäischen militärischen Ressourcen nach eigenem Gutdünken im Rahmen der Nato verfügen wollen, wird die kommende Tagung bestimmen.

Eine im Zusammenhang mit dem Irak-Krieg stärker gewordene ideologische Strömung hält dafür, dass die wachsende militärische Macht Europas als Gegenmacht zum bellizistischen US-Hegemon ein Fortschritt für den Frieden sei. Nach dieser Sicht wäre also die Münchner Sicherheitskonferenz an sich kein Fall für die Friedensbewegung, diese müsste vielmehr die europäische Seite gegen die US-Phalanx unterstützen. Ein solches Plädoyer hat Jürgen Habermas zusammen mit sechs weiteren europäischen Philosophen und Publizisten im Mai des Jahres in führenden europäischen Zeitungen vorgetragen. Der umfängliche Artikel trug den programmatischen Titel: „Die Wiedergeburt Europas. Plädoyer für eine gemeinsame Außenpolitik - zunächst in Kerneuropa." Gefordert wird dort die Konfrontation mit den USA. „Europa muss sein Gewicht auf internationaler Ebene und im Rahmen der UN in die Waagschale werfen, um den hegemonialen Unilateralismus der Vereinigten Staaten auszubalancieren." Zur „Gestaltung des Designs einer künftigen Weltordnung" sei Europa geradezu berufen. Es habe „unter Schmerzen lernen müssen, wie Unterschiede kommuniziert, Gegensätze institutionalisiert und Spannungen stabilisiert werden können". Deshalb verstehe Europa, „dass in einer komplexen Weltgesellschaft nicht nur Divisionen zählen, sondern die weiche Macht von Verhandlungsagenden, Beziehungen und ökonomischen Vorteilen". Das wachsende Gewicht Europas in der Weltpolitik, so Habermas und Kollegen, sei auch deshalb zu wünschen, weil den Europäern auch „die sozialstaatliche Befriedung von Klassengegensätzen" gelungen sei, sie hätten „Maßstäbe sozialer Gerechtigkeit" gesetzt, hinter die „auch eine künftige Politik der Zähmung des Kapitalismus in entgrenzten Räumen nicht zurückfallen" dürfe. In Europa habe sich „im Kontext von Arbeiterbewegungen und christlich-sozialen Überlieferungen ein solidaristisches, auf gleichmäßige Versorgung abzielendes Ethos des Kampfes für mehr soziale Gerechtigkeit gegen ein individualistisches Ethos der Leistungsgerechtigkeit durchgesetzt, das krasse soziale Ungleichheiten in Kauf nimmt". Erhöht Europa sein militärisch-strategisches Gewicht in der Welt, so die Logik dieser philosophischen Hebammen einer Wiedergeburt Europas, dann bekommt dies dem Frieden und der globalen sozialen Gerechtigkeit.

Von welch monströser Unwahrheit diese Behauptungen sind, erschließt sich jedem, der die derzeitige Demontage des Sozialstaates in Deutschland wie in den übrigen Ländern Europas zur Kenntnis nimmt. Zur angeblichen „sozialstaatlichen Befriedung von Klassengegensätzen" in unserem Land sei mir hier nur der Hinweis gestattet, dass die Arbeitnehmer in den letzten 11 Jahren einen realen Einkommensverlust von 4,4% zu verzeichnen hatten, während die Unternehmergewinne real um 40% gestiegen sind, und heute 50% der über 4 Millionen Arbeitslosen und jeder Zwölfte der Erwerbstätigenhaushalte von der Sozialstatistik als arm ausgewiesen wird. Wie total auch die SPD die Ideologie des Neoliberalismus übernommen hat, zeigt sich beispielhaft in den Worten von Peter Glotz, früherer Bundesgeschäftsführer der SPD und von dieser als ihr Mann in den Europäischen Konvent geschickt. Dieser begrüßt die Agenda 2010 der Bundesregierung folgendermaßen: „Die Wissensgesellschaft erweist sich als eine Gesellschaft des bewussten Ausschlusses vieler aus der modernen Arbeitswelt... Wir werden auf Dauer mit einer neuartig zusammengesetzten Unterklasse leben müssen, die wissensintensive Jobs entweder nicht bekommt, oder wegen der stark verdichteten Arbeit nicht will."

Diese neoliberale Skrupellosigkeit kennzeichnet auch die internationale Politik Deutschlands und der EU. Auch hier hat man sich darauf verständigt, auf Dauer mit einer Unterklasse leben zu müssen, diesmal im globalen Maßstab. Dass Deutschland und Europa hier im Gleichklang mit den USA die Ausbeutung des Globus betreiben, ergibt sich schon aus der Struktur des globalen Kapitals. Von den 200 umsatzstärksten Konzernen der Welt entfallen 82 auf die USA, 41 auf Japan und 65 auf die EU, davon 20 allein auf Deutschland. Über 50% ihrer Umsätze und Profite realisieren diese Konzerne außerhalb ihrer Heimatländer. Indem die USA die internationale militärische Kontrolle über Ressourcen, Transportwege und Märkte übernehmen, erweisen sie sich als politisch-militärischer Dienstleister des globalen Kapitals insgesamt. Als wie enge Partner sich EU und USA sich bei der Aufbereitung der Armen Welt für ihre Profitzwecke verstehen, erwies sich zuletzt bei der WTO-Konferenz vor wenigen Wochen in Cancun. Trotz ihrer ernsten Divergenzen in Sachen Stahl und Agrargüter hatten EU und USA einen gemeinsamen Entwurf für ein globales Abkommen zu Investitionen und Wettbewerb vorgelegt, das die Armen Länder dem Profitwüten der Transnationalen Konzerne noch weiter ausgesetzt hätte. Die wichtigsten Länder der Armen Welt haben diesen Entwurf abgelehnt, was die USA und die EU zu der gleichlautenden Reaktion brachte, dann müsse man eben mit den einzelnen Ländern bilaterale Abkommen aushandeln, die dann allerdings schlechter für diese Länder ausfallen würden.

Der europäische Faktor in der Weltpolitik schlägt nicht auf der Seite sozialer Gerechtigkeit zu Buche, er ist vielmehr ein aktives Moment der globalen Ausbeutung. Und logischerweise sind deshalb die erhöhten militärischen Anstrengungen Europas keineswegs ein Beitrag zu mehr Frieden, zur Achtung des Völkerrechts und nationaler Selbstbestimmung, sondern der Versuch, durch ein höheres militärisches Eigengewicht den politischen Spielraum gegenüber den USA bei der gemeinsamen Ausplünderung und Kontrolle des Planeten zu erhöhen. Im Entwurf für eine neue EU-Militärstrategie, den Javier Solana im Auftrag der EU-Regierungschefs vorgelegt hat, ist die Rede von der Aufstockung der Verteidigungsmittel zum Aufbau von flexibleren mobilen Einsatzkräften, um „eine Weltordnung zu schaffen, die sich auf einen wirksamen Multilateralismus stützt" und mit den „neuen Bedrohungen" fertig wird. Diese neuen Bedrohungen und die Art, wie man mit ihnen fertig werden will, entsprechen haargenau den Prinzipien der Nationalen Sicherheitsstrategie der USA. In dem Solana-Papier werden wie in den US-Richtlinien drei Hauptgefahren genannt: „Bei einer Summierung dieser verschiedenen Elemente - extrem gewaltbereite Terroristen, Verfügbarkeit von Massenvernichtungswaffen und Scheitern staatlicher Systeme - ist es durchaus vorstellbar, dass Europa einer sehr ernsten Bedrohung ausgesetzt sein könnte." Und wie die USA wollen die Europäer diese Bedrohung nach Bedarf und in eigener Entscheidung mit pre-emptive strikes in jeden Winkel der Erde, also vorbeugend, ausschalten: „Bei den neuen Bedrohungen wird die erste Verteidigungslinie oftmals im Ausland liegen. Die neuen Bedrohungen sind dynamischer Art. Wenn sie nicht beachtet werden, erhöht sich die Gefahr... Daher müssen wir bereit sein, vor dem Ausbrechen der Krise zu handeln." Dass die militärisch gekräftigte EU Seit an Seit mit den USA marschieren will, daran will auch die Schlusswertung des EU-Papiers keinen Zweifel aufkommen lassen: „Gemeinsam handelnd, (heißt es da,) können die Europäische Union und die Vereinigten Staaten eine eindrucksvolle Kraft sein, die sich für das Gute in der Welt einsetzt." Der Unterschied zwischen den EU-Regierungschefs und dem Präsidenten der USA besteht nur noch darin, dass dieser, wo jene „das Gute in der Welt" realisieren wollen, gleich Gottes Willen reklamiert. Bei Bush heißt die entsprechende Stelle: „Freiheit ist nicht Amerikas Geschenk an die Welt. Freiheit ist Gottes Geschenk an die Welt. Freiheit ist Gottes Geschenk an jedes menschliche Wesen auf der Welt. Amerika steht großen Herausforderungen gegenüber; Herausforderungen zu Hause und im Ausland...Gott hat uns aufgerufen, unser Land zu verteidigen und die Welt zum Frieden zu führen."

Ob nun Gott oder das Gute in der Welt - EU und USA wollen es mit den gleichen Mitteln und den selben Zielen erreichen, mit schnellen Eingreiftruppen, mit Erstschlägen, mit Angriffskriegen, mit militärischer Einschüchterung und Erpressung. Die militärische Stärkung der EU bedeutet kein Gegengewicht zu den USA, sie stockt vielmehr das globale Kriegspotential auf, sie verschärft die Gefahr und die Intensität weltweiter Kriege. Bei der Münchner Sicherheitskonferenz geht es darum, die größer und in der Koordination zwischen den USA und Europa komplizierter gewordene Kriegsmaschine wieder zu fokussieren. München 2004 ist in diesem Sinn nicht bloß irgendein Fall, es ist der Ernstfall für die Friedensbewegung in dieser neuen Phase der Weltpolitik. Man werde sich, sagt Veranstalter Teltschik, mit der Weiterentwicklung der transatlantischen Beziehungen beschäftigen. Und natürlich läge es nahe, fügt er hinzu, das Thema Naher und Mittlerer Osten aufzugreifen. Eben dies sind unsere, der Friedensbewegung Themen: Wird die EU, die auf 25 Länder anwachsen und sich eine eigene Verfassung geben wird, auf Aufrüstung, auf Partnerschaft mit den USA im globalen „Krieg gegen den Terror" programmiert, oder erheben wir unsere Stimme für ein anderes, ein friedliches Europa, und tun wir dies am Ort, wo die Planer der globalen Militarisierung zusammen kommen, am 6. und 7. Februar 2004 in München?

Tritt die nationale und internationale Friedensbewegung in München an, trifft sie auf eine regionale Friedensbewegung, die sich seit 40 Jahren, seit es diese Konferenz zunächst als Wehrkundetagung und nun als sog. Sicherheitskonferenz gibt, gegen diese Werkstatt der globalen Kriegsplanung erhoben hat. Bei der Konferenz im letzten Jahr gab es ein dreitätiges Versammlungsverbot im gesamten Münchner Stadtgebiet. Dennoch kam es zu einer Demonstration von über 10.000 Menschen gegen die Kriegskonferenz. Claus Schreer, der als Mit- Organisator der Aktionen festgenommen und wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz angeklagt wurde, musste freigesprochen werden. Der damalige Münchner Kriminaldirektor musste vor Gericht bekennen: „Ich glaube, wenn Claus Schreer das nicht gemacht hätte, wären die Leute trotzdem gekommen." In diesem Jahr, als es um die Vorbereitung des Irak-Kriegs ging, wurde eine Veranstaltung unseres Instituts, des ISW, zu den wirtschaftlichen Folgen der neoliberalen Globalisierung, vom SPD-Oberbürgermeister in den Räumen einer mit städtischen Mitteln unterstützten Einrichtung verboten. Begründung: Es bestehe der Verdacht, wir würden dort Gewalttaten vorbereiten. Wir zogen um in das Gewerkschaftshaus, wo der frühere FDP-Minister Burkhard Hirsch zur Gefahr für die Demokratie durch die neuen „Antiterror-Gesetze" referierte. Die 300 Teilnehmer unterstützten einstimmig eine Resolution gegen die Rot-Grüne-Stadtverwaltung und die Sicherheitskonferenz. Trotz aller Diffamierung und polizeilicher Einschüchterung demonstrierten schließlich 30.000 Menschen gegen Irak-Krieg und Kriegskonferenz.

Das will sagen: Mit Unterstützung vieler Freundinnen und Freunde aus dem In- und Ausland, nicht zuletzt von der Informationsstelle Militarisierung, hat sich in München eine breite Bewegung von Gewerkschaften, kirchlichen Gruppen, Attac und politischen Parteien und Gruppen gegen die Kriegskonferenz herausgebildet. Auf der Gegenseite haben wir es mit dem Aufmarsch der wichtigsten globalen Kriegskräfte zu tun. Die Friedensbewegung sollte ihre Antwort auch auf ihre breiten, internationalen Schultern stellen. Deshalb unser herzlicher Wunsch:

Seien Sie in München im Februar 2004 an unserer Seite!

 

- Conrad Schuhler, Unter Brüdern, Die USA, Europa und die Neuordnung der Welt, PapyRossa, 2003

Der Krieg der USA um globale Hegemonie, von Michel Chossudovsky ( pdf.Druckversion ) (12.2003)


Rede von Claus Schreer, Kundgebung Marienplatz 7. Februar 2004

Proteste gegen die sog. NATO-Sicherheitskonferenz

In was für einer Stadt leben wir? Der Münchner OB begrüßt im Bayerischen Hof die Welt-Kriegsstrategen und Völkerrechtsverbrecher und gleichzeitig werden die Kriegsgegner massenhaft von Becksteins Polizeihundertschaften zusammengeschlagen und festgenommen. Militärminister Peter Struck erklärt die ganze Welt zum Einsatzgebiet der Bundeswehr, bricht also die Verfassung zum x-ten Mal, doch die Polizei jagt Antimilitaristen. Tobias Pflüger wird beinahe das Genick gebrochen, weil er etwas sagt, was gesagt werden muss, nämlich: "Die besten Soldaten sind diejenigen, die ihren Dienst quittieren". Die Polizei erteilt auch noch Redeverbot. Das ist wirklich unglaublich - Redeverbot, so etwas steht in keinem Gesetz.

Ich möchte noch ganz besonders alle Berufsdemonstranten begrüßen. Wie habt ihr das nur geschafft, hier herzukommmen - bei 4.000 Polizisten! Der Polizeipräsident soll aber zur Kenntnis nehmen: Wir alle sind inzwischen BerufsdemonstrantInnen, denn die Anlasse werden immer mehr: Kürzungen in Schulen und Hochschulen, Kürzungen bei Rentnern und Arbeitslosen, Sozialkahlschlag ... Und solange es berufsmäßige Kriegsverbrecher gibt, solange wird es auch Berufsdemonstranten geben!

Wenn die Herrschenden Krieg führen, dann nennen sie das Friedensmissionen, und wenn sie sich zu Kriegsabsprachen treffen, dann nennen sie das "Sicherheitskonferenz". Aber um Frieden und Sicherheit oder gar um die Lösung der globalen Probleme, wie Hunger und Armut - darum ging es noch nie auf den sog. Sicherheitskonferenzen in München. Es ging immer nur um Absprachen über Militärstrategien, um Rüstungsplanungen und darum, Kriegskoalitionen für völkerrechtswidrige Militärinterventionen zusammen zu schieben.

In diesem Jahr ist die sog. Sicherheitskonferenz der Vorbereitungsgipfel für die Beschlüsse der NATO-Ratstagung, die im Juni in Istanbul stattfindet. Die Kriegsminister aller NATO-Staaten und der NATO-Generalsekretär haben schon gestern nachmittag getagt und ihre Militäreinsätze in Afghanistan und auf dem Balkan abgesprochen. Und schließlich ging es um, einen möglichst raschen Einsatz der NATO zur dauerhaften Absicherung der Besatzungsherrschaft im Irak. Diese Besatzungsherrschaft ist jedoch genauso völkerrechtswidrig wie der Krieg. Man kann nicht gegen den Krieg sein, aber die Okupation akzeptieren.

Den US-Statthaltern geht es nicht um Demokratie im Irak. Sie wollen ein Vasallen-Regime installieren und betreiben den Ausverkauf des Irak. Und die Antwort kann nur heißen: Die Besatzungstruppen müssen abziehen - sofort! Und die US-Regierung muss für die Kriegsschäden, die sie angerichtet hat aufkommen. Aber aus eigenen Mitteln, und nicht von den Geldern, die sie zuvor im Irak konfisziert haben!

Im Bayerischen Hof geht es darum natürlich nicht. Hier werden die Weichen gestellt für neue Kriege! Die jährlichen Tagungen im Bayerischen Hof sind im wahrsten Sinne des Wortes Kriegskonferenzen und Kriegspropaganda-Veranstaltungen - Versammlungen, die verfassungswidrig sind und die laut Grundgesetz gar nicht stattfinden dürften, denn Die Vorbereitung eines Angriffskrieges und das "Aufstacheln zum Angriffskrieg" ist nach dem Grundgesetz und dem Strafgesetzbuch ausdrücklich verboten. Genau das aber geschieht hier im Bayerischen Hof.

Es kommt aber noch schlimmer: Donald Rumsfeld nimmt in der Rangliste internationaler Kriegsverbrecher einen Spitzenplatz ein. Der US-Kriegsminister, seine europäischen Komplizen und alle in München versammelten Präventivkriegs-Strategen gehören vor den internationalen Strafgerichtshof. Wer Tausende irakische Zivilisten mit zielgenauen Raketen umbringen lässt - gehört hinter Gitter.

Herr Oberbürgermeister: Dieser Kriegsmafia gibt man nicht die Ehre eines Sektempfangs. Heute schreibt der Christian Ude in der AZ: "München muss selbstverständlich ein guter Gastgeber sein". Aber doch nicht für skrupellose Machthaber, die völkerrechtswidrige Angriffskriege befehlen! Herr Ude, seit wann sind notorische Kriegsverbrecher willkommene Gäste in München? Sie sollen verschwinden, sie sind hier und anderswo unerwünscht!

Vor einem Jahr erlebte München mit 30.000 Menschen die größten Antikriegs-Proteste der Nachkriegsgeschichte. Eine Woche später, am 15. Februar demonstrierten weltweit 15 Millionen gegen die verbrecherischen Kriegspläne der US-Regierung. Nie zuvor zeigte sich so deutlich der globale Charakter einer Bewegung, die weltumspannende Ablehnung imperialer Kriege und imperialer Herrschaftsansprüche. Nie zuvor ist den Herrschenden so deutlich vor Augen geführt worden, dass sie eine kleine Minderheit sind. Diese Bewegung, die sich seit Seattle, Genua und Porto Allegre weltweit zusammen schließt, ist die einzige Hoffnung für die Menschheit. Nicht die Regierungen, nicht die WTO oder der IWF und auch nicht die UNO.

Wir hier auf dem Marienplatz sind nur ein kleiner Teil dieser globalen Bewegung die gerade erst begonnen hat, international zu handeln, einer Bewegung von Millionen, die weltweite Ungerechtigkeit nicht länger akzeptieren, von Millionen, die sich gegen Ausbeutung und Unterdrückung zur Wehr setzen und von Millionen Menschen auf der ganzen Welt, die die kolonialen Kriege und Raubzüge des Imperialismus ablehnen.

Weltweit wächst die Erkenntnis, dass die Profitinteressen des Kapitals und die Herrschaft der global operierenden Konzerne jedem Fortschritt und jeder Entwicklung menschenwürdiger Lebensverhältnisse im Wege stehen, dass ein radikaler Wandel notwendig ist, wenn die Welt nicht in Hunger und Elend, nicht in Krieg und Barbarei versinken soll.

Auch wenn wir heute nicht ganz so viele sind, wie vor einem Jahr, es gibt keinen Anlass zur Resignation. Wir haben auf der ganzen Welt Millionen Verbündete. Eine andere Welt ist möglich - das ist keine illusionäre Vision. Beim G8-Gipfel in Genua gab es die Losung: Ihr seid 8 - wir sind 6 Milliarden. Die Herrschenden wissen das auch. Deshalb schlagen sie wütend um sich. Aber auf Dauer wird ihnen auch das nicht helfen, denn: Wenn aus den Millionen-Protesten millionenfacher Widerstand wird, hat die Profit- und Kriegsmafia ausgespielt und landet auf dem Müllhaufen der Geschichte.

Die Antikriegs-Bewegung wird sich nach diesem Wochenende nicht zur Ruhe setzen.

Auf dem europäischen Sozial in Paris und jetzt auf dem Weltsozial in Mumbai in Indien wurde der 20. März zum internationalen Aktionstag gegen Krieg und Besatzung erklärt. Der Aufruf der sozialen Bewegungen des Weltsozials lautet: "Wir rufen alle Bürger der Welt auf, gleichzeitig am 20. März zu einem Internationalen Tag des Protests gegen Krieg und das durch die USA, Großbritannien und die Alliierten erzwungene Besatzungsregime im Irak zu mobilisieren. Die Besatzungstruppen müssen abziehen. Die irakische Bevölkerung hat das Recht auf Selbstbestimmung und Souveränität, sowie Recht auf Reparationen für alle durch Embargo und Krieg verursachten Schäden."

Arundhati Roy, die große indische Schriftstellerin erklärte dort: "Wir müssen der globale Widerstand gegen die Besatzung werden" Und sie machte einen Vorschlag, den wir aufgreifen sollten: "Lasst uns zwei wichtige Unternehmen auswählen, die von der Zerstörung des Irak profitieren." Vielleicht müssen es aber auch ein paar mehr sein.

Wir sollten das aufgreifen. Lasst uns am 20. März damit beginnen, die schmutzigen Kriegsgeschäfte eines Konzerns ans Licht der Öffentlichkeit zu bringen, ihn zu boykottieren, ihm weh zu tun. Ich meine den Siemens-Konzern.

Siemens gehört mit seinen weltweit 400.000 Beschäftigten zu den führenden Gobal Playern. Siemens profitiert vom Krieg, von seiner Vorbereitung und seinen Folgen. Unter andem als Ausrüster der Bodeninterventionstruppen der Bundeswehr, als Lieferant von Kommunikationsanlagen für US-Luftwaffenstützpunkte und von Überwachungsanlagen für US-Flughäfen. Und: Siemens hat die ersten Aufträge im kriegszerstörten Irak in der Tasche.

Lasst uns also am 20. März demonstrieren: Gegen die Besatzung und gegen die Kriegsprofiteure hier in München, z.B. vor der Siemens-Zentrale am Wittelsbacher Platz.


Betrachtungen nach der Siko

Auf der Pressekonferenz am 8.2. um 11:00 im Kaffe Glockenspiel konnte ausführlich zu den Repressalien (mehr als 200 Festnahmen, 3 Schwerverletzte etc.) berichtet werden. Die Presse war mehr an diesen Dingen interessiert als an inhaltlicher Kritik an der Siko. Tobias Pflüger von der IMI in Tübingen konnte sowohl seine inhaltliche Kritik zusammenfassend darstellen wie auch von seiner schmerzvollen und durch nichts zu rechtfertigenden Festnahme berichten. Passenderweise sind mitten während der PK zwei Vertreter des Polizeipräsidiums dort aufgetaucht, die sich mit dem fadenscheinigen Argement, Hausrecht zu haben, einschleichen wollten. Wir, speziell Claus Schreer, ließen uns nicht einschüchtern und verwiesen auf die geschlossene Veranstaltung. Die Szene war haarsträubend, wurde gefilmt von MünchenTV, bis schließlich unter Drohungen gegen Claus - 'wir sprechen uns noch!' - der Rückzug erfolgte. Den armen Vertreter des Kaffee Glockenspiel haben sie wohl mit der Drohung versucht einzuschüchtern, die Küche inspizieren zu lassen - eine Vermutung!

Doch konnte auf der PK nochmals darauf verweisen werden, dass es uns, als Teil der emanzipatorischen, globalisierungskritischen und weltweiten Bewegung, mit unseren thematisch breitgefächerten Aktionen vom 5. bis 8.2. anläßlich der Siko gelungen sei nachzuweisen, dass die Sicherheit, von der die Strategen des militärisch-industriell-intellektuellen Polit- und Kapitalkomplexes sprechen, die eigentliche Gefahr und Bedrohung für uns alle darstellt.

Gefahr und Bedrohung durch eine verkehrte Vorstellung von Sicherheit wurde anhand von 4 Themen-Beispielen belegt.

- Erstens wird die Spirale der Gewalt bis ins Unendliche ausgedehnt: per SDI bis in den Weltraum und per Misslingen der Kontrolle der Verbreitung von Atomwaffen auch noch in die Breite. Die EU-Militarisierung weist in die gleiche falsche Richtung

- Zweitens kostet diese Fehlvorstellung von Sicherheit uns alle die schiere Existenzgrundlage: Abbau der Sozialsysteme, Einschränkung der bürgerlichen Rechte, Militarisierung des Denkens und der Sprache, Entsolidarisierung der Gesellschaft.

- Drittens wird die Umwelt weiter zerstört durch Schwerpunktverlagerung zugunsten der Industrie und Wirtschaft. Weiterhin hat der Einsatz von völkerrechtlich verbotener DU-Munition auf dem Balkan, im Irak und in Afghanistan zu flächendeckender Verstrahlung mit der Folge von Zunahme chronischer Erkrankungen in ungeahntem Ausmaß geführt.

- Viertens vernachlässigt die einseitige militärische Sichtweise das breite Fördern und Einsetzen von zivilen Friedenskräften, um existierende Krisenherde (speziell in Palästina) zu stabilisieren. Im Gegenteil werden solche Krisenherde dazu instrumentalisiert, geostrategische Interessen der führenden Industrienationen gegen den Rest der Welt durchzusetzen.

Die auf der Siko vertretene Politik der Sicherheit fördert Gewalt bis hin zu Krieg und Terror, vernachlässigt notwendige emanzipatorische Ansätze und verhindert dadurch eine weitere Solidarisierung unter den Völkern - sie erreicht exakt das Gegenteil von dem, was sie vorgibt anzustreben.

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Die Idee mit den Buttons "BeobachterIn" war sehr gut. Veschaffte der Button doch oftmals Zugang dort, wo dieser von der Polizei vielfach zu Unrecht versperrt werden sollte. Völlig willkürlich versuchte die Polizei immer wieder, Leute in die Demoformation hinein zu drängen oder sie ließ andererseits die Leute aus der Demo oftmals nicht heraus, auch wenn diese nur zum Bieseln ausscheren wollten. Das ist völlig überzogen und behinderte bereits am Freitag die einzelnen Kundgebungen wie speziell das Formieren der Menschenkette. Es war ein klares Behindern einer genehmigten Demonstrationsform.

Genauso überzogen war die Anwendung von Gewalt. Beim Versuch, den Namen von "Gegriffenen" aufzunehmen, wurde ich völlig unnötig zu Boden geworfen. Immer wieder bedurfte es des Hinweises auf unser Recht, die Namen zu erfahren, um nicht abgedrängt zu werden. Es ist kriminell, wenn Demonstranten wie Kapitalverbrecher gegriffen werden. Tobias Pflügers Festnahme sei hier beispielhaft angeführt. Bei den Schwerverletzten speziell sollte der Frage nach der Verhältnismäßigkeit der Mittel juristisch nachgegangen werden.

Insgesammt gesehen war der Polizei-Einsatz völlig unverhältnismäßig. Er behinderte die Demo mehr als dass er die Siko schützte. Denn ein Schutz der Siko wäre effektiver und für den Steuerzahler billiger zu erreichen gewesen, wenn ein starker Polizei-Gürtel um die Sperrzone herum diese gesichert hätte. Dann hätten einige wenige Begleitpolizisten bei der Demo vollkommen ausgereicht. Die Bürger hätten in größerer Zahl Mut gefasst, an der Demo teilzunehmen. So aber haben die martialisch auftretenden Polizeikräfte vielen Menschen einfach Angst gemacht. Es geht ja auf keinen Fall an, dass protestwillige Bürger vor dem Protest zum Arzt gehen müssen, um ihre Demo-Tauglichkeit angesichts rücksichtsloser Polizeistrategien feststellen zu lassen!

Der Frage nach der Verhältnismäßigkeit der Mittel muß die Frage nach der Rechtmäßigkeit der Mittel nachgeschoben werden. Denn die Behinderung bürgerlichen Protests auf erlaubten Demonstrationen darf nicht folgenlos bleiben. Immerhin ist das Demonstrationsrecht grundgesetzlich geschützt.

Andererseits war das Verhalten des 'Schwarzen Blocks' nicht immer solidarisch gegenüber dem nachfolgenden Demozug. Gleich zu Beginn gab es Probleme wegen der verbotenen Seitenbänder. Das war unnötig. Dann führte auch das immer wieder praktizierte Stehenbleiben und Losrennen gerade an den Engpässen zu unnötigen Zuspitzungen der Lage. Das muß nicht sein und bringt nichts für unser Ziel, immer mehr Menschen aller Gesellschaftsschichten zu mobilisieren. Im Gegenteil, es ist Öl aufs Feuer der Vorurteile der Polizeikräfte.

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Leserbrief von Mechthild Schreiber (73 Jahre) zur SZ v. 9. 2. 2004: München, S. 37:

Mit Berichten über Demonstrationen und Polizeieinsätze dürfen die BerichterstatterInnen immer wieder ihre journalistischen Fähigkeiten unter Beweis stellen: salopper Stil, kleine Anekdötchen, ausgewählte Zitate Teilnehmender beider Seiten - und so richtig aus dem Leben gegriffen: hier die bösen Anreisenden, die "militanten Demonstranten" , die sich möglicherweise "besonders schlagkräftig zusammengerottet " haben könnten, und dort die armen schlecht bezahlten Polizisten, die "sich ein Wochenende um die Ohren" schlagen müssen.(Arno Makowsky).

Doch um dem Gebot der Ausgewogenheit gerecht zu werden, berichtet Monika Maier-Albang immerhin von sympathischen DemonstrationsteilnehmerInnen und deren offensichtlich berechtigten Angst vor der bekannten Brutalität der Polizei; und dass die Verbalinjurien einiger Teilnehmenden gegenüber der Polizei nicht dem Geschmack und der Gesinnung der Mehrheit der Demonstrierenden entspricht, wird implizit vorausgesetzt . Dennoch kann auch sie in ihrem Beitrag nicht auf die Erwähnung des "Schwarzen Blocks" verzichten, und wenn er nur dazu dient, zu den Gesprächen mit den "Guten" aus der Friedenbewegung über zu leiten. Die Ursachen dieser Konfrontation, die inhaltliche Auseinandersetzung kommt auch bei ihr zu kurz.

Mit der Hochstilisierung der so genannten Autonomen und ihrem "Schwarzen Block" tragen Polizei wie Medien nur zur Eskalation in der Szene und zur Polarisierung der lesenden Bevölkerung bei. Eifrig am Feindbild baut auch Christian Rost. Da wird zwar auch schon mal von Beamten erzählt, die "zu fest " auf ein Piercing "drückten" und von einer Frau, die "zu hart angegangen" wurde! Jedoch während die Aktivitäten der Autonomen im Indikativ berichtet werden: dass sie zu "blockieren" und "aus dem Zug auszubrechen" "versuchen", aus ihrem Block "immer wieder Flaschen" "flogen", stehen die Brutalitäten der Polizei im Konjunktiv: die Angaben der Betroffenen werden mit Skepsis bedacht: sie "seien mit Schlagstöcken traktiert worden", "das Vorgehen der Beamten sei 'brutal' gewesen. Großmütig wird der Vize-Polizeipräsident zitiert: er könne die "Nachdenklichkeit beim Bürger" verstehen. "Aber ich habe keine andere Wahl!

"Nein, tatsächlich nicht! Die Schlagkraft des staatlichen Gewaltmonopols ist wohl stärker als die durch die neuen Erkenntnisse auch den Polizeikräften vermittelten Deeskalationsmethoden und Mediationspraktiken! Ich habe sie am eigenen Leibe zu spüren bekommen.

Ich war Zeugin und Opfer des eindeutigen Angriffs eines Polizistenblocks auf den zu diesem Zeitpunkt ruhig marschierenden Schwarzen Block. Einer der Polizisten stieß mich derart vor die Brust, dass ich auf dem Gesäß landete. Es war offensichtlich, dass ich ihm bei der Ausführung eines Befehls im Wege war. Ohne zwei kräftig zupackende Arme eines anderen Polizisten, die mich in die Höhe rissen, hätte ich wahrscheinlich mehr als eine Prellung am Hintern davongetragen!

Diese Ambivalenz der polizeilichen Funktionen konnte ich auch bei den Einsatzleitern beobachten, an die ich mich wandte, um den Vorfall mitzuteilen. Einer fertigte mich schroff ab, er habe nichts gesehen; auch nannte er seinen Namen nicht. Gefragt nach der Ursache der Polizeiattacke, verwies er auf ein verbotenes Transparent! Auf meinen Einwand, das könne man doch auch gewaltlos regeln, konterte er wörtlich: "Da hilft nur Gewalt!" Ein anderer dagegen erklärte mir freundlich, dass der Vorfall sicher aufgenommen sei und ich mich im Falle der Schadensnahme melden solle. Bereitwillig nannte er auch seinen Namen.

Mit Unterstellungen und Vorurteilen also werden die zumeist wenig ausgebildeten Polizisten zu aggressivem Verhalten bei ihren Einsätzen motiviert! Wie ich mir von einer Dozentin für Konfliktmanagement habe berichten lassen, kalkuliert man zur Effizienz und Zielbestimmung bei derartigen Einsätzen Opfer auf beiden Seiten ein!

Diese Konfrontation Staatsgewalt gegen Zivilgesellschaft stellt die eigentliche Konfliktlinie dar. Sowohl im Bayerischen Hof als auch auf der Straße geht es um Darstellung und Ausgestaltung des staatlichen Gewaltmonopols: hier um die Gewalt nach innen - dort um Gewalt nach außen!

Hier wäre eine über die Medien vermittelte Diskussion, die unsere Vorstellung von "Sicherheit" einmal hinterfragt, angesagt. Vertreter mächtiger Rüstungskonzerne und deren hochkarätige Helfershelfer in der Politischen Klasse, die unter dem Namen Außen- und Sicherheitspolitik jedoch Aufrüstungs- und Kriegsmanagement betreiben, werden mit Hilfe von polizeilicher Gewalt vor Menschen geschützt, die sich just gegen Kriegsgewalt, Aufrüstung und ausbeuterische Wirtschaftsmechanismen wenden. und sich für Solidarität der Völker und Menschen einsetzen.

Wir sind keine Gutmenschen!. Wir sind als Konsumenten - leider - Teil des Systems. Wir sind aber auch als Zivilgesellschaft demokratischer Staaten zur politischen Partizipation berechtigt und verpflichtet. Dieses Recht, diese Pflicht nehmen wir wahr. Wir wollen aufmerksam machen auf die Widersprüchlichkeiten und Absurditäten im Zusammenspiel politischer und marktwirtschaftlicher Strukturen mit angeblich ethischen Zielsetzungen und gesellschaftlichen Diskursen. Dass die Eine oder der Andere mal verbal ausfällig wird oder gar eine Flasche schmeißt - das steht doch in keinem Verhältnis zu dem Ausmaß an in derartigen Konferenzen geplanter Zerstörungskraft und den damit einkalkulierten Folgen von Tod, Leid und Elend.

Aber was erwarte ich denn? Etwa eine angemessene Auseinandersetzung mit der Thematik? Nein, hier geht es um die sehr selektive Wahrnehmung und vorurteilsorientierte Beschreibung eines "events" , um den SZ-LeserInnen auch ein klein wenig Buntes zu liefern.

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Emanzipation Humanum, Version 12. 2003 , Kritik, Anregungen zu Form und Inhalt, Dialog sowie unveränderter Nachdruck bei Quellenangabe und Belegexemplar erwünscht. Übersetzung in andere Sprachen erwünscht. Kürzungen und Änderungen nach Absprache möglich.

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