Stoppt GATS! Gegen die Privatisierung kommunaler Daseinsvorsorge Jürgen Crummenerl aus Rundbrief Nr. 9 vom ( pdf.version ) I. Von Bretton Woods zur WTO und GATS
I. Von Bretton Woods zur WTO und GATS 1. 1944 wollten die Industrieländer unter Führung der USA Konsequenzen ziehen aus den verheerenden Wirtschaftskrisen der 20er und 30er Jahre. In Bretton Woods wurde ein System etabliert, das folgende Grundprinzipien festschrieb: - feste Wechselkurse - gebunden an und geführt durch den Dollar Insgesamt spielten staatliche Eingriffe und Kontrollsysteme für die Wirtschaft eine große Rolle. Die Theorien des Ökonomen Keynes hatten einen bestimmenden Einfluß auf die Wirtschaftspolitik, z.B. staatliche -antizyklische- Eingriffe und Konjunkturprogramme. Dabei gilt für diese erste Phase nach dem 2. Weltkrieg, dass die USA die im Westen führende Wirtschaftsmacht war und den Dollarkurs bei 4.- DM festsetzen konnte. 2. Anfang der 70er Jahre kam der Umbruch: - Freigabe der Wechselkurse Für diesen Umschwenk zu einer als "neoliberal" bezeichneten Wirtschaftspolitik werden verschiedenen Ursachen genannt: z.B. - "Stagflation", d.h Inflation verbunden mit stagnierender Produktion, wegen des "Endes des Nachkriegsinvestitions-Schubs"/ der "Sättigung" der Märkte Eine Folge dieser Entwicklung war die Herausbildung internationaler Finanzmärkte, die von der Real-Ökonomie abgekoppelt ausschließlich spekulativen Zwecken dienten. Heute werden dort täglich 1,5 Bio $ umgesetzt. Sie suchen sich meist kurzfristige lukrative Anlagemöglichkeiten. Der IWF als Währungshüter verlor zu dem Zeitpunkt zunächst seine Aufgaben. Anfang der 80er Jahre tritt ein Phänomen auf, das wir seitdem die "Schuldenkrise der 3. Welt" nennen. Diese hatte verschiedene Ursachen: - im Zeitalter des "Keynesianismus" wurden - nachfrageorientiert - viele Kredite zur Belebung des Konsums und von Investitionen gegeben, auch wenn dies gar nicht dringend geboten erschien Dies war die neue Stunde des IWF: um die Schuldeneintreibung zu optimieren, sprang der IWF ein mit neuen Krediten. Seine neue Rolle: langfristige Steuerungsversuche durch Eingriffe in nationale Ökonomien - und eine Art "Versicherung" für andere Kreditgeber - Staaten oder Privatbanken. Das Gütesiegel des IWF öffnet die Tore für andere Kredite, und bei Zahlungsunfähigkeit springt der IWF ein. Besonders berüchtigt wurden die sog. Strukturanpassungsprogramme (SAP), mit denen die Kreditnehmer-Länder gezwungen wurden, ihre Wirtschaftspolitik auf die Interessen der großen Industrieländer und Konzerne zuzuschneiden: - die Wirtschaftspolitik muß "angebotsorientiert" werden, das bedeutet günstige Produktionsbedingungen für Investoren (niedrige Löhne, Sozialabgaben, Umweltstandards usw.) Was sind die Folgen dieser Politik? Der sog. "Washingtoner Konsens" aus den 80er Jahren versprach, dass eine neoliberale Politik - Liberalisierung und Deregulierung - für alle gut sei. Tatsache ist, dass lokale Strukturen in Landwirtschaft und Industrieproduktion zerstört , Menschenleben durch Hunger und Armut vernichtet wurden und Umweltschäden ungeheuren Ausmaßes sich fortsetzten. Die Schulden der "Länder des Südens" summierten sich: 1998 waren es bereits 2,5 Bio $ - von 1990 bis 1998 eine Zunahme von 75 %. Gleichzeitig flossen von 1983 bis 1995 2 Bio $ an die Gläubigerländer zurück. Die 41 meistverschuldeten Länder zahlen jährlich 8 Mrd $ zurück - oft mehr als 50% der Staatseinnahmen. Die Einkommensschere zwischen den dem reichsten und ärmsten Fünftel der Weltbevölkerung hat sich zwischen 1960 und 1997 von 30:1 auf 74:1 erweitert. Wie konnten die führenden Industriestaaten diese Politik über IWF und Weltbank durchsetzen? Jedes der über 180 Mitgliedsstaaten des IWF transferiert einen Teil seiner nationalen Währungsreserven. Durch die Höhe des Beitrages - die Quote - wird das Stimmrecht und auch die Quote, wie viel ein Land leihen darf, bestimmt. Ca.18% halten die USA und verfügen damit bei Grundsatzentscheidungen über eine Sperrminorität, sie halten mehr Stimmrechte als Südamerika, Südasien und das subsaharische Afrika zusammen. 19 Industrieländer verfügen über ca 60% der Stimmen, 122 Entwicklungsländer nur über 31%. 3. Welche Rolle spielt nun die WTO in diesem Rahmen? Nach Bretton Woods wurde 1947 das Zoll- und Handelsabkommen GATT (General Agreement on Tariffs and Trade) gegründet. Ab 1948 waren die GATT-Vereinbarungen das Hauptregime zur Regulierung des Welthandels - von Waren - zunächst beschränkt auf Industriegüter. Im Rahmen der GATT-Verhandlungen wurde immer wieder Druck ausgeübt zur Erweiterung der "Geschäftsfelder". Die stärkste Offensive begann in den 70er Jahren, als Konzerne aus den entwickelten Ländern des Nordens stärker Einfluß nahmen mit dem Ziel, einen Zugang zu weniger regulierten Arbeits- und Verbrauchermärkten und zu mehr natürlichen Ressourcen zu bekommen. Nach einer 8 Jahre dauernden Verhandlungsrunde - der sog. Uruguay-Runde - wurde die WTO (Welthandelsorganisation) 1995 von 125 Ländern - heute sind es 144 ( jetzt auch China) - gegründet und das GATT dort integriert. Die WTO verwaltet diese Abkommen, bringt künftige Verhandlungen über internationalen Handel auf den Weg, überwacht die Handelspraktiken der Mitgliedstaaten und erzwingt Akzeptanz ihrer Schiedssprüche über Handelsstreitigkeiten. Seine Aufgabe ist es, die Bewegungsfreiheit der Konzerne und ihre Zugriffsrechte zu erweitern. Die Rechte und Möglichkeiten der Nationalstaaten und Bürgerbewegungen sollen reduziert werden, den Handel um der Menschen und der Natur willen zu regulieren. Die WTO ist nicht streng auf den Handel mit Gütern beschränkt. Ihr Machtbereich erstreckt sich auch auf die sog. nicht-handelsbezogene Aktivitäten, wie Auslandsinvestitionen, Rechte am geistigen Eigentum und nationale Regulierungsmechanismen wie lokale Gesetze, Dienstleistungen und Lebensmittel- und Umweltstandards. Und: die WTO hat - im Unterschied zum GATT - einen der UNO vergleichbaren internationalen Status, mit Erzwingungsmacht: Wenn ein WTO-Schiedsspruch eine Regierung des Verstosses gegen einen WTO-Standard bezichtigt, können schwerwiegende wirtschaftliche- und Handelssanktionen verhängt werden. II. Das GATS (General Agreement on Trade with Services) 1. Zeitlicher Rahmen Das GATS (Das Allgemeine Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen) ist das erste juristisch durchsetzbare Abkommen für diesen Bereich, wurde in der "Uruguay-Runde" auf Druck der Industriestaaten verabschiedet und trat mit der WTO-Gründung am 1.1.1995 in Kraft. In dem Abkommen wurden die Mitgliedsstaaten verpflichtet, den Dienstleistungsbereich zu liberalisieren. Für die Bereiche Telekommunikation und Finanzdienstleistungen wurden 1997 Verträge geschlossen, die Märkte zu öffnen. Bereits 1995 wurde ein Fahrplan vereinbart, wonach spätestens nach 5 Jahren alle Regelungen überprüft werden sollten. Durch das Scheitern der WTO-Runde in Seattle im Dezember 1999 hat sich eine Verzögerung ergeben. Aber bereits im März 2001 wurde die erste Phase der Neuverhandlungen mit einer Bestandsaufnahme und der Annahme von Verhandlungsrichtlinien abgeschlossen. Bei der Ministerkonferenz in Doha im November 2001 wurde ebenfalls die neue Verhandlungsrunde beschlossen. In der nun folgenden Phase bis Ende Juni 2002 sollen alle WTO-Mitglieder ihre Marköffnungsforderungen ("requests") gegenüber anderen Staaten einreichen und bis Ende März 2003 schließlich müssen die Marköffnungs-Angebote ("offers") gegenüber Drittstaaten eingereicht werden. Der Abschluß der GATS-Verhandlungen soll mit dem anvisierten Ende der neuen Welthandelsrunde am 1.1.2005 zusammenfallen. 2. Bereiche und Prinzipien des GATS Dieses Abkommen umfasst grundsätzlich alle Dienstleistungen, von Versicherungen und Energieversorgung über Verkehr und Wasserversorgung bis hin zum Bildungs- und Gesundheitswesen. Folgende Untergliederungen wurden vorgenommen: 1. Unternehmerische und berufsbezogene Dienstleistungen Ferner unterscheidet das GATS (Artikel I) vier Erbringungsarten: 1. Grenzüberschreitende Dienstleistungen im engeren Sinne (eine Bedienungsanleitung wird per Post ins Ausland versandt oder ein Computerprogramm per e-mail. Solche Dienstleistungen sind mit dem Warenhandel vergleichbar und gewinnen zunehmend an Bedeutung. Damit wird der Dienstleistungsbegriff derart ausgedehnt, dass sogar Investitionsregeln darin integriert werden können. Die Prinzipien des GATS: Weltweite Liberalisierung und Abbau handels-behindernder Regulierungen sollen durch 3 Prinzipien erreicht werden: 1. Marktzugang: Sogenannte Handelshemmnisse - (wie z.B. Mengenbeschränkungen für Importgüter) sollen beseitigt und der einheimische Markt soll ausländischen Anbietern geöffnet werden Diese Prinzipien sind die gleichen, die bereits 1947 für den Handel mit Waren festgelegt wurden. Die Dienstleistung als Ware? Während der Warenhandel z.B. durch Zölle nach außen geschützt werden kann, sind die Dienstleistungen in weitaus stärkerem Maße durch innerstaatliche Gesetze und Verordnungen reguliert und Basis-Dienstleistungen ( Gesundheit, Bildung, Wasser pp) sind in z.B. in Europa häufig durch vorwiegend staatliche oder öffentlich-rechtliche Einrichtungen garantiert. Durch das GATS erfolgt ein direkter Eingriff in staatliche, regionale und kommunale Souveränität. Hinzu kommt, dass einer der wichtigsten Aspekte von Dienstleistungen unberücksichtigt bleibt: das Solidarprinzip. Dieses Prinzip sorgt für einen Ausgleich zwischen unterschiedlich rentablen Bereichen: z.B. werden teure Postzustellungen oder aufwändigere Stromversorgung auf dem Land durch kostengünstigere Versorgung in den Städten mitfinanziert oder die Kosten geringgenutzter Bahnstrecken durch stark frequentierte . Auch Chancengleichheit in der Bildung oder ein gleicher Anspruch für alle im Gesundheitswesen folgen diesem Prinzip, das auch bedeutet, dass die Bereiche der "Daseinsvorsorge" nicht der Profitmaximierung unterliegen sollen. Die sozialen Aspekte werden vom GATS ignoriert bzw. ausgehöhlt. Zwar sollen vom GATS solche Dienstleistungen ausgeschlossen werden, die "in Ausübung hoheitlicher Gewalt erbracht" werden (Art I) - aber welche sind das? Vor allem dürfen diese Dienstleistungen weder zu kommerziellen Zwecken, noch in Konkurrenz zu kommerziellen Anbietern erbracht werden. Damit sind alle Bereiche problematisch, die teilprivatisiert sind, in denen Privatisierung angestrebt wird oder in denen quasistaatliche oder private Anbieter öffentliche Aufgaben wahrnehmen. Art VI des GATS beauftragt den WTO-Rat Disziplinen zu entwickeln, die gewährleisten, dass nationale Qualifikationserfordernisse, technische Normen sowie Zulassungsverfahren nicht belastender sind als nötig, um die Qualität einer Dienstleistung sicherzustellen. Offen ist, ob zur Qualität auch die Umweltverträglichkeit, der Arbeits-, Verbraucher- und Gesundheitsschutz, sozial- oder strukturpolitische Ziele gezählt werden dürfen. Über eine unter dem GATS eingesetzte Arbeitsgruppe ("Working Party for Domestic Regulation") wird Druck ausgeübt: Schon im Entwurfstadium von Gesetzgebungsvorhaben soll in einen internationalen Beratungsprozess eingetreten werden über die Bestimmung der "Notwendigkeit" staatlicher Maßnahmen - sog. "necessity tests". 3. Interessenlage Der Druck auf das Vorantreiben von GATS kommt nicht von ungefähr: Der Dienstleistungssektor hat die höchsten Wachstumsraten und erwirtschaftet inzwischen 60% des globalen Bruttosozialproduktes (BSP) - mit beträchtlichen Differenzierungen. Bei Ländern mit niedrigem Einkommen sind es nur 38%, bei der Gruppe mit mittleren Einkommen 56% und bei den OECD-Ländern 65%. Andererseits machen Dienstleistungen bisher erst 20% des gesamten Welthandels aus - d.h. durch die Liberalisierung sollen Potentiale freigesetzt werden. Jährlich werden weltweit ca. 1 Bio $ für Wasserversorgung, ca. 2 Bio $ für die Gesundheitsversorgung, ca 3,5 Bio $ für Bildung ausgegeben. Die Umsätze auf den Gesundheitsmärkten der OECD-Länder wird auf jährlich 3 Bio$ geschätzt. Dabei sind die USA mit ihrem weitgehend privat organisierten Bildungs- und Gesundheitswesen besonders vorantreibend, da sie wegen großer Konzerne über Wettbewerbsvorteile verfügen. 4. Die Rolle der EU Die EU-Staaten führen nicht einzeln die Verhandlungen, sondern die EU-Kommission für alle. Auf deutscher Seite ist des Bundeswirtschaftsministerium federführend. Die Handelspolitik gehört in den Zuständigkeitsbereich der Europäischen Kommission. An der Außenvertretung in Bezug auf Handel, damit auch für Verhandlungen mit der WTO sind die nationalen Regierungen nur noch mittelbar beteiligt. Ausnahmen sind sog. "sensible Bereiche", in denen Handelsabkommen nicht nur durch den Ministerrat, sondern auch durch die Mitgliedstaaten ratifiziert werden müssen: Zu dieser "gemischten Kompetenz" gehören kulturelle und audiovisuelle Dienstleistungen, Bildung, Soziales und Gesundheit. Unklar ist auch, ob GATS als "horinzontales" Abkommen eingestuft werden könnte, denn trotz sektoraler Liberalisierungsverpflichtungen enthält es faktisch sektorenübergreifende - horizontale - Bestimmungen. Diese können im EU-Ministerrat nur einstimmig verabschiedet werden. Die EU wird gezwungen sein - wenn nicht ohnehin die Bereitschaft besteht - , Marktzugang für ausländische Anbieter zu ermöglichen, denn es gilt das Prinzip der Gegenseitigkeit. Handelskommissar Lamy: "Wenn wir unseren eigenen Zugang zu fremden Märkten verbessern wollen, dann können wir unsere geschützten Sektoren nicht aus dem Sonnenlicht heraushalten. Wir müssen offen sein, über alles zu verhandeln, wenn wir einen großen Wurf machen wollen" (zit. bei Peter Wahl aao). Ein besonderes Interesse zeigt sich aus Brüssel an der Privatisierung der Wasserversorgung, denn europäische Unternehmen wie Vivendi, Suez-Lyonnaise und Bouygues habe eine starke Wettbewerbsposition. In jetzt von attac veröffentlichten -vertraulichen- EU-Dokumenten werden die vorläufigen Wünsche der EU-Kommission nach Entfernung oder Anpassung von Gesetzen und Verordnungen, die den Handel mit Dienstleistungen in 29 WTO-Mitgliedsstaaten einschränken, aufgeführt - an USA, Japan, Kanada, Indien, Brasilien pp. Diese Dokumente zeigen, daß die EU die Absicht hat, alle WTO-Mitglieder zu bitten, z.B. den Wassersektor (Wassergewinnung, Gewässerreinhaltung, Wasserverteilung sowie Abwasserklärung und -aufbereitung) für den internationalen Wettbewerb zu öffnen und große Teile des Energiesektors, des Einzelhandels, des Tourismus und des Transportes zu liberalisieren. Daß diese Dokumente -vertraulich- behandelt und nicht von der EU-Kommission veröffentlicht wurden, zeigt daß eine demokratische Kontrolle und öffentliche Debatte unmöglich gemacht werden sollte. 5. Die allgemeinen Folgen von GATS Die Auslieferung öffentlicher Daseinsvorsorge an den Wettbewerb heißt Gewinnorientierung. Solidarsysteme werden zerstört, Qualitäts- und Umweltstandards gesenkt, Preise erhöht. Öffentliche Kontrolle wird unmöglich gemacht. Viele Frauen sind als ungelernte, schlecht bezahlte Arbeitskräfte im Dienstleistungssektor tätig. Jeglicher Schutz von Arbeitsbedingungen und Löhnen kann ausgehebelt werden. Die weitere Öffnung des Tourismus-Sektors hat speziell in südlichen Ländern zu einer Zunahme des Frauen- und Kinderhandels sowie zu mehr Prostitution geführt. Im Gegensatz zu den Industrieländern haben die meisten südlichen Länder nur einen schwach ausgeprägten Service-Sektor. Sie haben hier wenig "zu handeln", müssen aber ihre Märkte den großen Konzernen öffnen. Da passt die Definition des führenden Managers von Asea Brown Bovery, Percy Barnevik: "Globalisierung ist die Freiheit zu investieren, wo wir wollen, zu produzieren, was wir wollen, und zu kaufen und zu verkaufen, was wir wollen und dabei den geringstmöglichen Restriktionen unterworfen zu sein, was Arbeits- und Sozialgesetze betrifft." III. Das GATS und die Kommunen 1. Die Privatisierungswelle läuft in den Kommunen schon seit Jahren. Das GATS verstärkt diese Tendenzen und soll ihnen einen weltweit gültigen rechtlichen Rahmen geben. Die Privatisierung der Telekommunikation und Eingriffe in die kommunale Stromversorgung sind ebenso auf dem Weg wie die Privatisierung der Müllentsorgung mit überdimensionalen Müllverbrennungsanlagen. Im Öffentlichen Personen-Nahverkehr (ÖPNV) werden unter dem Druck einer in Diskussion befindlichen EU-Richtlinie Prozesse vorangetrieben: Z.B. durch Zusammenlegungen örtlicher/regionaler Verkehrsbetriebe und Privatisierungen von Teilbereichen und/oder Auslagerung privat betriebener Buslinien. Im Gesundheitswesen drängen große private Krankenhausketten auf den lukrativen Markt, die Wasserversorgung ist im Visier, dort winken Milliarden-Gewinne. Die Kommunen sind allzu bereit, dem Druck und den vordergründig günstigen Angeboten der Konzerne nachzugeben. Durch den Rückgang der Steuereinnahmen - Verringerung der Gewerbesteuer, Steuererleichterungen und Steuerflucht der großen Konzerne - sinken die Einnahmen ständig. Gleichzeitig erhöhen sich die Ausgaben, z.B. im Sozialbereich durch Langzeit-Arbeitslosigkeit. Das finanzielle "Ausbluten" der Gemeinden und Städte führt zum Griff nach dem Strohhalm: Verkauf des "Tafelsilbers", um kurzfristig Erleichterung zu bekommen. Manchmal ist dann auch Korruption im Spiel. Städtische Wohnungen werden an Investoren verkauft, die öffentliche Aufgabe, für sozial Schwache Wohnraum zu erträglichen Mieten zur Verfügung zu stellen, wird aufgegeben. In Köln und anderen Orten hat auch das sog. "Leasing"-Modell Furore gemacht: 4 Klärwerke und ein Teil des Kanalsystem wurden über eine Steueroase an einen "US-Investor" verleast und zurückgeleast - über J00 Jahre - dafür sollte Köln über 50 Mio DM bekommen als Steuervorteil durch den US-Staat. Die Eigentumsverhältnisse sind unklar, die Steuerersparnis jetzt fraglich, der "US-Investor" ist eine Briefkastenfirma auf den Cayman-Islands, die Deutsche Bank soll aber als Vermittler 20 Mio DM verdient haben. 2. Die Folgen der Privatisierung in der Kommune sind vielfältig: - öffentliches Gemeindeeigentum wird verkauft, dies ist ein Enteigungsprozeß von Gemeineigentum größten Stils Als Resümee ist festzuhalten, daß die Gemeinden existenziell betroffen sind, der Zusammenhalt in der Gemeinde, gemeinsame Gestaltung Planungen, Unterstützung durch ehrenamtliche Tätigkeiten auf lokaler Ebene sind gefährdet, wenn alles zur Ware wird. Nun wird immer wieder eingewandt, die kommunal betriebenen Dienstleistungen seien von schlechter Qualität. Da ist sicher etwas dran, wenn auch manchmal übertrieben wird. Die Versorgung von "verdienten" Parteimitgliedern mit Aufsichtsrats- und Vorstandsposten hat oft nicht deren Qualifizierung für die Aufgaben zur Voraussetzung. Und die schlechte Finanzausstattung der Gemeinden verhindert Investitionen. Aber mit Privatisierung ist das Problem nicht gelöst, auch wenn private Anbieter behaupten, sie würden effektiv und kundenorientiert arbeiten. Im Wettbewerb mag dies anfänglich so sein, aber wenn die Märkte aufgeteilt und neue private Oligopole herrschen, können sie über den Preis und die Qualität bestimmen. Viele von uns kennen sicher Beispiele, wo Unternehmen nach Übernahme eines Sektors Verschlechterungen gebracht haben. Hier ist die Müllentsorgung sicher ein Beispiel. 3. Der Widerstand hat begonnen In immer mehr Städten wächst die Unzufriedenheit mit dieser oben dargelegten Entwicklung. Mit Bürgerbegehren, die nach der Landesverfassung von NRW möglich sind, wird versucht, Privatisierung zumindest aufzuschieben (ein erfolgreiches Bürgerbegehren wirkt 2 Jahre). Z.B. hat ein Bürgerbegehren in Düsseldorf den vollständigen Verkauf der Stadtwerke zunächst verhindert. Gegen die skandalösen überdimensionierten Müllverbrennungsanlagen gibt es Protest. In NRW, auch von der Kölner CDU, werden Pläne laut, privatisierte Bereiche wieder in städtisches Eigentum zurückzuführen. Ob dies wirklich ein Lernprozess aufgrund von Korruptionsvorwürfen und öffentlichem Druck ist, wird sich erweisen. Gegen den Verkauf von etwa 40.000 städtischen Wohnungen haben über 60.000 Kölner Bürger durch ihre Unterschrift protestiert. Das damit eingeleitete Bürgerbegehren wurde von der Rats-Mehrheit als "unzulässig" eingestuft. Der Verkaufsprozess wurde eingeleitet. Der Protest geht weiter. In manchen Krankenhäusern wird mit Unterstützung von ver.di gegen Privatisierungen Stellung bezogen. Auch im ÖPNV gibt Proteste, wenn z.B. durch Auslagerung von Bus-Linien an private Unternehmen Löhne gesenkt und Arbeitsbedingungen verschlechtert. werden. Die Proteste auf lokaler Ebene sind äußerst wichtig (global denken - lokal handeln) und müssen massiv verstärkt werden. Gleichzeitig ist eine Reform der Gemeinde-Finanzen notwendig, damit diese die Grundbedürfnisse ihrer BürgerInnen als öffentliche Aufgabe zu akzeptablen Bedingungen garantieren können. Zum Schluß: Wegen der Eingriffe in das Kommunal-Verfassungsrecht ist Wilhelm Neurohr der Auffassung, daß über das im GG verankerte Widerstandsrecht nachgedacht werden muß. benutzte Quellen: -
www.attac-netzwerk.de/wto/gats
- viele Materialien der WTO-AG siehe
auch: Aufruf zur Unterschriftensamlung in ganz
Österreich
UG 2002: Nicht in unserem
Namen!"
Hochschulreform ja, aber in die umgekehrte Richtung, Warum
das UG 2002 den Aufgaben von Hochschule und Wissenschaft in
heutiger Zeit gerade nicht gercht wird - Innsbrucker
Protestkomitee gegen UG02 unter Verwendung eines Beitrages
von Univ.-Prof. Dr. Claudia von Werlhof, Innsbruck (Nov.
2002) [pdf.version]
http://emanzipationhumanum.de/deutsch/gats01.html |